Mobilitätsreform fürs Klima

Ralf G. Poppe 1023
Bremervörde. Alte Bahnlinien für den Personenverkehr wieder zu aktivieren, kann ein wichtiger Schlüssel zur klimafreundlichen Mobilität werden. Der Förderverein Moorexpress hat Wege aufgezeigt, wie Pläne zur Reaktivierung umsetzbar sind.
Alle Kommunen entlang der Moorexpress-Strecke haben sich für eine Reaktivierung ausgesprochen. Derzeit fährt die Bahn nur in der Sommersaison an Wochenenden und Feiertagen von Bremen nach Stade.

Alle Kommunen entlang der Moorexpress-Strecke haben sich für eine Reaktivierung ausgesprochen. Derzeit fährt die Bahn nur in der Sommersaison an Wochenenden und Feiertagen von Bremen nach Stade.

Bremervörde. Alte Bahnlinien für den Personenverkehr wieder zu aktivieren, kann ein wichtiger Schlüssel zur klimafreundlichen Mobilität werden. Der Förderverein Moorexpress hat Wege aufgezeigt, wie Pläne zur Reaktivierung umsetzbar sind.
Kürzlich organisierten Förderverein und Arbeitsgemeinschaft Moorexpress im Hotel Daub eine Tagung zum aktuellen Stand bezüglich einer Reaktivierung des Moorexpresses. Über 70 Anmeldungen zeugen von einem regen Interesse an dem Thema.
Ende September hatte die Gemeinde Gnarrenburg eine entsprechende Resolution verabschiedet. Damit haben sich nun alle Kommunen bzw. Landkreise entlang der Strecke von Stade nach Bremervörde für das Vorhaben der Reaktivierung ausgesprochen.
 
90 Kilometer Moorexpress-Strecke
 
Man sei in Zeiten der Pandemie keineswegs untätig gewesen, sagte Moderator Burckhard Rehage und berichtete von vielen Hintergrundgesprächen mit wichtigen Entscheidungsträgern. Daher sei er optimistischer als in den 20 Jahren zuvor und sehe beste Chancen für eine Reaktivierung im Bereich Bremervörde-Stade.
Gerd Will (ehemals verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag) plädierte angesichts einer Moorexpress-Streckenlänge von ungefähr 90 Kilometern für eine Reaktivierung in Teilabschnitten und verdeutlichte die Möglichkeiten in Niedersachsen am Beispiel von Bad Bentheim.
Dort würden wieder ans Netz gegangene Zugverbindungen gut frequentiert werden. Besonders Schüler:innen würden das dortige Angebot nutzen und rund 70 Prozent der Fahrgäste ausmachen. Mit ansteigender Tendenz würde rund um Bad Bentheim das Angebot allerdings zudem von Arbeitnehmer:innen sowie als Anbindungsmöglichkeit an das Krankenhaus in Nordhorn genutzt.
Mobilität müsse demzufolge nicht mehr zwangsläufig mit einem Pkw verbunden werden. Mit Internet ausgestattete Züge würden besonders von der jüngeren Generation gern genutzt.
 
Der Nutzen für die Region
 
Auch Dr. Wolfgang Konukiewitz vom Nahverkehrsbündnis Niedersachsen hofft auf eine schnelle Reaktivierung des Moorexpresses. Die Institution sammelt seit geraumer Zeit bereits Bewertungskriterien für Bahnstrecken in ländlichen Räumen, die nicht in der standardisierten Bewertung berücksichtigt sind. Das sei der Wechsel von einer engeren Betrachtung der Wirtschaftlichkeit, die taktisch ausgerichtet wäre, hin zu einer strategischen Sicht, die den Nutzen einer Bahnstrecke für die Zukunft einer Region in Betracht zieht.
Die Aktivisten sind sich einig, dass der Kriterienkatalog bezüglich der Verkehrswegeinvestitionen entscheidend für die Erfolgsaussichten sein werden.
Ralf Handelsmann, zum Zeitpunkt der Tagung im Oktober noch Samtgemeindebürgermeister in Fredenbeck, konstatierte, dass der bisherige standardisierte Bewertungsbogen im Kern betriebs- und nicht volkswirtschaftlich sei. Daraus würde sich ein enormer Nachteil für den dünner besiedelten ländlichen Raum ergeben.
 
Mobilitätsreform für Klimaziele
 
Bereits im Juni des Jahres hatten sich Uwe Baumert (stv. NABU-Landesvorsitzender und Referent für Erneuerbare Energien), Jochen Hake (Bündnis 90 / Die Grünen), Katja Poppe (parteilos), Volker Harling (seinerzeit Landrats-Kandidat), Burckhard Rehage (u.a. Vorsitzender Heinrich-Vogeler-Gesellschaft Verein Barkenhoff Worpswede e.V.), Elke Weh (1. Vorsitzende des Fördervereins Moorexpress), Björn Protze (seinerzeit Landrats-Kandidat für den Landkreis Stade) sowie Kersten Schröder-Doms (Stadtbaurat a.D. / Mitglied im Stader Kreistag) in Bremervörde getroffen, um Nachfrageschätzungen sowie Betriebskonzepte für den Moorexpress zu diskutieren und Möglichkeiten zu erarbeiten, um stillgelegte Streckenabschnitte durch ihre Regionen neu zu beleben.
„Das ist das Bohren dicker Bretter, aber es lohnt. Das Klima und unsere Kinder und Enkel werden es uns danken“, bemerkte Kersten Schröder-Doms, während Uwe Baumert forderte: „Für die Zukunft unserer Region, für Mensch und Natur, müssen wir vor Ort aktiv sein und Wege zur Nutzung der Schiene aufzeigen und beschreiten. Andere tun es nicht für uns. Der Moorexpress als Vorbild für unsere weiteren Strecken ist meine Herzensangelegenheit.“
Burckhard Rehage brachte die Fakten auf den Punkt: „Will unser Land die angestrebten Klimaziele erreichen, ist eine Mobilitätsreform - auch im ländlichen Raum - zwingend. Der Ausbau der Eisenbahn wird dazu eine wichtige Rolle spielen. Deshalb ist die Reaktivierung der Eisenbahnstrecke vom Moorexpress für den Personennahverkehr zu einer zukunftsfähigen Entwicklung unseres ländlichen Raumes auch als Wasserstoff-Modellregion, notwendig.“
Zunächst müssen sich das Land Niedersachsen und die anderen Bundesländer aber noch auf zeitgemäße Kriterien zum Ausbau und der Reaktivierung von Bahnstrecken verständigen, um Finanzmittel des Bundes beanspruchen zu können. Eine von der evb in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur Reaktivierungswürdigkeit von Bahnstrecken ist bereits angeschoben.
Der Moorexpress verbindet Bremen und Stade miteinander, fährt aber derzeit nur an Wochenenden und Feiertagen in der Sommersaison.