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Integration im Alltag

Wie Integration vor Ort gelingt, erklärt Jörg Steffens im Interview mit Luisa Mersmann – mit Blick auf Wohnraum, Angebote für Migrantinnen und Migranten und die zentrale Rolle des Ehrenamts.

Welche konkreten Maßnahmen zur Integration von Migrantinnen und Migranten setzt die Stadt derzeit um?

Die Stadt setzt verschiedene Maßnahmen zur Integration von Migrantinnen und Migranten um. Dazu gehören die Organisation von Sprachkursen, die Unterstützung bei der Arbeits- und Wohnungsvermittlung sowie die Kontaktvermittlung zu Sportvereinen. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit beratenden Stellen wie der Diakonie oder dem Netzwerk für Integration zusammen, um individuelle Hilfestellungen zu leisten.

 

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in der Integrationsarbeit, insbesondere in unserer Stadt?

Eine der größten Herausforderungen ist die mangelnde Motivation einzelner Personen, sich aktiv in den Integrationsprozess einzubringen. Hinzu kommen die Unsicherheiten hinsichtlich des Kriegsverlaufs in der Ukraine sowie die ungewisse Bleibeperspektive kolumbianischer Geflüchteter. Zudem benötigen Schulen dringend mehr Unterstützung, um auf die besonderen Bedürfnisse von Migrantenkindern angemessen eingehen zu können.

 

Wie hat sich die Integrationsarbeit in den letzten Jahren verändert? Gibt es neue Schwerpunkte?

Wir haben in den vergangenen Jahren neue strukturierte Prozesse eingeführt, die uns helfen, die Integrationsarbeit heute wesentlich koordinierter darstellen zu können. Spontane und unvorbereitete Unterbringungen – wie damals, als bis zu 18 Personen plötzlich vor der Tür standen und in einer Unterkunft untergebracht wurden – sind nicht mehr notwendig. Die Wohnraumbeschaffung erfolgt nun planvoll und vorausschauend, was eine nachhaltigere Integration ermöglicht.

 

Welche Rolle spielen Ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Initiativen bei der Unterstützung von Migrantinnen und Migranten?

Ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Initiativen spielen eine entscheidende Rolle in der Integrationsarbeit. Zahlreiche Organisationen wie der Stadtteilladen, das Frauenzimmer, der Nachbarschaftsladen, die BBG, Kaffee International sowie kirchliche Einrichtungen und Sportvereine engagieren sich aktiv. Hinzu kommen viele freiwillige Helferinnen und Helfer, darunter ehrenamtliche Sprachmittler, die Migrantinnen und Migranten bei der Bewältigung des Alltags unterstützen.

 

Gibt es spezielle Programme für bestimmte Gruppen, etwa Geflüchtete, Jugendliche oder ältere Migrantinnen und Migranten?

Ja, es gibt gezielte Angebote für verschiedene Gruppen. Dazu gehört beispielsweise die Hausaufgabenunterstützung im Stadtteilladen oder im Frauenzimmer. Zudem werden laufend neue Projekte entwickelt, die den spezifischen Bedürfnissen von Migrantinnen und Migranten gerecht werden.

 

Wie geht die Stadt mit Sprachbarrieren und bürokratischen Hürden um, die eine Integration erschweren können?

Um Sprachbarrieren zu überwinden, setzt die Stadt auf mehrsprachige Mitarbeitende, Dolmetscher und Übersetzungsgeräte. Zudem steht ein Sprachmittlerpool auf Landkreisebene zur Verfügung. Unterstützung gibt es auch bei bürokratischen Angelegenheiten, etwa durch Hilfestellungen beim Ausfüllen von Anträgen und die Weiterleitung an entsprechende Beratungsstellen.

 

Welche Projekte oder Maßnahmen sind für die Zukunft geplant, um die Integrationsarbeit weiter zu verbessern?

Zum 1. April 2025 wird eine vom Landkreis finanzierte Fachkraft eingestellt, die Migrantinnen und Migranten gezielt Alltagskompetenzen vermittelt. Darüber hinaus sind weitere Sprachkurse geplant, die sich gezielt an bestimmte Gruppen richten – etwa nicht alphabetisierte Menschen, Frauen oder Personen, die berufsbezogene Sprachkurse wie Pflegekurse benötigen.

 

Wie wird der Erfolg von Integrationsmaßnahmen gemessen? Gibt es konkrete Indikatoren oder Erfahrungswerte?

Integration ist schwer messbar, doch es gibt einige Erfahrungswerte, die auf eine erfolgreiche Arbeit hindeuten. Im Vergleich zu anderen Städten gibt es in Bremervörde weniger Probleme im Integrationsbereich, was unter anderem auf die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten zurückzuführen ist. Die geringe Fluktuation und die Unterstützung durch Nachbarschaften in angemieteten Objekten tragen ebenfalls zu einer stabilen Situation bei.

 

Welche Unterstützung benötigt die Stadt von Land oder Bund, um die Integrationsarbeit effektiver zu gestalten?

Besonders im Schulbereich besteht großer Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften, pädagogischen Mitarbeitenden und Sprachlernklassen. Darüber hinaus sind weitere Ressourcen auf Landes- und Bundesebene erforderlich, um die Integrationsarbeit langfristig zu sichern.

 

Wie können Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen, Integration im Alltag zu fördern?

Ich kann nur jedem empfehlen, die Integration im Alltag zu unterstützen – durch Offenheit, Toleranz und die aktive Einbindung von Migrantinnen und Migranten in gesellschaftliche Strukturen. Der direkte Kontakt und die Begegnung im Alltag sind entscheidende Faktoren für eine gelungene Integration.

 

Welche aktuellen Schwerpunkte setzt die Stadt in der Integrationsarbeit?

Derzeit liegt der Fokus insbesondere auf der Unterbringung und Koordinierung von Migrantinnen und Migranten in angemessenen Wohnräumen. Dies umfasst die Suche und Anmietung von Wohnraum, die Ausstattung und Betreuung der 125 Wohnungen und Häuser sowie die Vermittlung von Alltagskompetenzen.

Weitere wichtige Aufgaben unserer Abteilung sind die Abrechnung der Wohneinheiten, Mediationsgespräche in Sammelunterkünften sowie die langfristige Reduzierung des Wohnungsbestands zur Kostensenkung. Auch die Renovierung von Wohnraum spielt eine zentrale Rolle.

 

Das Team der Stadtverwaltung und seine Aufgaben

Die Integrationsarbeit der Stadt wird von einem engagierten Team aus fünf Vollzeitkräften geleistet. Die Koordination des gesamten Bereichs liegt in den Händen von Jörg Steffens, der die verschiedenen Maßnahmen und Abläufe steuert aber auch wichtige Mediationsgespräche mit den Geflüchteten führt.

Eine Mitarbeiterin in der Verwaltung ist für die Abrechnung der Wohneinheiten zuständig und sorgt dafür, dass die finanziellen Aspekte der Wohnraumbetreuung reibungslos funktionieren.

Zusätzlich gibt es drei weitere Mitarbeiter, die vor Ort vielseitige Aufgaben übernehmen. Sie helfen bei Umzügen, Renovierungen und der Instandhaltung von Wohnungen, fungieren als Übersetzer und unterstützen bei Mediationsgesprächen in Sammelunterkünften. Besonders bemerkenswert: Alle drei waren selbst einmal Geflüchtete und haben in Bremervörde eine neue Heimat gefunden. Nun setzen sie sich aktiv dafür ein, anderen Menschen den Integrationsprozess zu erleichtern – ein beeindruckendes Beispiel für gelungene Integration in der Praxis.


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