Starken Sozialstaat wählen
Niedersachsen. Soziale Gerechtigkeit und ein starker Sozialstaat müssten zentrale Themen der kommenden Bundesregierung werden. So wünscht es sich zumindest der Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen.
In einer Zeit wachsender Ungleichheiten, steigender Armut und gesellschaftlicher Spaltung betont Landesvorsitzender Friedrich Stubbe die Dringlichkeit umfassender Reformen. „Ein starker Sozialstaat muss klares Wahlziel sein“, so Stubbe.
Um seinem Appell Ausdruck zu verleihen hat der Verband die bundesweite Kampagne #JASOZIAL lanciert, die vier Kernforderungen aufstellt, die auch für Niedersachsen und Bremen von großer Bedeutung sind.
Sichere Rente für alle
Viele Menschen arbeiten in Niedersachsen und Bremen über die Regelaltersgrenze hinaus, weil ihre Rente nicht zum Leben reicht. Der VdK fordert ein Rentenniveau von 53 Prozent, um Altersarmut effektiv zu verhindern. Zur Finanzierung sollen alle Erwerbstätigen - einschließlich Beamter, Selbstständiger und Politiker - in die Rentenkasse einzahlen.
In Niedersachsen, wo über 20 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre sind, ist die Zahl der Senioren in den letzten zehn Jahren um 12 Prozent gestiegen ist.
Kampf gegen Armut in allen Altersgruppen
In Niedersachsen, wo die Armutsquote von 14,8 auf 21,8 Prozent gestiegen ist, sind die Löhne in vielen Regionen niedrig, was die Wohnkosten für viele unbezahlbar mache. Bremen steht mit einer Armutsquote von 29,3 Prozent noch schlechter da. Besonders alarmierend sei: Fast 40 Prozent der Kinder in Bremen sind armutsgefährdet, in Niedersachsen ist es jeder Fünfte. Auch Senioren seien zunehmend betroffen, insbesondere Frauen, die oft unter niedrigen Renten litten.
Der VdK fordert eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro sowie die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen. Besonders Frauen sollen durch Lohngleichheit, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine geschlechtergerechte Verteilung der Sorgearbeit entlastet werden. Zudem fordert der Verband eine Kindergrundsicherung, um die Jüngsten besser zu schützen.
solidarische Kranken- und Pflegeversicherung
In Niedersachsen fehlen bereits 550 Hausärzte, und auf Facharzttermine warten Patienten oft monatelang. Die Eigenanteile für die Pflege im Heim sind mit 2189 Euro in Niedersachsen und 2427 Euro in Bremen enorm belastend. Rund 30.000 Menschen in Niedersachsen benötigen deshalb Unterstützung zur Pflege. Gleichzeitig werden die meisten Pflegebedürftigen zuhause versorgt, was die Belastung der Angehörigen erhöht. Ein Pflegelohn würde hier dringend benötigte Entlastung schaffen.
Um Beitragszahler zu entlasten, fordert der VdK eine solidarische Kranken- und Pflegeversicherung, in die alle Bürger einzahlen. Angesichts des demografischen Wandels seien zudem umfassende Pflegereformen notwendig, einschließlich eines Lohns für pflegende Angehörige.
Teilhabe von Menschen mit Behinderung
In Niedersachsen leben über 720.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung, in Bremen sind es rund 97.000. Doch ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt bleibt gering: Viele Betriebe zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, anstatt diese Menschen einzustellen.
Mehr als 14.200 Menschen mit Schwerbehinderung in Niedersachsen und knapp 3000 in Bremen sind arbeitslos. „Es ist Zeit, umzudenken und das Potenzial dieser Menschen zu nutzen“, fordert Stubbe. Das heißt : Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen. Zehn Prozent der Bevölkerung sind auf eine barrierefreie Umgebung angewiesen - eine Veränderung, die allen zugutekomme.
Wie der Sozialstaat finanzierbar ist
Finanzierungsmöglichkeiten für den starken Sozialstaat sieht der VdK in einer stärkeren Besteuerung von Superreichen und großen Vermögen. Eine verfassungsgemäße Vermögenssteuer mit hohen Freibeträgen, eine internationale Mindestbesteuerung für Unternehmen und eine Finanztransaktionssteuer könnten erhebliche Einnahmen generieren, ohne die breite Bevölkerung zusätzlich zu belasten.