

Osterholz-Scharmbeck. Anfang des Jahres beendete Jonas Scholz sein Vikariat in Fischerhude. Nun zieht es den Theologen nach Osterholz-Scharmbeck, wo Regionalbischof Hans Christian Brandy den 29-Jährigen jüngst zum Pastor ordinierte.
Als neuer Geistlicher im Landkreis macht der einstige Vikar das fünfköpfige Team der Gesamtkirchengemeinde an der Hamme komplett. Geboren in Hamburg, zog es Scholz und seine Familie nach Lübeck, bis sie 2004 in Bremen eine Heimat fanden. Nach seinem Abitur studierte der junge Pfarrer fünf Semester Theologie in Heidelberg, machte seinen Abschluss in der niedersächsischen Universitätsstadt Göttingen. Im Anschluss ging es für ihn in die Fischerhuder Liebfrauen-Kirchengemeinde, wo seine Zeit als Vikar nun endet. Reichlich Erfahrung sammelte Scholz dort bei der Gottesdienst-Gestaltung, in der Konfirmandenarbeit, beim Durchführen von Taufen, Beisetzungen, Hochzeiten und im Kirchenvorstand. Auf das Ende seiner Arbeit blickt er wehmütig, fühlt sich in Osterholz aber schon jetzt gut aufgehoben.
Neuanfang mit Nähe zur Mühle
In Mühlennähe hat der 29-Jährige eine Drei-Zimmer-Wohnung bezogen, wo er sich nun der Osterholzer Gemeindearbeit widmen wird. Schon im Jugendalter gehörte die Kirche selbstverständlich zum Leben des jungen Pfarrers dazu. Nicht nur Konfirmandenunterricht und wöchentliche Gottesdienste, sondern auch Konzerte hatten dort stattgefunden, die Scholz damals mit seinen Eltern besuchte. „Auf dem Gymnasium war ich jedoch einer der wenigen, den der christliche Glaube auch persönlich mehr anzugehen schien“, erinnert er sich. Schlüsselmoment auf Scholz‘ Glaubensweg sei ein Besuch seiner Tante gewesen, die mit ihm über Spiritualität sprach und ein Berufscoaching veranstaltete.
Glaube im Dialog mit Zeitgeschichte
Für seine Zeit in Osterholz bringt Pastor Jonas einen spannenden Blickwinkel mit, in dem politische Entwicklungen der Zeitgeschichte auf moderne Popkultur treffen. „Ich sehe es als besondere Herausforderung meiner Generation mit einer nie dagewesenen Fülle an Informationen verantwortungsvoll und sensibel umzugehen“, betont der Geistliche. Der Mensch als zutiefst empfindsames Beziehungswesen verspüre immer wieder den Wunsch nach persönlichem Kontakt zu einem Gegenüber – die Suche nach einem Platz, den Gott füllen könne.
Schwerpunkt Seelsorge
In seiner Kirchenfunktion will sich der junge Pastor dem widmen, wo er von Menschen gebraucht wird. Seine tägliche Arbeit werde von den Bedürfnissen der Gemeinde mitbestimmt. „In meiner vorigen Gemeinde lag der Schwerpunkt auf Seelsorge und Predigen, was ich als sinnstiftend empfand“, so Jonas Scholz. In Zukunft erwarte er hingegen, dass auch ein größerer Managementanteil auf ihn zukomme. Am Herzen liegt dem Pastor, dass Menschen sich in ihrem Menschsein mitteilen können. „Ich möchte sie ernstnehmen, so wie sie sind, mit den Standpunkten, die sie vertreten, mit dem Gepäck, das sie tragen“, erklärt der ordinierte Pfarrer. Scholz ist es wichtig, in unserer heutigen Gesellschaft das Gemeinsame zu finden, was versöhnlich und bestärkend wirken kann.
Offen für Dialoge – auch jenseits kirchlicher Kreise
Auf keinen Fall will sich der 29-Jährige in einer Blase verstecken. Vielmehr betrachte er es als reizvoll mit Menschen zu sprechen, die nicht seiner Meinung sind und Leuten die Hand zu reichen, die mit Glaube und Religion nichts – oder nur auf den ersten Blick vielleicht nichts – anfangen können. Als junger Pastor in einer Jahrhunderte alten Institution richte er den Blick stets auf die Gegenwart. „Wir müssen Schritt für Schritt vorankommen und uns die Zeit zugestehen, aus der Vergangenheit zu lernen“, findet Scholz. Ohne den Einfluss von Sachzwängen müsse man sich auf das Wesentliche konzentrieren und die evangelische Botschaft der Befreiung als Hinweis für den Ausbruch aus hemmenden Mustern verstehen.
Emotionen vor Gott – auch Wut und Verzweiflung
„Bei mir regt sich überall da Skepsis, wo Organisatorisches dem heilsamen Wort Gottes, um das es in der christlichen Gemeinschaft geht, im Wege steht“, mahnt der ehemalige Fischerhuder Vikar. Die junge Generation plane er durch offene Gespräche abzuholen, in denen schöne Empfindungen ebenso wie passive Empfindungen Platz finden. „Erfahrungen, die man passiv erduldet, die einen nicht mit Dankbarkeit, sondern mit Wut, Verzweiflung und Unverständnis erfüllen – auch mit solchen Gefühlen sind wir gemeinsam vor Gott, an den wir sie klagend oder fluchend adressieren können, der aber auch in Jesus Christus mit uns leidet“, sagt Pastor Scholz.
Christliche Werte in Zeiten der Krise
Politischen Fragen geht der junge Pfarrer nicht aus dem Weg. „Will ich die Lebenssituation der Menschen aufgreifen und ernstnehmen, dann mitsamt allen Themen, die sie und mich beschäftigen“, findet der Geistliche. Menschen der Gemeinde wolle er zeigen, dass sie einer Gemeinschaft angehören, in der man fair, abgewogen und durchaus politisch diskutieren kann. Nächsten und ihren Meinungen plane er, soweit es gehe, vorurteilsfrei und unvoreingenommen gegenüberzutreten.
„Besinnung auf Werte wird unausweichlich sein“
Christliche Werte wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit spielen für Scholz eine tragende Rolle. „Die Besinnung auf ideelle Werte, die unter anderem Zusammenhalt und Solidarität stärken, wird in der ein oder anderen Form unausweichlich sein, wenn die materiellen Verhältnisse der Erde immer weiter überschritten werden“, so der Osterholzer Pfarrer. Der Glaube wecke Dankbarkeit für den gelebten Augenblick und bedeute, in Zeiten der Krise und Angst begleitet zu werden, sagt er. Zum Abschluss sendet Jonas Scholz ein Bibelwort an die Gemeinde, das den 29-jährigen Pastor schon lange begleitet: „Jetzt sehen wir durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. 1. Kor 13,12“