Defizite in der Praxistauglichkeit
Hannover (red). Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen Niedersachsen (LAGFA) hat sich in einem offenen Brief an Bundesministerin Lisa Paus und weitere Verantwortliche gewandt, um die vorgelegte Engagementstrategie des Bundes kritisch zu beleuchten. Während die Initiative der Bundesregierung, das freiwillige Engagement in Deutschland stärker zu fördern, grundsätzlich gewürdigt wird, bemängelt die LAGFA erhebliche Defizite in der Praxistauglichkeit, der finanziellen Absicherung und der Einbindung benachteiligter Zielgruppen.
Fehlen konkreter Maßnahmen
Die Engagementstrategie formuliere zwar wichtige Ziele wie den Schutz vor Anfeindungen und die Förderung des Ehrenamts in Krisenzeiten, bleibe jedoch in der Umsetzung zu vage. Die LAGFA fordert klare Maßnahmenpläne mit verbindlichen Zuständigkeiten und überprüfbaren Zielen. Vorbilder aus der Hamburger Engagementstrategie, wie Förderfonds für lokale Projekte oder der Ausbau von Freiwilligenagenturen, könnten als Blaupause dienen.
Föderale Zusammenarbeit vernachlässigt
Ein weiteres Problem sieht die LAGFA in der mangelnden Berücksichtigung der föderalen Strukturen. Lokale Akteure wie Freiwilligenagenturen und Landesarbeitsgemeinschaften würden nicht ausreichend eingebunden. Ein bundesweites Koordinationsgremium könnte laut der LAGFA helfen, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu verbessern. Das erfolgreiche Bundesprojekt „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ wird als positives Beispiel angeführt, das ausgebaut werden sollte.
Fehlende finanzielle Absicherung
Kritisch wird auch die Finanzierung der Strategie betrachtet. Maßnahmen unter Haushaltsvorbehalt erschwerten eine langfristige Planung und Umsetzung. Die LAGFA schlägt einen Engagementfonds auf Bundesebene vor, um nachhaltige und flexible Förderungen zu ermöglichen. Zusätzlich seien verbindliche Finanzierungszusagen für Freiwilligenagenturen und ehrenamtsfördernde Strukturen notwendig.
Benachteiligte Zielgruppen nicht im Fokus
Trotz der Betonung von Diversität in der Strategie fehlen konkrete Ansätze zur Förderung benachteiligter Gruppen wie Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund. Die LAGFA empfiehlt, erfolgreiche Modelle wie niedrigschwellige Angebote aus Osnabrück bundesweit auszuweiten und spezielle Förderprogramme für Jugendliche und Migranten zu etablieren.
Innovative Ansätze ungenutzt
Die LAGFA bedauert, dass Chancen wie steuerliche Anreize, ein nationales Engagementportal oder Pilotprojekte für innovative Fördermodelle ungenutzt bleiben. Solche Maßnahmen könnten das Engagement auf breiter Basis stärken und moderner gestalten.
Appell an die Bundesregierung
Die LAGFA ruft die Bundesregierung dazu auf, die Engagementstrategie im Dialog mit Praxisakteuren weiterzuentwickeln. Freiwilliges Engagement sei eine tragende Säule der Demokratie und verdiene eine Strategie, die Mut zur Innovation und Klarheit in der Umsetzung zeige.
Zu den Unterzeichnern des Briefs zählen zahlreiche Organisationen und Freiwilligenagenturen aus Niedersachsen und anderen Bundesländern, die ihre Unterstützung für die Forderungen der LAGFA bekunden. Der offene Brief versteht sich als Einladung zu einem Dialog, um die Strategie praxisnah und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.