„Mehr Stolz, ihr Frauen!“
Hedwig Dohm (1831 bis 1919) war eine der ersten feministischen Theoretikerinnen, die geschlechtsspezifische Verhaltensweisen auf die kulturelle Prägung zurückführte statt auf biologische Determination.
Sie forderte bereits 1873 das Stimmrecht für Frauen und die völlige rechtliche, soziale und ökonomische Gleichberechtigung der Geschlechter. Damit gehört sie zu den wichtigsten Pionierinnen der modernen Frauenbewegungen in Deutschland und Europa.
Kämpferin für bessere Bildung
Hedwig Dohm war die älteste Tochter unter 17 Geschwistern. Schmerzlich musste sie schon früh feststellen, dass ihr nicht die gleichen Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten offenstanden wie ihren Brüdern. In ihrer Mädchenschule war sie hoffnungslos unterfordert. Bis ins hohe Alter kämpfte sie für eine bessere Bildung für Mädchen und Frauen mit einem uneingeschränkten Zugang zu sämtlichen Studienfächern und Berufen. In Berlin betrieb sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Ernst Dohm - leitender Redakteur beim Satireblatt „Kladderadatsch“, mit dem sie fünf Kinder hatte - einen beliebten Salon, in dem die geistige Elite ein- und ausging, von Ferdinand Lassalle bis Theodor Fontane, von Franz Liszt bis Lily Braun, Fritz Reuter und Gräfin Hatzfeld.
Begeisternde Theaterautorin
Und sie begann, erfolgreich zu publizieren: In den 1870er Jahren erschienen ihre ersten feministischen Essays, die sie mit einem Schlag im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt und zu einer Vordenkerin der radikalen Frauenbewegungen machten. Denn Dohm forderte nichts weniger als alle Rechte, die den Männern offenstanden, auch für Frauen. Damit unterschied sie sich deutlich von den Organisationen der damaligen bürgerlichen Frauenbewegung, die sich mit politischen Forderungen zurückhalten mussten, um nicht verboten zu werden. Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts galt ein Vereinsverbot für Frauen: Weder durften sich Frauen in politischen Vereinen engagieren, noch organisiert an politischen Versammlungen teilnehmen. Erst als in Deutschland Ende der 1890er Jahre ein radikaler Flügel innerhalb der Frauenbewegung entstand, fand Dohm die Schwestern im Geiste, denen sie sich anschloss. Neben ihren Essays und regelmäßigen Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte Hedwig Dohm auch mehrere Romane und gehörte um die Jahrhundertwende zu den meistgespielten Theaterautorinnen Berlins.
Immer standen die Rechte der Frauen im Zentrum - und alle ihre Texte leben von Dohms so typischem Witz und ihrer Ironie. Im Ersten Weltkrieg (1914–1918) gehörte Dohm zu den wenigen Intellektuellen, die sich von Anfang an gegen den Krieg äußerten.
Die Einführung des Frauenwahlrechts 1918 und die erste Wahl 1919 konnte sie noch erleben. Sie starb am 1. Juni 1919 mit fast 88 Jahren. Ihr Grab befindet sich auf dem Alten St. Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg.
Frühe Care-Kritikerin
Zu der Care-Arbeit in der Krankenpflege sagte Hedwig Dohm einst: „Ich bin überzeugt, wenn das tägliche Honorar für eine Krankenwärterin zehn Goldstücke betrüge, so würde kein Beruf der Welt weniger für eine Frau geeignet sein als dieser. Keiner würde die Schamhaftigkeit mehr verletzen, den Ekel stärker erregen und in gewohnter Huld würde man nimmer mehr der schwächlichen Frau die Last der Krankenpflege aufgebürdet haben.“ Der Equal Care Day (1. März) spricht sich noch heute gegen die mangelnde Wertschätzung und Unsichtbarkeit der überwiegend von Frauen zu leistenden Care-Arbeit aus. Dabei geht es auch um die zu klärende Frage „Was ist uns die Pflege wert?“ Der Equal Pay Day (7. März) unterstützt das durch die Kampagne „Gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt.
Hedwig Dohm Femmage
Am 26. Juni lädt das Hedwig Dohm Trio (Historikerin Nikola Müller, Kulturwissenschaftlerin Isabel Rohner und Schauspieler Gerd Buurmann) zu einer Matinee-Veranstaltung: „Mehr Stolz, ihr Frauen!“ - eine Femmage an Hedwig Dohm in der Museumsanlage Osterholz-Scharmbeck. Details zur Veranstaltung werden noch bekannt gegeben.
Durch die Veranstaltung zwischen Lesung, Vortrag und feministischem Kabarett wird Witz und Geist von Hedwig Dohm für das Publikum erlebbar gestaltet. An einer Teilnahme Interessierte können sich an Karin Wilke unter der Telefonnummer 04791/17353 oder per E-Mail unter wilke@osterholz-scharmbeck.de wenden.
Kooperationspartnerinnen der Veranstaltung sind die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Osterholz Katja Lipka, die Kreisfrauensprecherin im SoVD Kreisverband OHZ Bärbel Recke sowie die Frauen des städtischen Seniorenbeirates Dr. Elke von Oehsen, Angelika Haase und Monika Stahlberg.