Lena Stehr

Mehr Süßes und weniger Sport: Während der Pandemie leben viele ungesünder

Landkreis. Zum Tag der gesunden Ernährung am 7. März muss man feststellen: Der Lockdown hintertreibt dessen Ziel. Ungesundes Essverhalten ist in der Pandemie nicht weniger, sondern mehr geworden. Vor allem in Familien mit niedrigem Bildungsstand.
In Deutschland sind rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig. Seit Beginn der Corona-Pandemie leben viele von ihnen noch ungesünder.   Foto: Adobe Stock/nuzza11

In Deutschland sind rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig. Seit Beginn der Corona-Pandemie leben viele von ihnen noch ungesünder. Foto: Adobe Stock/nuzza11

Landkreis. Zum Tag der gesunden Ernährung am 7. März muss man feststellen: Der Lockdown hintertreibt dessen Ziel. Ungesundes Essverhalten ist in der Pandemie nicht weniger, sondern mehr geworden. Vor allem in Familien mit niedrigem Bildungsstand. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland sind laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts übergewichtig („Body Mass Index“ von 25 oder mehr), fast ein Viertel von ihnen leidet unter krankhaftem Übergewicht (Adipositas - BMI von 30 oder mehr). Bei den Kindern und Jugendlichen sind rund 15 Prozent übergewichtig, sechs Prozent sind adipös - Tendenz steigend. Auswirkungen auf das Essverhalten Die Corona-Pandemie und der damit einhergehende Lockdown haben ebenfalls Auswirkungen auf das Essverhalten vieler Menschen. Während die einen im Homeoffice endlich mehr Zeit haben, sich gesunde Mahlzeiten zu kochen und auch mit Online-Sportangeboten fit bleiben, bewegen sich andere deutlich weniger und greifen - auch aus Frust - häufiger zu Ungesundem. Leidtragende könnten vor allem Kinder aus Familien mit niedrigem Bildungsstand sein, weil dort oft das Wissen fehle, wie man sich gesund ernähre, wird Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in einem Beitrag der Apotheken Umschau zitiert. Für diese Kinder sei das Essen in den Kitas und Schulen deshalb besonders wichtig, weil es oft die einzige ausgewogene Mahlzeit am Tag sei. Und die fällt inzwischen seit Monaten weg. Kinder legten Gewicht zu Das Risiko dieser Kinder, in der Corona-Krise zuzunehmen, ist nach einer Studie von Münchner Ernährungsmediziner:innen größer. Nach der repräsentativen Umfrage unter rund 1.000 Familien hatten gut ein Viertel aller Eltern und neun Prozent der unter 14-Jährigen im Laufe der Pandemie an Gewicht zugelegt. Bei den über Zehnjährigen aus Familien mit niedrigem Schulabschluss waren es sogar 23 Prozent, wie die Expert:innen in der im Fachjournal Annals of Nutrition and Metabolism veröffentlichten Untersuchung schreiben. Dass viele Kinder seit Beginn der Corona-Pandemie ungesünder leben, ergab auch eine bundesweite Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zur seelischen Gesundheit und dem Wohlbefinden von 7- bis 17-Jährigen. Danach ernährten sich viele Kinder und Jugendliche ungesund mit vielen Süßigkeiten, zehnmal mehr Kinder als vor der Pandemie trieben überhaupt keinen Sport mehr. Langfristige negative Folgen Die Folgen könnten langfristig, so zeigten Studien: Etwa 80 Prozent der adipösen Jugendlichen bleiben im späteren Erwachsenenalter adipös und haben dann - wie alle Übergewichtigen - ein höheres Risiko für Diabetes, Bluthochdruck oder Herzkreislauferkrankungen. Ernährungsmediziner:innen weisen außerdem darauf hin, dass auch Übergewichtige mangelernährt sein können, weil ihnen wichtige Vitamine, Minerale und Spurenelemente fehlen - und auch das könne krankmachen. Dabei sollte eigentlich gerade jetzt allen besonders viel an einer guten Gesundheit liegen, um eine mögliche Coronainfektion unbeschadet überstehen zu können. Neue und zielführende Präventions-Projekte insbesondere im Hinblick auf das Thema Ernährung wurden allerdings im vergangenen Jahr weder auf Bundes- noch auf Landesebene entwickelt, wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ darlegte. Hilfe vor Ort Dass die meisten Menschen erst etwas unternehmen, wenn das Problem Übergewicht schon besteht, bestätigt Kerstin Dierks von der AOK in Bremervörde. Die Diplom-Ökotrophologin bietet kostenlose Ernährungsberatungen für Versicherte an. Dabei sei es ganz egal, ob die Betroffenen bereits unter Übergewicht, Allergien oder chronischen Erkrankungen leiden oder sich einfach für eine ausgewogene Ernährung interessieren und praktische Tipps und individuelle Hilfestellungen bekommen möchten. „Uns ist wichtig, ein niedrigschwelliges Angebot machen zu können“, sagt Kerstin Dierks. Leider müsse bei vielen aber erst der Leidensdruck da sein, bevor sie bereits seien, aktiv zu werden. Auch Sonja Wohltmann aus Vollersode möchte Menschen helfen, sich gesünder zu ernähren und damit auch gesünder zu sein. Die zertifizierte Ernährungsberaterin hat sich gerade selbstständig gemacht und setzt in ihren Kursen und Coachings neben Ernährungskonzepten auch auf Entspannungsmethoden zur Stressreduktion. „Abnehmen ist auch Kopfsache und Stress wirkt sich negativ auf den Fettabbau und den Stoffwechsel aus“, sagt Sonja Wohltmann. Sie würde sich wünschen, dass insgesamt mehr für die Prävention getan werden würde und die Krankenkassen zum Beispiel auch ihre Angebote bezuschussen würden. Im Lockdown die Ernährung umgestellt Eine familientaugliche Lösung zur Gewichtsabnahme und zur gleichzeitigen Stärkung des Immunsystems hat unsere freie Mitarbeiterin Ute Mahler-Leddin während des Lockdowns gefunden. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer großen Tochter hat sie mit einer 16-tägigen Darmreinigung den Grundstein für eine Ernährungsumstellung gelegt. „Während ich früher oft ‚Nudeln mit…‘ oder ‚Kartoffeln mit…‘ gekocht habe, gibt es jetzt viele Gemüsegerichte, die einfach vorzubereiten sind“, sagt die Fibromyalgie- und Brustkrebspatientin, die ohne zu hungern schon viele Kilo verloren hat. Die Highlights seien Ofengemüse, Tomaten-Hack-Suppe und eine „Turbo-Grüne-Suppe“. „Das Leben ist zu kurz für schlechte Ernährung aber auch zu kurz für Knäckebrot“, sagt Ute Mahler-Leddin.


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