

Da kann die Stadt nichts machen: Die Zahlung von sogenannten Ausgleichsbeträgen ist im Baugesetzbuch unter §154 geregelt. Wer ein Grundstück in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet besitzt, kann in der Regel damit rechnen, dass der Boden durch die Sanierung an Wert gewinnt. Deshalb müssen die Eigner:innen einen Ausgleich an die Stadt zahlen.
Das Verfahren ist kompliziert. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung und Stadtentwicklung war Markus Bohling vom Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) zu Gast, um Licht ins Dunkel zu bringen. Was nun konkret auf die Bürger:innen zukommen wird, konnte er den Ausschussmitgliedern allerdings auch nicht sagen. „Da könnte ich nur spekulieren und das hilft niemandem“, antwortete Bohling auf die Frage nach konkreten Zahlen.
Berechnung erfolgt anhand von Modell
Wie viel einzelne Eigner:innen am Ende zahlen müssen, wird anhand der sogenannten Bodenrichtwerte berechnet. Es gibt einen Anfangswert, der angibt, wie viel ein Grundstück vor der Sanierung wert gewesen ist - oder gewesen sein könnte. Ob es bereits bebaut ist, spielt keine Rolle. Ob es bereits bebaut ist, spielt keine Rolle. Nach der abgeschlossenen Sanierung wird ein Endwert ermittelt. Die Differenz zwischen beiden Beträgen ergibt die Summe, die von den Eigentümer:innen zu zahlen ist.
Der Haken: Beide Werte sind zum selben Stichtag zu vergleichen. Das heißt, die Gutachter:innen vom LGLN müssen nach der erfolgten Sanierung herausfinden, was ein Grundstück wert wäre, hätte diese nie stattgefunden. „Wir müssen uns die Stadt dann so vorstellen, als hätte es keine Sanierung gegeben“, sagt Markus Bohling.
Geraten wird dabei natürlich nicht. Zur Ermittlung sanierungsbedingter Bodenwertsteigerungen wird das sogenannte „Modell Niedersachsen“ verwendet, das laufend aktualisiert wird. Wichtig sei außerdem, dass es einzig und allein um eine sanierungsbedingte Werststeigerung ginge, betont Bohling. „Konjunkturelle Wertsteigerungen werden nicht mit abgeschöpft“, erklärt der Experte. Die Eigentümer:innen sollen nur für Wertsteigerungen aufkommen, die durch die Sanierung entstanden sind, nicht etwa für allgemeine steigende Grundstückspreise.
Es handele sich um ein „sehr fachliches und rechenlastiges Thema“, gab Bohling vor den Ausschussmitgliedern zu. Die konnten auch durch zahlreiche Nachfragen keine konkreteren Informationen zu den Beträgen erfahren und nahmen den Bericht letztlich nur zur Kenntnis.
Städtebaulicher Entwurf begeistert
Deutlich erfreulicher für alle Beteiligten gestaltete sich der darauffolgende Tagesordnungspunkt. Philipp Quack vom Büro „ARQ - Architekten Rintz und Quack“ und Philipp Rösner vom Büro „bf Bauforum“ aus Berlin besuchten die Ausschusssitzung, um ihren Entwurf für die Innenstadt, mit dem sie den städtebaulichen Realisierungswettbewerb gewonnen hatten, vorzustellen.
Eine zentrale Rolle spielt darin der Scharmbecker Bach, der viel „ungenutztes Potenzial“ habe. Die Architekten möchten das Gewässer wieder in das Stadtbild integrieren und an vielen Stellen direkten Wasserkontakt ermöglichen. „Zahlreiche ökologische und wasserbauliche Maßnahmen, wie die Auslichtung der Ufer, die Anhebung der Bachsohle und die Neumodellierung und Aufweitung der Uferböschungen, verhelfen dem Bach zu neuer Präsenz im Stadtgefüge“, heißt es in dem Entwurf. Auch der Stadtpark soll deutlich aufgewertet und durch einen neuen Eingangsbereich auch vergrößert und näher an die Innenstadt gerückt werden. Im städtebaulichen Entwurf ist vorgesehen, auf das Pastorenhaus an der Adresse Hinter der Kirche 10 zu verzichten. Dort soll stattdessen der neue Eingang zum Park inklusive Wasserspielplatz entstehen.
Detailfragen werden später geklärt
Wichtige Veränderungen sind außerdem in der Straße Hinter der Wurth geplant. Ab der Kreuzung zur Straße Am Hang soll ein verkehrsberuhigter Bereich entstehen, der Wendehammer soll vorgezogen werden. Dieser Abschnitt wird im städtebaulichen Entwurf eher als Teil der Fußgängerzone verstanden, auch wenn es trotzdem genug Platz für den motorisierten Verkehr - auch für große Fahrzeuge wie Müllwagen - geben soll. Diese könnten durchaus dort fahren und wenden, aber eben im Schritttempo. Umgestaltet werden soll auch der Kirchenplatz: Klarere Raumkanten und eine eher rechteckige Form sind im Entwurf vorgesehen.
Unter den Mitgliedern des Fachausschusses wurden die Pläne begrüßt und von allen Fraktionen hochgelobt. Die beiden Berliner Büros hätten den Wettbewerb zurecht gewonnen, so der Konsens. Nach einigen Detailfragen erläuterten die beiden Architekten noch einmal, dass ein städtebaulicher Entwurf als grob umrissene Strategieplanung zu verstehen sei. „Nicht jede Brücke wird genau an der Stelle stehen, an der sie hier eingezeichnet ist“, so Philipp Quack. Zudem sei der gesamte Entwurf ein Maßnahmenkatalog. Dass nicht jede einzelne Maßnahme umgesetzt werde, sei von vornherein klar. In der Gewissheit, mit der Zustimmung zu diesen Plänen noch keine endgültige Entscheidung zu treffen, beschloss der Ausschuss, die Vorlage in den Stadtrat weiterzugeben.
Kirche fragt Bürger:innen
Einen wichtigen Punkt ließ der städtebauliche Entwurf bewusst aus: das neue Begegnungszentrum der Kirche. Hierfür soll es im Juni einen eigenen hochbaulichen Wettbewerb geben. Bei der Gestaltung des neuen Gebäudes, das mehrere Nutzer:innen unter seinem Dach vereinen wird, sollen auch die Bürger:innen mitreden. Die St. Willehadi-Gemeinde startet deshalb an diesem Samstag eine Online-Umfrage. Die Kirchengemeinde möchte - nicht nur von ihren eigenen Mitgliedern - erfahren, welche Angebote sich die Osterholz-Scharmbecker:innen dort wünschen würden.
„Wir hätten gerne einen Workshop mit allen Ehrenamtlichen gemacht, aber das lässt die Corona-Situation nicht zu“, bedauert Pastor Henning Mahnken. Stattdessen gibt es nun für vier Wochen die Möglichkeit, die Fragen online unter www.umfrageonline.com/s/4dfc7c8 zu beantworten. Die Befragung ist anonym, wer möchte, kann aber auch Kontaktdaten mit angeben. Papierexemplare gibt es auch, diese liegen beispielsweise beim wöchentlichen Gottesdienst aus.