Platt im Herzen tragen - Fünf Lehrerinnen erhielten Schmidt-Barrien-Preis
von Ulla Ingenhoven
St. Jürgen. Der diesjährige Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis ging an fünf „Schoolmestersche“. Sie heißen Heike Brüning, Heike Hiestermann, Nele Ohlsen, Andrea Schwarz und Henrike Stindt. In einem feierlichen Rahmen in der bis auf den letzten Platz besetzten St.-Georg-Kirche in St. Jürgen erhielten die fünf Grundschullehrerinnen die Schmidt-Barrien-Büste. Durch das zweistündige Programm führte auf humorvolle Weise Walter Henschen.
Der Moderator führte Small Talk mit einigen Anwesenden, so mit Kurt Klepsch, dem stellvertretenden Bürgermeister in Lilienthal, und Hannes Rehder-Plümpe, dem ersten Vorsitzenden des Freundeskreises „Dat Huus op‘n Bulten“, der den Preis seit 2000 alljährlich verleiht. „Dat hebbt wi fien hinkriegt“, meinte Johannes Rehder-Plümpe in Bezug auf die Preisträgerinnen, die man schon länger im Visier gehabt habe.
Platt ist Herzenssache
Zur musikalischen Unterhaltung trug das A-Capella-Doppelquartett „Ton in Ton“ mit den plattdeutschen Versionen von „The Lions sleep tonight“ und „Hello, Mary Lou“ bei. Grußworte sprachen die beiden Vorjahressieger Hartmut Cyriacks und Peter Nissen, bevor Anne Brodersen die Laudatio hielt. Die junge Frau ist Autorin einer plattdeutschen Bachelorarbeit an der Uni Flensburg. Sie freute sich über die vielen Besucher. „Sie alle tragen ein bisschen Platt im Herzen.“ Sie sagte, Platt gehöre in unsere Schulen, und man müsse es an Unis studieren können. Die fünf Lehrerinnen bewundere sie für deren Engagement. „Sie haben sich stark gemacht für die plattdeutsche Sprache.“
Zu den Gratulanten gehörte auch die Landesschulbehörde, die in einem Schreiben herzlich Glück wünschte. Martina Westerkamp ließ ausrichten, es sei eine Ehre, sich in die Liste der renommierten Preisträger einreihen zu dürfen. Die Jury habe eine gute Wahl getroffen.
Die Schoolmesterschen bedankten sich herzlich für die Auszeichnung, aber auch bei allen, die ihnen Platt beigebracht hätten, bei ihren Familien, bei den Gemeinden. Sie unterrichten Plattdeutsch seit vielen Jahren in unterschiedlichen Fächern und beteiligen sich mit Schülern an Lesewettbewerben und Schultheatertagen. Außerdem wurden sie im Auftrag der Landesschulbehörde Beraterinnen für die Region und ihre Sprache.
Die Preisträgerinnen
Nele Ohlsen kommt aus Loxstedt und unterrichtet an der Kirsten-Boie-Grundschule in Wallhöfen. Sie sei mit Plattdeutsch aufgewachsen, habe auch Theater gespielt. Sie habe die Sprache immer im Ohr gehabt, später verschiedene Fortbildungen besucht. Heute sei Plattdüütsch an ihrer Schule Unterrichtsfach. Die Kinder hätten Feuer gefangen …
Henrike Stindt aus Lamstedt gibt in der Grundschule Selsingen Unterricht. Sie sagte, bei ihr zu Hause in Müden an der Örtze hätten die Alten Platt geschnackt. Sie dachte immer, das sei die Sprache von alten Leuten gewesen, sie selbst hatte damit lange Zeit nichts am Hut. Dann bekam sie eine Stelle als Lehrerin angeboten, sie solle Mathe in Platt unterrichten. Das habe zwar nicht in der Ausschreibung gestanden, aber sie lernte fleißig. Und, die Leute hätten sie verstanden! „Ick kann seggen, Platt hett mien Leven rieker maakt“, sagte sie.
Über Werner-Comics und Flens ist Andrea Schwarz aus Dinkelsbühl zum Plattdeutschen gekommen. Heute wohnt sie in Worphausen und ist Lehrerin in der Grundschule Falkenberg. Wichtig für sie war ihre Nachbarin „Tante Berta“, mit der sie immer Platt snackt hett. Sie habe Fortbildungen gemacht und sei Staatlich geprüfte Plattschnackersche. In ihrer Schule habe sie eine AG für die Dritt- und Viertklässler übernommen, und es gebe eine plattdeutsche Theatergruppe. Das mache sie alles bannig gern und freue sich, Platt an die Kinder weitergeben zu können.
Heike Hiestermann aus Fischerhude lehrt an der KGS Tarmstedt und hat ein „bisschen Glut für Plattdeutsch ins Nest gelegt bekommen“. Als sie flügge wurde und aus ihrem Nest in der Lüneburger Heide nach Braunschweig, Frankfurt und dann nach Bremen tingelte, schien die Glut erloschen. Erst als sie nach Fischerhude zog, sei die Glut dank ihrer Nachbarin Renate in Gang gekommen und dann langsam ein Feuer daraus geworden. Sie habe viel Dusel gehabt, sagte sie, denn als Lehrerin konnte sie in der Schule alles op Platt unterrichten, was sie wollte.
Heike Brüning, die in Moorende wohnt und an der Grundschule Kuhstedt unterrichtet, hat mit zehn Jahren zum ersten Mal beim plattdeutschen Wettlesen mitgemacht, den dritten Platz erreicht und mit den Erstplatzierten bei Radio Bremen vorlesen dürfen. In der zwölften Klasse habe sie sich von dem Preisgeld die ganze Bücherreihe von Heinrich Schmidt-Barrien gekauft - und gelesen. Ihre beiden Examensarbeiten habe sie auf Plattdeutsch geschrieben. Das Besondere bei ihrer ersten Arbeit sei gewesen, dass sie über ein Buch von Schmidt-Barrien geschrieben habe und dazu auch eine empirische Untersuchung gemacht habe. Nach der Erziehung ihrer Kinder sei sie wieder in die Schuldienst eingetreten und gibt plattdeutschen Unterricht. Schon ihr Vater habe vor elf Jahren den Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis bekommen. Sie sei stolz, dass nun auch ihr in der zweiten Generation diese Ehre zukomme.