Ralf G. Poppe

Kommentar: Zuhören reicht nicht

Ralf G. Poppe nimmt der grünen Politikern Marion Kaiser ihre Selbstinszenierung als Baumfreundin nicht ab.

Was bringt es, die besten Leute von außerhalb einzuladen, wenn man ihnen dann die Möglichkeit nimmt, sich tatsächlich einzusetzen?

Im Januar eröffnete in Bremervörde ein Zuhör-Café – ein Ort, an dem Bürger ihre Sorgen und Wünsche äußern können. Eine großartige Idee, ehrenamtlich organisiert. Auch politische Ortsvereine beteiligen sich daran, und Bundestagskandidaten verschiedener Parteien waren vor Ort, um zuzuhören und Impulse mitzunehmen. So auch Joachim Fuchs, der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen für den Wahlkreis. Dabei war auch Marion Kaiser, Sprecherin der Bremervörder Grünen und Stadtratsmitglied.

Ich beobachtete, wie Fuchs sich konzentriert und geduldig den Fragen zweier Bürgerinnen widmete und dabei offenbar die richtigen Worte fand - die Frauen fühlten sich gehört und ernst genommen. Ein ermutigender Moment für echte Bürgernähe. Dann aber entrückte die Politik wieder. Es war aber nicht Fuchs, sondern Kaiser, die Grüne vor Ort, die auf einmal unnahbar wurde.

Auf dem Weg zum Café fiel mir eine Baustelle in der Alten Straße auf, bei der das Wurzelwerk eines Baumes rabiat entfernt wurde. Eine alarmierende Szene, für mich, aber bestimmt auch, so dachte ich naiv, für Marion Kaiser, immerhin gibt sich gern als Baum-Aktivistin. Noch im letzten Jahr hatte sie erfolglos versucht, Baumfällungen in der Brunnenstraße zu verhindern, und erst kürzlich per Leserbrief vor der Fällung eines kranken Baumes gewarnt.

Ich brachte das Thema im Café zur Sprache, doch Kaisers Interesse daran schien gering. Als ich vorschlug, die Baustelle gemeinsam zu besuchen, um die Situation zu klären, lehnte sie ab – sie müsse Wahlflyer verteilen. Der grüne Kandidat Fuchs? Der sei auch in der Fußgängerzone mit Flyern beschäftigt.

Da drängt sich die Frage auf: Warum lädt man einen engagierten Bundestagskandidaten ein, wenn man ihn dann dazu verdammt, Aufgaben zu übernehmen, die auch ein Schüler im Nebenjob erledigen könnte? Und warum bleibt jemand, der sich selbst als Kämpferin für den Baumbestand sieht, passiv, wenn Bürger sie direkt auf Missstände hinweisen? Wieso beweint man einen Baum in einem Leserbrief, greift aber nicht aktiv das Wählerinteresse an diesem Baum auf? Ging es Kaiser um bloße Inszenierung ihrer selbst? Ein fatales Manöver. Vertrauen stiftet es nicht.

Politik muss zuhören - aber Zuhören allein reicht nicht. Sie muss handeln, solange es noch möglich ist. Es reicht nicht, Bäume erst zu beklagen, wenn sie bereits gefällt sind. Wenn wir das zulassen, bleibt am Ende nur die Symbolik, nicht der Fortschritt.


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