

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die Ergebnisse der jüngsten Sondierungsgespräche zur Asylpolitik als „Angriff auf Menschenwürde und Menschenrechte“ verurteilt. Geschäftsführer Karl Kopp warnt vor einem politischen Kurs, der Grundrechte aushöhlt und den Rechtsstaat gefährdet. „Recht wird zur Seite geschoben, absehbare Rechtsbrüche werden teils mit Formelkompromissen kaschiert“, so Kopp.
Besonders scharf kritisiert Pro Asyl die geplante Zurückweisung von Asylsuchenden an deutschen Grenzen. Ein solches Vorgehen widerspreche dem Europarecht und untergrabe den Rechtsstaat. Zwar werde im Sondierungspapier betont, nur „rechtsstaatliche Mittel“ zur „Migrationssteuerung“ einsetzen zu wollen, doch in der Praxis drohten damit vermehrt illegale Zurückweisungen, die sich womöglich europaweit ausweiten könnten.
Auch die erneute Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte trifft auf deutliche Ablehnung. Bereits 2016 hatte die Große Koalition die Möglichkeit für zwei Jahre ausgesetzt, mit dramatischen Folgen für die Betroffenen. „Zerrissene Familien, langjährige Trennung und der Entzug des Rechts auf Familienleben - das ist menschenrechtlich inakzeptabel“, betont Pro Asyl.
Massive Kritik übt die Organisation auch an der geplanten Abschaffung von Aufnahmeprogrammen für gefährdete Personen, etwa aus Afghanistan. Diese Entscheidung sei ein Schlag ins Gesicht von Menschenrechtsverteidigern, insbesondere von Frauen und Mädchen, die sich vor Ort nicht mehr sicher fühlten. Besonders perfide sei es, diese Verschärfung ausgerechnet am Weltfrauentag zu verkünden.
Die angekündigten Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien betrachtet Pro Asyl als politischen Dammbruch. Abschiebeflüge nach Kabul seien nur durch eine Zusammenarbeit mit den Taliban denkbar, was einer diplomatischen Anerkennung des Regimes gleichkäme. „Beginnend mit Straftätern und Gefährdern“, heiße es im Sondierungspapier - doch Pro Asyl sieht dahinter ein weitergehendes Signal: „Perspektivisch sollen sich alle mit prekärem Aufenthaltsstatus nicht mehr sicher fühlen.“ Abschiebungen nach Syrien, einem Land, in dem zuletzt eines der schlimmsten Massaker seit Jahren verübt wurde, hält die Organisation für „zynisch und realitätsfern“.
Auch die geplante Erweiterung der Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ kritisiert Pro Asyl scharf. Dadurch werde das individuelle Asylrecht faktisch ausgehebelt, da Schutzsuchende aus diesen Ländern kaum noch Chancen hätten, ihre Fluchtgründe glaubhaft darzulegen. Vielmehr brauche es eine faire Einzelfallprüfung, die den tatsächlichen Gefahrenlagen Rechnung trage.
Weitere Verschärfungen drohten mit der bundesweiten Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. Pro Asyl warnt vor einer Stigmatisierung und befürchtet eine Kriminalisierung von zivilgesellschaftlichen Unterstützungsstrukturen. Noch gravierender sei der Plan, das Recht auf anwaltliche Unterstützung in Abschiebungshaftverfahren wieder abzuschaffen - obwohl rund 50 Prozent der überprüften Haftbeschlüsse sich als rechtswidrig erwiesen.
Besonders brisant sei zudem die geplante Abkehr vom sogenannten Amtsermittlungsgrundsatz im Asylrecht. Bislang sind die Behörden verpflichtet, selbst Beweise für die Schutzbedürftigkeit von Asylsuchenden einzuholen. Künftig soll die Beweislast bei den Antragstellern liegen - eine Regelung, die laut Pro Asyl europarechtswidrig sein könnte.
Insgesamt sieht die Organisation in den Sondierungsergebnissen eine systematische Aushöhlung von Rechtsstaat und Menschenrechten. Es drohe eine Politik der Abschreckung, die statt Lösungen vor allem neue humanitäre Katastrophen produziere.