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Janine Girth

Ein großes Ereignis - Worpsweder Kunsthalle besteht seit nunmehr 100 Jahren

Beate Arnold, Jörg van den Berg, Berit Müller, Susanna Böhme-Netzel, Gesa Jürß und Matthias Jäger (von links) freuen sich auf die Ausstellungen.  Foto: ui

Beate Arnold, Jörg van den Berg, Berit Müller, Susanna Böhme-Netzel, Gesa Jürß und Matthias Jäger (von links) freuen sich auf die Ausstellungen. Foto: ui

von Ulla Ingenhoven
Worpswede. An Jubiläen mangelt es im Künstlerdorf Worpswede wahrhaftig nicht. Im vergangenen Jahr gab es ein großes Fest zum 800-jährigen Bestehen des Dorfes, nächstes Jahr besteht das Haus im Schluh 100 Jahre, 2027 die Große Kunstschau. Aber in diesem Jahr steht die Worpsweder Kunsthalle von Susanna Böhme-Netzel im Mittelpunkt. Anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Museums wird dieser runde Geburtstag mit der Jubiläumsausstellung „Kunstkosmos Worpswede“ gefeiert.
Matthias Jäger, Geschäftsführer des Worpsweder Museumsverbundes, erzählte in einem Pressegespräch von den Anfängen der Galerie Netzel, wie die Worpsweder Kunsthalle früher hieß. Sie habe immer Künstler gefördert, Bilder angekauft und präsentiert. „Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Wiederauferstehung von Worpswede“, sagte Matthias Jäger. „Das hat damit zu tun, dass es die Netzels gab.“ Die Idee von einem weltoffenen Dorf habe Netzel neu formuliert.
Für Susanne Böhme-Netzel, Geschäftsführerin der Worpsweder Kunsthalle, sei „dieses Jubiläum ein großes Ereignis, auf das ich mich lange vorbereitet habe“. Sie musste viele Dokumente erforschen, konnte nicht auf Archive zugreifen. Erschwerend kam ein Wasserschaden im Jahr 2012 hinzu, der vieles vernichtete. Aber: „Ich haben einen wunderbaren Fundus, auf Papier, auf Leinwand, als Zeichnung. Aus diesem Ganzen könnte ich eine Ausstellung machen und noch eine Etage draufsetzen.“
Familie Netzel - Drei Generationen
Die Geschichte der Familie Netzel kann der Besucher in der Worpsweder Kunsthalle auf großen Tafeln nachlesen. Zwei Brüder der Familie Netzel kommen im Jahr 1879 über Bremen an. Der eine lässt sich in Lilienthal als Buchbinder nieder, der andere, Friedrich (1854 - 1931), in Worpswede. Hier sieht er die Chance, als Buchbindermeister sein Geschäft zu machen. Nach Ankunft der ersten Maler 1889 stellt er das Sortiment seines Buchladens in der Findorffstraße, der ein beliebter Künstlertreff wird, um. Jetzt hat er Malutensilien im Angebot.
Im Laufe der Jahre beginnt bei Netzel ein kleiner Kunsthandel. Wichtige Werke jedoch verbleiben im Haus und bilden den Grundstock für den reichhaltigen Bestand.
Sein Sohn Friedrich (der zweite) führt die Buchhandlung weiter und baut mit seiner Frau Maria ein bescheidenes Wohnhaus mit Galerieraum in der Bergstraße. Hier wird Kunst der „Alten Worpsweder“ ausgestellt. 1929 wird sein Sohn geboren, der auch Friedrich heißt. Als Friedrich (der zweite) 1945 stirbt, hält sich die Witwe damit über Wasser, ihren Kunden Bilder zu günstigen Preisen anzubieten. Sie gründet eine Handweberei.
Friedrich (der dritte) führt mit seiner Mutter zunächst die „Worpsweder Kunsthalle Fr. Netzel“ weiter, zeigt aber auch zeitgenössische Kunst. In den 60er Jahren beeindrucken die ersten großen Ausstellungen von schwedischer Grafik, tschechischer Kunst sowie von amerikanischen Pop-Plakaten. Auch das Frühwerk Heinrich Vogelers sowie spätere Werke werden gezeigt. Ein neues Kapitel wird ab 1983 aufgeschlagen: Die Galerie stellt „5 Künstlerinnen um 1900“ - die sogenannten Malweiber - aus. Das sind neben Paula Modersohn-Becker, Ottilie Reylaender, Marie Bock, Clara Rilke-Westhoff und Hermine Overbeck-Rohte. 1994 stirbt Friedrich Netzel. Seinem Wunsch entsprechend gehen Haus und Sammlung 1999 in Stiftungen ein, damit die zusammengetragenen Werke für die Öffentlichkeit verfügbar bleiben. Seine Witwe Susanna Böhme-Netzel übernimmt die Stiftungsgeschäfte und führt diese bis heute fort.
Weitere Ausstellungen
In der Jubiläumsausstellung, die am Sonnabend, um 17 Uhr in der Worpsweder Kunsthalle eröffnet wird und bis zum 3. November dauert, werden im vorderen Bereich neben den „Malweibern“ auch alte Plakate, wie „Janssen in Worpswede“ oder „Eine Pariser Graphik-Presse“ (1965), und Fotos, Flyer, Zeitungsausschnitte aus vergangener Zeit zu sehen sein. Ebenso können Werke betrachtet werden, die bislang noch nicht veröffentlicht wurden, darunter auch Grafiken und Radierungen von Fritz Overbeck und Hans am Ende. Gesa Jürß, Projektmanagerin für Ausstellungen und Marketing beim Worpsweder Museumsverbund, spricht dabei von einem Highlight.
Im hinteren Raum wird die Sammlung von acht Künstlern gezeigt, unter anderem von Otto Modersohn, Fritz Mackensen und Paula Modersohn-Becker. Zu den Hauptwerken gibt es einzelne Texte. „Die Bilder werden sehr speziell präsentiert“, sagt Susanne Böhme-Netzel. „Die Ausstellung ist sehr publikumsnah.“
Neben der Ausstellung „Kunstkosmos Worpswede - 100 Jahre Worpsweder Kunsthalle“ setzen der Barkenhoff und die Große Kunstschau das Kunstprojekt „Kaleidoskop“ fort und zeigen „Resonanzen II. Studierende der Kunsthochschulen Berlin, Bern und Kiel“. Im Haus im Schluh wird Eva Kausche-Kongsbak in der Kabinettausstellung „Talent und Humor“ vorgestellt.


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