

Am 8. März ist wieder Frauenkampftag. Wird er als „Weltfrauentag“ bezeichnet, darf frau sich auf einige Goodwill-Bekundungen und – wenn es ganz klischeehaft läuft – auf Blumen einstellen. Wo nicht von „Frauen“, sondern vom „feministischen Kampftag“ die Rede ist, stellt sich die Frage, um wen es dann eigentlich geht. In linken, aktivistischen Kreisen steht am 8. März die FLINTA* im Zentrum: Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nichtbinäre, Trans- und Agender-Personen.
Zum zweiten Mal in Folge werden auch antiisraelische Gruppen den Frauenkampftag für ihre Zwecke beanspruchen und dabei auf die vermeintliche israelische Besatzung in Gaza verweisen – während jüdische Frauen für sie keine Rolle spielen und die Misogynie in arabischen Gesellschaften ausgeblendet wird. Worum geht es am 8. März also noch? Und worum sollte es gehen?
Ursprünge und Errungenschaften
Eingeführt von Sozialistinnen, war der Frauenkampftag ursprünglich dem Kampf um Bürgerrechte für Frauen gewidmet, etwa dem Wahlrecht. In der westlichen Welt sind viele Forderungen der frühen Frauenbewegung inzwischen formal erfüllt. Die Lebensrealität von Frauen ist heute unbestreitbar besser als zur Zeit des ersten Frauentages vor über hundert Jahren. Doch vieles bleibt im Argen: (Sexuelle) Gewalt gegen Frauen, Femizide, ein antifeministischer Backlash. Vor allem auf gesellschaftlicher, nicht juristischer Ebene, besteht Misogynie als systematische Abwertung und Hass auf Frauen fort.
Patriarchat – ein überholter Begriff?
In Aufrufen zu feministischen Demonstrationen ist auch in diesem Jahr vom Kampf gegen das Patriarchat zu lesen – eine Formulierung, die manchen als anachronistisch erscheinen mag. Europa ist mit Ländern wie Afghanistan oder Iran nicht vergleichbar, wo Frauen unter direkter Herrschaft von Männern stehen.
Doch die Abwesenheit einer offenen Geschlechterapartheid bedeutet nicht, dass keine hierarchische Geschlechterordnung existiert. Männer sind Frauen weiterhin übergeordnet – nicht mehr durch Gesetze, sondern durch soziale Strukturen, frauenspezifische Leiden und Ignoranz gegenüber weiblichen Bedürfnissen.
Ein Beispiel ist die Rechtsprechung: Vergewaltiger werden selten belangt. Wie der Kriminologe Christian Pfeiffer in einer Publikation von 2019 feststellte, kommen auf 100 vergewaltigte Frauen eine Verurteilung eines Vergewaltigers. Während direkte Herrschaftsverhältnisse wie in Afghanistan existieren, sind sie in westlichen Gesellschaften subtiler geworden. Sie zeigen sich in Form indirekter Kontrolle: in gesellschaftlichen Normen, die Frauen einschränken, und in einer latenten Drohung von Gewalt, die Frauen omnipräsent begleitet.
Die Drohung als Herrschaftsmittel
Jede Frau kennt andere Frauen, die Gewalt durch Männer erfahren haben – schlicht, weil sie Frauen sind. Diese Tatsache allein beeinflusst ihr Verhalten, ihre Entscheidungen, ihre Freiheit. Selbst wenn sie niemals selbst betroffen sein sollte, lebt sie mit der Möglichkeit, dass es passieren könnte. Diese Drohung ist ein zentraler Bestandteil weiblicher Lebenserfahrung und unterscheidet sich fundamental von der männlichen Realität.
Wofür es den Frauenkampftag braucht
Den Frauenkampftag braucht es, weil das Frau-Sein immer noch ein spezifisches Leid innerhalb fortdauernder misogyner Verhältnisse bedeutet. Es braucht keinen „Weltfrauentag“, an dem artig für unbezahlte oder schlecht bezahlte Sorgearbeit gedankt wird. Es braucht keinen „feministischen Kampftag“, der weibliche Leidenserfahrungen mit denen anderer marginalisierter Gruppen vermischt und so an Schärfe verliert. Und erst recht braucht es keine antisemitische Instrumentalisierung dieses Tages durch Gruppen, der sich nicht für die Belange von Frauen interessiert.
Der Frauenkampftag ist für Frauen - überall auf der Welt. Vieles wurde besser. Gut ist es immer noch nicht.