![Der Liebesbrief als Beweis der Liebe zieht sich durch viele Zeitalter.](/i/fileadmin/user_upload/import/artikel/117/65117/65117_AdobeStock_1166332951_onlineZuschnitt.jpeg?_=1739424660&w=236&a=1.77777&f=inside)
![Der Liebesbrief als Beweis der Liebe zieht sich durch viele Zeitalter.](/i/fileadmin/user_upload/import/artikel/117/65117/65117_AdobeStock_1166332951_onlineZuschnitt.jpeg?_=1739424660&w=236&a=1.77777&f=inside)
Wenn ein paar Regenbogenfarben autoritäre Charaktere verärgern, dann ist es gut, dass man sie sichtbar in die Öffentlichkeit bringt. Als Flaggen oder - richtig dick - eben als Illumination eines Stadions.
Bei dieser Aktion wäre es aber nicht nur darum gegangen, einen Möchtegern-Autokraten wie Viktor Orbán zu verärgern, sondern zum einen darum, an all die Menschen, die von dessen Zensur-Gesetz, das verbietet über Homosexualität und Geschlechtsangleichungen in Schulbüchern zu informieren, betroffen sind, ein Signal der Solidarität zu senden. Und zum anderen wäre es bei der Stadionbeleuchtung auch darum gegangen, auch hiesigen Spielern das Gefühl zu geben: Vor Diskriminierung braucht sich im deutschen Fußball niemand (mehr) zu fürchten, falls man sich als homosexuell outet. Das macht nämlich bis heute so gut wie niemand.
Dass die UEFA die Beleuchtung - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des „europäische Werte“ mit Füßen tretenden Zensur-Gesetzes - untersagt hat, ist in der Tat eine „Schande“, „peinlich“ und „beschämend“, wie es Merkel, Spahn, Söder, von der Leyen oder Maas kritisierten.
Aber solche Wortradikalität kennt man auch im Hinblick auf Russland, die Türkei, China, Polen oder Tschechien. Und was man auch kennt: dass es bei der moralischen Empörung bleibt und deshalb die derzeitige Kritik deutscher Politker:innen an Ungarn zum einen nicht mehr ist als eine Folie, vor der man im Wahlkampf etwas weltoffener und toleranter erscheint, während man Transsexuellen mit dem Transsexuellengesetz und Frauen mit dem Paragrafen 218 die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung schwer macht. Und zum anderen bietet die bloß moralisierende Kritik an Ungarn der EU-Kommission die Möglichkeit, sich den USA gegenüber als durchgreifend zu inszenieren, während sie nach wie vor der zahnlose Tiger ist, vor dem kein Autokrat sich zu fürchten hat.
So laufen gegen Ungarn zwar derzeit 102 Vertragsverletzungsverfahren, deren Konsequenzlosigkeit vermitteln Viktor Orbán aber nur die stete Sicherheit: Klar, die verurteilen uns jetzt das 103. Mal, aber praktische Folgen hat das nicht. Was stimmt. Oder wird in Erwägung gezogen, die europäischen Fördertöpfe anzurühren, was aufgrund des Rechtsstaatsmechanismus möglich wäre? (Dass man es unterlässt, dafür hat übrigens Angela Merkel während der deutschen Ratspräsidentschaft gesorgt.) So werden die europäischen Gelder munter weiterfließen. Wie ebenso die deutschen Geschäfte mit Ungarn weiterlaufen werden.
Oder hat jemand von der deutschen Regenbogenregierung die Überlegung vernommen, Deutschland will Ungarn nun nicht mehr mit soviel Waffen beliefern, wie es will? Auch wenn sie in den Händen von antisemitischen Paramilitärs landen. Niemand? Ich auch nicht. Wird auch nicht passieren. Weil der Regenbogen auf Seiten der deutschen wie europäischen Regierenden nur der Anstrich für moralische Heuchelei, aber nicht für progressive Taten ist. Die wären aber angebracht. Zum Beispiel in der Form der Aufhebung das Einstimmigkeitsgebot auf EU-Ebene. Andernfalls werden sich Ungarn, aber auch Polen und Tschechien weiterhin dabei helfen, die Rechtstaatlichkeit auszuhöhlen und sich immer weiter von „europäischen Werten“ entfernen. Hält sie ja niemand davon ab.