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Kommunen hoffen auf den Bundesrat

Kommunen und Krankenhäuser versuchen auf den letzten Metern, die Krankenhausreform in ihrer jetzigen Form abzuwenden. Dazu müsste der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen, anstatt dem Gesetz zuzustimmen

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Der Bundesrat entscheidet im nächsten Plenum am Freitag, 22. November (nach Redaktionsschluss) ob er zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz den Vermittlungsausschuss anruft oder das Gesetz billigt. Ziel der Krankenhausreform ist es, Leistungen in spezialisierten Kliniken zu konzentrieren, was nach Angaben der Bundesregierung die Qualität der Behandlungen steigern soll. Zudem sollen ambulante und stationäre Sektoren enger verzahnt werden.

Kritik gibt es vor allem an der zukünftig vorgesehenen Form der Finanzierung für Kliniken: Statt Fallpauschalen soll es eine Vorhaltevergütung geben - die sich zu einem nicht unerheblichen Teil aber immer noch nach Behandlungszahlen richtet. Die versprochene „Entökonomisierung“ werde damit nach der Einschätzung von Experten nicht erreicht (wir berichteten).

Was kann der Vermittlungsausschuss tun?

Der Niedersächsische Landkreistag (NLT), der Städte- und Gemeindebund und die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) haben in einem offenen Brief Ministerpräsident Stephan Weil aufgefordert, sich im Bundesrat für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses einzusetzen, um die geplante Krankenhausreform grundlegend zu überarbeiten.

Beide Kammern des Parlaments - Bundestag und Bundesrat - können mit einer einfachen Mehrheit beschließen, den Vermittlungssauschuss in ein Gesetzgebungsverfahren einzuschalten, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt. Das Gremium mit jeweils 16 Vertreter:innen des Bundestages und des Bundesrates kommt dann zusammen und berät auf der Grundlage des bestehenden Gesetzesentwurfs über mögliche, zustimmungsfähige Kompromisse. Einen komplett neuen Entwurf kann der Ausschuss allerdings nicht vorlegen. Über den Kompromissvorschlag müssten beide Kammern dann erneut abstimmen.

Weil kritisierte die Reform bereits im Sommer

„Die Krankenhäuser und die Kommunen in Niedersachsen erfüllt es mit äußerster Sorge, dass die Bundesregierung in wesentlichen Punkten weiterhin keine Bereitschaft erkennen lässt, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz inhaltlich nachzubessern“, heißt es in dem Schreiben.

Ein Dorn im Auge ist den Unterzeichnern insbesondere, dass für die finanziellen Defizite, die während der Pandemie entstanden sind, kein Ausgleich vorgesehen ist. Die Kommunen befürchten, auf den (inflationsbedingt) stark gestiegenen Betriebskosten ihrer Kliniken sitzen zu bleiben - diese auszugleichen, sei bei der aktuellen Haushaltslage für die meisten Verwaltungen ein Ding der Unmöglichkeit.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gehört selbst zu den Kritikern der Reformpläne seines Parteigenossen Karl Lauterbach. Bereits im Juli forderte Weil im Bundesrat umfassende Nachbesserungen an dem Gesetz. Diese seien bislang nicht erfüllt worden, meinen die Unterzeichner des Offenen Briefs. Die Reform bleibe ein „Blindflug“, schreiben die Akteure aus Niedersachsen. „Anstatt der vom Bund zugesagten Auswirkungsanalyse existieren zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur rudimentäre Planungstools, die keine konkrete und zuverlässige Folgenabschätzung des Gesetzes ermöglichen.“

Kritik an der Reform: „Praxisuntauglich“

Rainer Rempe, Vorstandsvorsitzender der NKG, bezeichnete die Reform als „praxisuntauglich“ und kritisierte, dass die Interessen der Länder, Krankenhäuser und Kommunen unzureichend berücksichtigt worden seien. Dr. Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, forderte eine klare Regelung der Finanzierungsfragen, um einen strukturierten Wandel der Krankenhauslandschaft zu ermöglichen.

Schließungen von Krankenhäusern nimmt die Bundesregierung nicht bloß billigend in Kauf - sie sind erklärtes Ziel der Reform. Kommunen, die das ihren Bürger:innen erklären müssen, sind von dieser Idee natürlich nicht begeistert. Ohne einen Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023 – etwa durch eine Erhöhung der Krankenhausvergütungen um 4 Prozent – sei eine ausreichende Finanzierung des laufenden Betriebs nicht gewährleistet, warnen die Unterzeichner des Offenen Briefs. Außerdem fehle eine Überbrückungsfinanzierung bis zum Wirksamwerden der Reform - eine Forderung, die auch der Niedersächsische Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) formulierte.

„Verfassungsrechtlich und politisch inakzeptabel“

„Ohne eine verbindliche Zusicherung der Erhöhung des Landesbasisfallwerts sowie eine rechtssicher ausgestaltete Finanzierung sehen wir keine Grundlage für die Umsetzung der Reform“, heißt es im Schreiben weiter.

Die Einführung der Vorhaltefinanzierung schaffe neue Fehlanreize und könne letztlich zu Einschränkungen für Patientinnen und Patienten führen.

Der Landkreistag betont, dass die Gemeinden nicht dauerhaft für die finanziellen Defizite der Krankenhäuser aufkommen könnten, ohne die kommunale Selbstverwaltung zu gefährden. Der Präsident des NLT und Landrat des Landkreises Rotenburg (Wümme), Marco Prietz, spricht von einem „verfassungsrechtlich und politisch inakzeptablen“ Vorgehen des Bundes. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Lasten auf Länder und Kommunen abgewälzt würden. „Der Bund spekuliert darauf, dass Kommunen und Länder in ihrer Betroffenheit für die Menschen vor Ort helfend einschreiten werden“, so Prietz weiter. Er erwarte außerdem vom Land Niedersachsen, dass es „sich wenigstens zur Hälfte an den entstandenen Lasten beteiligt.“

Vermittlungsausschuss ist die letzte Chance

Die Unterzeichner sehen in der Anrufung des Vermittlungsausschusses das einzige verbleibende Mittel, um die Reform zu verbessern. „Wir können uns ein Scheitern der Krankenhausreform nicht leisten“, heißt es abschließend in dem Brief. Der Transformationsfonds, der den Umbau der Krankenhauslandschaft finanzieren soll, müsse rechtssicher ausgestaltet werden, und die versprochene Bürokratieentlastung dürfe nicht zu neuen bürokratischen Hürden führen.

Bis zum Redaktionsschluss stand die Entscheidung des Bundesrates noch nicht fest. Auf unserem Verlagsportal www.anzeiger-verlag.de finden Sie ab Samstag eine aktualisierte Fassung des Artikels.


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