Marcel Foltmer

So geht es nicht weiter: Fridays For Future diskutiert mit Bundestagskandidat:innen 

Osterholz-Scharmbeck. Nach der Podiumsdiskussion mit den Kandidat:innen für den Stadtrat lud Fridays For Future (FFF) am Montag die Bundestagskandidat:innen ein. Gekommen sind Lena Gumnior von Bündnis 90/Die Grünen und Mizgin Ciftci von der Linkspartei.
Lena Gumnior (Grüne) und Mizgin Ciftci (Linke) bei der Podiumsdiskussion zum Thema Klimagerechtigkeit.

Lena Gumnior (Grüne) und Mizgin Ciftci (Linke) bei der Podiumsdiskussion zum Thema Klimagerechtigkeit.

Klimaschutz und Klimagerechtigkeit - das sind die Hauptthemen am Montagabend im Kulturzentrum Kleinbahnhof (KUZ). Lena Gumnior und Mizgin Ciftci sind sich einig: So, wie es momentan läuft, könne es nicht weitergehen mit der Klimapolitik. Bei der Frage nach der „Lieblingskoalition“ nach der Wahl wollten sich beide allerdings nicht festlegen: Während Ciftci nur dann eine Regierungsbeteiligung eingehen möchte, wenn genügend Programmpunkte der Linken vertreten werden, will Gumnior sich Gespräche mit allen Parteien offenhalten. Beide würden aber eine rot-rot-grüne Koalition präferieren - auch deshalb, weil so eine gute Klimapolitik möglich sei.
Eine Klimapolitik, die endlich in Fahrt kommen muss: „Die nächste Bundesregierung wird die letzte sein, die über das 1,5-Grad-Ziel entscheiden kann“, erzählt Gumnior, weswegen die Grünen auch schon einen Fahrplan für die ersten 100 Tage hätten, sollten sie nach der Wahl mitregieren: Insgesamt 10 Punkte sollen dann abgearbeitet werden. Unter anderem geht es um eine CO2-Bepreisung und den Kohleausstieg bis 2030. Einen CO2-Preis lehnt die Linke hingegen ab, er sei sozial ungerecht: „Der Klimaschutz wird dadurch unattraktiv“, meint Ciftci.
 
Ran an die Klimakiller
 
Ciftci stellt den von Fridays For Future geprägten Begriff der „Klimagerechtigkeit“ in den Vordergrund. „Wer Klimaschutz umsetzen will, der muss sich mit den richtigen Klimakillern anlegen“, sagt Ciftci. Auch die Wirtschaft müsse ihren Teil leisten, so Ciftci und Gumnior. Zum anderen, so der linke Kandidat, müsse man darauf achten, die Klimapolitik auch immer sozial verträglich auszugestalten. Es könne beispielsweise nicht sein, dass ein Inlandsflug günstiger ist als eine Fahrt mit dem ICE. Und auch im öffentlichen Nahverkehr benötige es einen Richtungswechsel. Die Linke fordert, dass alle unter 18 den ÖPNV kostenlos nutzen können und dass zeitnah ein 365-Tages-Ticket eingeführt wird, mit dem der Nahverkehr für einen Euro pro Tag genutzt werden kann. Das langfristige Ziel: Der komplette Nahverkehr müsse kostenlos werden.
 
Mehrheit hinter Klimapolitik versammeln
 
Um Menschen, die momentan in Branchen wie dem Kohletagebau arbeiten, nicht in die Arbeitslosigkeit zu verlieren, müsse man dort eine Ausbildungs- und Qualifikationsoffensive starten, meint Gumnior. Generell müsse man die ganze Gesellschaft als Gesamtgefüge begreifen. Am Ende stehe die Frage, wie man eine möglichst große Mehrheit für den Klimaschutz gewinnen könne. Denn erst, wenn auch die Zivilgesellschaft hinter einer radikaleren Klimapolitik steht, könne diese funktionieren. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Aufbruchstimmung“, meint auch Ciftci.
 
Hartz IV und Lobbyismus
 
Auch außerhalb der Klimapolitik wurden einige Punkte diskutiert. So wollen Gumnior und Ciftci beide, dass das Hartz-IV-System abgeschafft wird, stattdessen müsse es ein System geben, dass nicht nur das Überleben, sondern auch die Teilhabe an der Gesellschaft sichert. Ciftci möchte sich für eine konsequentere Friedenspolitik einsetzen, Gumnior sieht eine Priorität in der Reform des Antidiskriminierungsgesetzes.
Gumnior sei zudem vor allem der Lobbyismus im Bundestag ein Dorn im Auge: „Es kann nicht sein, dass es mehr Lobbyistenausweise gibt, die die CDU verteilt, als Bundestagsabgeordnete.“ In einigen Bereichen könne die Beratung durch Lobbyisten zwar hilfreich sein, solche Vorgänge müssten aber grundsätzlich transparent sein. Auch das wollen Ciftci und Gumnior umsetzen.
Insgesamt sei aber die kommende Bundestagswahl am 26. September eine „Klimawahl“. Gumnior weist darauf hin, dass hier besonders die Überzeugungsarbeit im Privaten helfen könne, schließlich seien die Mehrheiten, die jüngere Menschen möchten, ganz andere als die, die momentan von älteren präferiert werden.
Am Ende sei ein Politikwechsel der zentrale Punkt, den beide Parteien anstreben, Gumnior meint dazu: „Wir wissen: Die CDU abwählen, dann klappt das auch mit der Klimapolitik.“
Deren Vertreter, Andreas Mattfeld, war, genau wie die SPD und FDP-Bundestagskandidaten Michael Harjes und Gero Hocker ebenso zur Diskussion eingeladen. Alle drei haben sich entschuldigen lassen. Während der FDP, die keine Klimaneutralität bis 2055 anstrebe, und der SPD die Einladungsmails in der Technik verloren gegangen sein sollen, sei Mattfeldt, dessen Partei für 2050 Klimaneutralität anvisiert, wohl „zu busy (gestresst) für alles“ gewesen, so die Moderation. Er habe aber per Mail darauf hingewiesen, dass einige Klimaziele ja schon erreicht worden seien. Die Moderation wies zudem darauf hin, dass Herr Mattfeldt Mitglied des Berliner Kreises in der CDU ist, der sich „nicht so ganz sicher ist mit dem menschengemachten Klimawandel.“ So heißt es auf der Seite des Berliner Kreises, dass die „modellierten Folgen des Klimawandels alles andere als bewiesen“ seien. Man könne sich also vorstellen, so die Anmoderation, warum Mattfeldt zu „busy“ war. Lesen Sie hier weiter zu den Klimazielen der Parteien.


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