Von der Recherche zum Stein

Lion Immoor 58

Die Osterholzer Stolperstein-Initiative um Manfred Bannow hat einen Kurzfilm über die Entstehung von Stolpersteinen gedreht. Lion Immoor war bei der Vorstellung des Films dabei.

Der 1. Vorsitzende Manfred Bannow während des Gespräches mit dem Publikum im Anschluss an die  Filmvorstellung.

Der 1. Vorsitzende Manfred Bannow während des Gespräches mit dem Publikum im Anschluss an die Filmvorstellung.

Bild: Limo

Osterholz-Scharmbeck.  Die ‚Stolpersteine‘ des Berliner Künstlers Gunter Demnig gelten landesweit als wichtiges Symbol der Erinnerungskultur. Um sich der Vergangenheit bewusst zu werden und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, verlegt man die Miniaturdenkmäler seit einigen Jahren auch im Landkreis Osterholz. Um über den Weg - von der Recherche bis zum fertigen Stein - aufzuklären, hat die Osterholzer Stolperstein-Initiative um Manfred Bannow einen 13-minütigen Kurzfilm gedreht.

„Entstanden ist der Film als Begleitung des Projekts ‚Demokratie leben!‘“, erläutert Mike Albien, Pressesprecher der Initiative. Gemeinsam mit einem Filmteam der Prima Media Production habe man darin die Verlegung eines Stolpersteines vor Ort dokumentarisch begleitet. Zusammengearbeitet hat der Verein hierbei auch mit der örtlichen Polizei, für die der ‚Stolperstein‘ des deportierten Polen Bronislaw Stempniak eine ganz besondere Bedeutung trägt. „Unser Patenstein sollte einen örtlichen Bezug aufweisen“, so das Kommissariat aus Osterholz. Andererseits wolle man durch Stempniaks polizeiliche Verfolgungsgeschichte die eigene Rolle als Polizei kritisch aufarbeiten.

Zu Wort kommen ebenfalls Schüler:innen der Courage-AG von der Ritterhuder Riesschule, die in jährlichen Aktionen an die Opfer der Reichspogromnacht 1938 erinnern. Kürzlich hat die Gruppe Spenden für die Verlegung zweier Stolpersteine gesammelt, die an zwei Ritterhuder Euthanasieopfer der Nationalsozialisten erinnern, deren geplante und systematische Tötung aufgrund ihrer körperlichen Behinderung erfolgte. „Die Stolpersteine bringen die Schicksale dieser Menschen in den Alltag und damit ins Bewusstsein und in die Augen der Menschen“, erklärt Vorsitzender Manfred Bannow.

Schwierigkeiten  der Recherche

„Die Erinnerung an die NS-Taten ist wichtig, damit sich diese niemals wiederholen“, findet auch Schülerin Julia von der IGS Osterholz-Scharmbeck. Zudem positioniere man sich damit klar gegen rechte Verschwörungstheorien, welche die Gräueltaten des NS-Regimes bis heute verleugnen.

„Bevor es zur Verlegung eines neuen Steines kommt, ist zunächst die Recherche in regionalen sowie bundesweiten Archiven, der Besuch öffentlicher Gedenkstätten und die Befragung von Zeitzeugen angesagt“, beschreibt Bannow. Als besonders schwierig erweise sich häufig die sichere Ermittlung des letzten Wohnortes einiger Opfer, so der 1. Vorsitzende. „Im Laufe der Recherche treffen wir oft zufällig auf Verwandte, Nachbarn oder Bekannte, die uns wichtige Informationen zu den Betroffenen liefern“, betont Albien.

Die Verlegung

Für die Verlegung eines neuen Steines bedürfe es dann einer Genehmigung des Stadtrates, berichtet Bannow weiter. So kommt es, dass man in Ritterhude bereits 2005 einen ersten Stolperstein in den Boden lässt, während in Osterholz-Scharmbeck erstmals 2020 die Genehmigung eines Gedenksteines erfolgt. Insgesamt finden sich mittlerweile 61 der spendenfinanzierten Mahnmale im Landkreis Osterholz, die man meist in Kooperation mit örtlichen Bauhöfen verlegt. Um deren ehrenamtliche Pflege kümmert sich Roswitha Strube, zusammen mit den Omas gegen Rechts. „Die Inschrift eines Stolpersteins, der pro Stück 120 Euro kostet, muss vorab genau abgesprochen werden“, berichtet Bannow, der fast jede Verlegung selbst begleitet - einige davon gemeinsam mit Demnig, dem Urheber der ‚Stolperstein‘-Idee.

Historische Bildung

Künftig wolle man den erstellten Film zur Kontaktaufnahme mit regionalen Schulen und Bildungsinstitutionen nutzen, um historisches Lernen im Rahmen des Unterrichts zu fördern, resümiert Vorsitzender Manfred Bannow. „Im Netz haben wir nur einen kleinen Teaser veröffentlicht, da der Film im Überangebot der heutigen Medien sonst untergeht“, ergänzt Pressesprecher Albien, der vor allem die eingängliche Kürze sowie Anschaulichkeit der Kurzdokumentation betont. Ein drittes Mal zeigt die Initiative den Film am kommenden Donnerstag um 19 Uhr in der Worpsweder Rathausdiele. Weitere Informationen rund um das Projekt und zur Unterstützung des Vereines finden Interessierte unter www.stolpersteineohz.de.