Patrick Viol

Corona-Jahrgänge haben es schwer

Sowohl das Einsamkeitsbarometer 2024 als auch eine NDR Umfrage legen dar, dass Jugendliche vermehrt unter Einsamkeit leiden. Patrick Viol hat mit Julius Mackenberg vom Osterholzer Kreisschülerrat über Ursachen, Erscheinungsformen und den Umgang mit Einsamkeit gesprochen.

Besonders betroffen von Einsamkeit sind die sogenannten „Corona-Jahrgänge“.

Besonders betroffen von Einsamkeit sind die sogenannten „Corona-Jahrgänge“.

Bild: Adobestock/BG Illustrations

Herr Mackenberg, wie wird das Thema Einsamkeit unter Jugendlichen in Ihren Schulen wahrgenommen?

Das Thema Einsamkeit wird zwischen den Jugendlichen nur selten explizit thematisiert. Viele Schüler sprechen nicht offen darüber, und häufig wird erst in vertieften Gesprächen oder außerhalb der Schule deutlich, dass jemand betroffen sein könnte.

Gibt es bestimmte Altersgruppen oder Jahrgangsstufen, die besonders betroffen sind?

Besonders betroffen von Einsamkeit sind die sogenannten „Corona-Jahrgänge“. Durch die Pandemie wurden soziale Kontakte massiv eingeschränkt: Homeschooling, ausgefallene Klassenfahrten und der Wegfall gemeinsamer Aktivitäten haben dazu geführt, dass viele Schüler keine stabilen Freundschaften aufbauen konnten. Diese Erfahrungen erschweren es Einigen bis heute, sich in sozialen Gruppen zu integrieren und Anschluss zu finden.

Welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach am meisten zur Einsamkeit bei Jugendlichen bei?

Neben den schon erwähnten Folgen der Corona-Pandemie spielt auch „Social-Media“ eine große Rolle. Viele neigen dazu, sich ständig mit anderen zu vergleichen und fühlen sich ausgeschlossen, wenn sie bemerken, dass andere viel unternehmen und Freude haben. Aber auch schulischer Druck ist häufig ein Grund für Einsamkeit, weil man oft keine Zeit hat, sich mit Freunden zu treffen.

Gibt es Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Schulen in Bezug auf Einsamkeit?

In ländlichen Schulen ist Einsamkeit oft weniger ausgeprägt, da die Schülerzahl kleiner ist und die Gemeinschaft enger zusammenhält. Die Schüler haben hier oft mehr Möglichkeiten, neue Freunde zu finden oder sich auszutauschen. In städtischen Schulen hingegen ist Einsamkeit häufiger anzutreffen, da die Schülerzahl größer ist und es schwieriger sein kann, Anschluss zu finden. Trotz der vielfältigen Angebote und der größeren Anzahl an Schülern haben viele Schwierigkeiten, sich in die große Gemeinschaft zu integrieren.

Wie gehen Lehrer und Schulleitungen mit dem Problem um?

Lehrer und Schulleitungen setzen sich aktiv mit dem Thema Einsamkeit auseinander, indem sie Beratungslehrkräfte für persönliche Gespräche bereitstellen und Seminare zu Gruppendynamik, sozialer Interaktion oder Konfliktlösung anbieten. So wird es erleichtert, sich besser in die Schulgemeinschaft zu integrieren.

Reagiert die Lokal- und Landespolitik ausreichend auf das Problem?

Die Lokalpolitik reagiert zunehmend auf das Thema, indem sie zum Beispiel das „Jugendforum“ unterstützt, in dem Anliegen und Ideen von Schülern von der Politik wahrgenommen und angegangen werden können. Auch die Landespolitik setzt sich für Initiativen wie Programme zur Förderung der mentalen Gesundheit, die uns Jugendlichen gezielte Hilfe und Prävention bieten, ein.

Was müsste besser laufen?

Obwohl es bereits viele Seminare und Beratungsangebote gibt, wäre es hilfreich, wenn diese noch sichtbarer und regelmäßiger in den Schulalltag integriert würden, damit sich mehr Schüler trauen, daran teilzunehmen. Es könnten auch mehr Initiativen gestartet werden, die den Austausch und die Zusammenarbeit unter den Schülern fördern, um Einsamkeit aktiv entgegenzuwirken. Darüber hinaus könnte man zum Beispiel mit Peer-Mentoring-Programmen jüngeren Schülern helfen, sich in der Schule zurechtzufinden und soziale Kontakte zu knüpfen.

Vielen Dank für das Gespräch.


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