Diskussion SBGG: Es bringt Betroffenen Erleichterung

Ilka Christin Weiß 305

Transaktivistin Ilka Christin Weiß verteidigt das am 12. April verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz, das das unwürdige Transsexuellengesetz (TSG) ablöst.

Ilka Christin Weiß hat die Selbsthilfegruppe Trans*NET OHZ gegründet. Zuletzt hat sie ein Buch über ihr Leben geschrieben: „Von einem Leben als Mann - zu einem Leben als Frau“.

Ilka Christin Weiß hat die Selbsthilfegruppe Trans*NET OHZ gegründet. Zuletzt hat sie ein Buch über ihr Leben geschrieben: „Von einem Leben als Mann - zu einem Leben als Frau“.

Es ist geschafft. Der Bundestag hat am 12. April das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) verabschiedet, das das 40 Jahre alte Transsexuellengesetz (TSG) ablöst. Das Bundesverfassungsgericht hat in etlichen Entscheidungen viele Paragrafen des Transsexuellengesetz, die Grundrechte verletzten, abgeschafft. Zuletzt 2011 die Vorschrift, dass sich Personen operativ sterilisieren lassen mussten, wenn sie eine Änderung des Personenstands beantragten.

Mit dem neuen Gesetz werden Kernforderungen der Selbstvertretungsorganisation von trans* Personen erfüllt. Auch wir als SHG Trans*NET OHZ haben uns mit Forderungen für eine Reform eingebracht und nahmen 2016 an einer Fachtagung im Bundesfamilienministerium teil. Bereits zu dieser Zeit lag ein neuer Gesetzentwurf vor und die Trans*Community hegte die Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung. Dennoch dauerte es acht Jahre bis zu einer Neuregelung. Jahre, die für trans* Personen eine Leidensverlängerung bedeuteten, denn nach den Regelungen des TSG waren für eine Personenstandsänderung zwei psychiatrische Gutachten und ein Gerichtsverfahren notwendig, das hohe Kosten verursachte. Nicht selten wurden für das langwierige Verfahren Beträge ab 1.600 Euro fällig.

Das bedeutete eine hohe psychische Belastung für trans* Personen, deren Personaldokumente zudem nicht mit der Geschlechtsidentität und dem Geschlechtsausdruck übereinstimmten. Folgen waren ein Dauerouting in Schule, Arbeitsplatz, beim Arzt oder in der Öffentlichkeit. Daraus resultiert ein 10fach höheres Suizidrisiko von trans *Personen gegenüber der Normalbevölkerung.

Welche Erleichterungen bringt das neue Gesetz und warum wurde es von konservativen und rechten Kreisen so heftig bekämpft und warum wurden so viele Fehlinformationen verbreitet? Als Leiter*in einer Selbsthilfegruppe, die seit mehr als 10 Jahren trans* Personen und ihre Angehörigen berät, begrüße ich das neue Gesetz und vor allem deren Kernregelungen, denn ich kenne das Leid der betroffenen Personen auch aus eigenem Erleben. Verfügbare Studien weisen darauf hin, dass trans* Personen eine der vulnerabelsten Minderheiten der Gesellschaft sind und es leitet sich aus dem Recht auf Selbstbestimmung her, dass sie in ihren Rechten endlich gestärkt werden.

Das SBGG regelt keine medizinischen Behandlungen, sondern u. a. die Vornamens- und Personenstandsänderung, die von volljährigen Personen ohne Begutachtung beim Standesamt nach vorheriger dreimonatiger Anmeldung abgegeben werden kann. Diese kann nach Jahresfrist wieder rückgängig gemacht werden, was nicht bedeutet, dass trans* Personen jedes Jahr ihr Geschlecht „wechseln“, wie in hämischen Kommentaren behauptet wird. Diese Möglichkeit gab es bereits im TSG, wurde aber nur von einer kleinen Minderheit in Anspruch genommen. In meiner langen Beratungspraxis kam das einmal vor, ist also eine seltene Ausnahme. Von daher begrüße ich die neuen Regelungen.