Laser statt Böller? Polizei entfacht Feuerwerkdebatte
Die jüngsten Ereignisse der Silvesternacht 2024/25 haben die Diskussion um ein Verbot privater Feuerwerke neu entfacht. Fünf Menschen starben durch Feuerwerksunfälle, unzählige weitere wurden verletzt, darunter auch Kinder und einige durch illegale Kugelbomben, die in Berlin auch schwere Sachschäden verursachten. Gewalt gegen Einsatzkräfte, darunter Angriffe auf Rettungsdienste und Polizei, sorgte für 400 Festnahmen allein in der Hauptstadt. Vor diesem Hintergrund schlägt eine Petition der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Wellen. Sie fordert ein generelles Verbot von privatem Feuerwerk. Mehr als zwei Millionen Menschen unterstützten die Petition innerhalb kürzester Zeit. Darunter auch der NABU.
Regierung findet Verbot komisch
Trotz der Millionen Stimmen für ein bundesweites Verbot von privatem Feuerwerk sieht die Bundesregierung vorerst keinen Grund zu handeln. Ein Verbot wird es nicht geben, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte. „Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerks-Verbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort“, erklärte Faeser. Sie plädierte für die Schaffung rechtlicher Grundlagen für lokale Verbotszonen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich gegen ein generelles Verbot aus und sagte im Interview mit dem Magazin „Stern“: „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“
Der Landkreis Osterholz sieht das anders und widerspricht Faeser: „Ein Verkaufsverbot für privates Silvesterfeuerwerk würde die wirksamste Maßnahme darstellen, um diesen Entwicklungen entgegenzutreten. Eine gesetzliche Regelung, die die Möglichkeit von Feuerwerksverbotszonen ausweitet, wäre weniger effektiv und schwer kontrollierbar.“ Gleichzeitig betonte der Landkreis aber auch, dass ein Verbot nicht nur die kleine Gruppe von Störern treffen würde, sondern auch die breite Allgemeinheit, die verantwortungsvoll mit Pyrotechnik umgeht.
Friedlich feiern
Und für die setzt sich Vanessa Kim Zobel, CDU-Bundestagskandidatin aus dem Wahlkreis Stade-Rotenburg, ein. Sie zeigt sich zwar erschüttert über die Vorfälle der letzten Silvesternacht: „Missbrauch von Feuerwerk, Angriffe auf unsere Einsatzkräfte oder das bewusste Zerstören von Eigentum - das muss schnell und konsequent bestraft werden!“ Sie spricht sich jedoch gegen ein Totalverbot aus: „Ein Verbot trifft auch Familien, die friedlich feiern. Wir brauchen klare Regeln, die schützen und Freude lassen.“ Sie berichtete von ihrem eigenen Silvesterfest, das sie mit ihrer Familie im kleinen Kreis und einem verantwortungsvollen Feuerwerk gefeiert habe: „Genau so sollte Silvester sein.“
Problem nicht auf Kommunen abwälzen
Brigitte Neuner-Krämer, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat von Osterholz-Scharmbeck, sieht die Dinge anders: „Im Schutz der Silversternacht ist es auch unmöglich, legale von illegalen Böllern zu unterscheiden. Ohne ein generelles Verbot von Feuerwerk der Kategorie 2 sind wirkungsvolle Maßnahmen nicht umsetzbar.“ Es sei nicht hinzunehmen, dass viele Menschen sich an Silvester nicht mehr auf die Straße trauten und eine Mehrheit nicht mehr die Möglichkeit habe, das neue Jahr vor der Haustür gemeinsam mit Freunden und Nachbarinnen fröhlich zu begrüßen. Und in Richtung Faeser heißt es: Das Problem dürfe nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. „Es liegt an der Bundesregierung, für die Sicherheit der Bürger und den Schutz von Polizei und Rettungskräften zu sorgen.“
Sie betont zudem die Belastung für Umwelt und Tiere: „Keiner hat etwas gegen Kleinstfeuerwerk wie Wunderkerzen, aber wir brauchen ein Umdenken hin zu verantwortungsvollen Alternativen wie öffentlichen Lichtshows.“
Panik in den Augen der Tiere
Der Tierschutzverein Osterholz-Scharmbeck pflichtet der stellvertretenden Bürgermeisterin bei. Stephanie Musik betont, wie sehr Tiere unter der Böllerei leiden: „Ein Verbot von privatem Feuerwerk könnte einen wesentlichen Beitrag zum Tierschutz leisten. Die lauten Geräusche und Lichtblitze setzen Wild- und Haustiere enormem Stress aus.“ Ein Verbot würde nicht nur Haustiere, sondern auch Wildtiere und Nutztiere vor unnötigem Stress und vor Gefahr schützen. Die Tage um Silvester seien ein Albtraum für Tiere. Wer seinem panischen Hund in der Silvesternacht in die Augen schaue, verstehe das. „Das Leid, welchem sowohl Wild-, Nutz- als auch Haustiere schon Tage vor und nach Silvester ausgesetzt sind, steht in keinem Verhältnis zu unserem ‚Spaß‘ und einer nicht mehr zeitgemäßen Tradition“, so Musik. Lasershows seien eine gute Alternative. NABU-Bundesgeschäftsführer Ingo Ammermann sieht das wie Musik: „Die gefährliche Ballerei ist nicht mehr zeitgemäß. Die Konzentration auf städtisch organisierte Lichtshows reduziert Müll und Lärm.“
Januarfehlgeburten
Demgegenüber plädiert der Landvolk-Kreisverband Bremervörde-Zeven lediglich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerk, da es mit der Böllerei auf dem Land, wo die meisten Tiere leben, eh nicht so schlimm sei. „Bei uns in Bockel feuert niemand in der Nähe der Stallungen oder Häuser sein Feuerwerk ab. Da haben wir wirklich viel Glück mit der Nachbarschaft“, so der Vorsitzende Alexander von Hammerstein. Dieses Glück scheinen aber nicht alle zu haben: Jan Pape, stellvertretender Vorsitzender des Landvolks, weist darauf hin, dass er jedes Jahr im Januar eine Fehlgeburt bei seinen Milchkühen zu verzeichnen habe, „das mit der Silvesternacht zu tun hat.“ Aber er sei auch mal jung gewesen und „möchte daher niemandem den Spaß an seinem Feuerwerk verderben.“
Die Debatte um ein Verbot privater Feuerwerke bleibt kontrovers. Während Befürworter eines Verbots die Sicherheit der Bürger, den Umweltschutz und den Tierschutz betonen, argumentieren Gegner für die Beibehaltung persönlicher Freiheiten und eine gezielte Durchsetzung bestehender Regeln. Die Bundesregierung sieht vorerst keinen Handlungsbedarf für ein generelles Verbot – die Verantwortung soll bei den Kommunen liegen. Doch die Stimmen für ein Ende der privaten Silvesterböllerei werden immer lauter.