Natürlicher Klimaschutz in OHZ
Osterholz-Scharmbeck. Die 31-jährige Klimaschutzmanagerin Jessica Hügen ist seit Oktober 2023 in dem Amt und beschäftigt sich mit der Verbindung von Klima- und Naturschutz. Zentraler Bestandteil des Klimaschutzmanagements ist die Entwicklung konkreter Maßnahmen zur Klimaanpassung, um Herausforderungen des Klimawandels entgegenzutreten.
„Beim direkten Vergleich vergangener Jahrzehnte wird nicht nur der deutliche Anstieg von CO2-Emissionen auf 36,6 Milliarden Tonnen pro Jahr, sondern ebenso die starke Veränderung der Jahresdurchschnittstemperatur sichtbar“, so die Klimaschutzmanagerin. Das feuchtere und wärmere Klima erhöhe das Potenzial für regionale Starkregenereignisse, die sich in Niedersachsen zunehmend häufiger verzeichnen lassen. Um der Treibhausgasneutralität, die Niedersachsen für 2040 anstrebt, einen entscheidenden Schritt näher zu kommen, folgt das Team um Hügen einem progressiven Maßnahmenplan.
Klimaschutzmaßnahmen erarbeiten
„Die quali- und quantitative Ist-Analyse des Ortes haben wir erfolgreich abgeschlossen“, resümiert die Klimaschutzmanagerin. Ebenso habe man Klimapotenziale sowie mögliche Zukunftsszenarien für Osterholz-Scharmbeck erarbeitet, ergänzt sie. Weiter widmet man sich nun der Akteursbeteiligung und Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs, der einzelne Teilbereiche der Stadt wie die Industrie, kommunale Einrichtungen und Haushalte berücksichtigt. „Letztere machen zurzeit den höchsten Anteil der CO2-Emissionen aus“, betont Hügen. Der Fokus liege deshalb zunächst auf natürlichen Klimaschutzmaßnahmen, so die Expertin, um sich gemeinschaftlich auf anstehende Starkregen- sowie Hitzeperioden vorzubereiten.
Eingeladen hat man dazu Dr. Björn Büter, Umweltmeteorologe bei GEO-NET Umweltconsulting, der kommunale Maßnahmen zur Anpassung an drohende Klimawandelfolgen aufzeigt. Bei der Adressierung von Klimarisiken einer Region gelte es eine Vielzahl standortabhängiger Faktoren - die Bewohnerschaft und Lage eines Ortes ebenso wie aktuelle Klimaveränderungen - zu berücksichtigen. „In Kombination mit den gesellschaftlichen Handlungsfeldern wie etwa ‚Bauen‘, ‚Wohnen‘ oder ‚Gesundheit‘ lassen sich dann prioritäre Risiken ermitteln, um die Stadt klimafit zu machen“, erläutert der Umweltmeteorologe. Zur möglichst exakten Ermittlung von Belastungsschwerpunkten nutze man regionale Flut- und Hitzekarten.
„Zudem sollte sich die Stadt vor Augen führen, dass Maßnahmen immer an Zielen hängen“, mahnt der Experte. Fortschritte seien nur dann überprüfbar, wenn man diese vorab klar definiert. „Letztlich ergeben sich drei städtische Teilbereiche, in denen wir Anpassungen treffen können“, erklärt Büter. Eine erste Möglichkeit zur aktiven Veränderung liegt hier in den Händen der Stadt selbst. Lobend erwähnte der Referent das geplante Vorhaben, künftig 1.500 neue Bäume in Osterholz-Scharmbeck zu pflanzen. „Potenzial bietet auch die Suche nach Klimazwillingen, um von deren klimatischen Umgang zu lernen“, so der Umweltfachmann. Es handelt sich dabei um europäische Städte, die schon jetzt ein Klima aufweisen, wie es die eigene Kommune in Zukunft erwarten wird.
Beteiligung der Bürger:innen
Weiter gehe es um das Schaffen einer Planungsgrundlage sowie das Verfassen konkreter Beschlüsse zur eigenen Rückversicherung, ergänzt Büter. „Sinnvoll ist es dabei, städtebauliche Verträge mit Investoren abzuschließen, die eine Flächenabgabe nur bei klimaschonender Bebauung ermöglichen“, stellt der Umweltexperte fest. Die größte und wichtigste Chance biete letztlich jedoch die direkte Beteiligung lokaler Bürger:innen. Seitens der Stadt gelte es, ausreichend Informationen, in Form von Flyern oder Workshops, zur Verfügung zu stellen und kontinuierlich auf Klimarisiken hinzuweisen. „Es können Baumpatenschaften übernommen, gemeinsam Flächen entsiegelt oder Regenwasser gesammelt werden“, fasst Büter zusammen. Außerdem müsse man auf Vorteile klimagerechter Pflanzen im heimischen Garten, der Fassadenbegrünung sowie Wärmepumpen hinweisen, so der Umweltmeteorologe.
„Eine Umfrage der Osterholzer Bewohner zum ‚natürlichen Klimaschutz‘ zeigt vor allem den Wunsch nach der Umwandlung ungenutzter Grünflächen sowie brachliegender Felder zu Streuobstwiesen“, berichtet Klimaschutzmanagerin Hügen. Mehr Informationen erhoffe man sich im Bereich der Wand- und Flächenbegrünung ebenso wie eine lokale Starkregenkarte.
Über Starkregenmanagement in der Praxis berichtete deshalb Philipp Schulte Overberg vom ABN aus Neustadt am Rübenberge. In einem Impulsvortrag verdeutlichte er, wie die Aufstellung eines Generalentwässerungsplan aussehen kann und präsentierte erste Anknüpfungspunkte für einen möglichen Starkregennotfall in Osterholz-Scharmbeck.