Patrick viol

Das muss man aushalten

Vanessa Kim Zobel und Andreas Mattfeldt sind die hiesigen Bundestagskandidaten der Union. Wir haben sie gefragt, wie sie es mit ihrem Kanzlerkandidaten halten, nachdem er die AfD zur Mehrheitsbeschafferin gemacht hat.

Bild: Adobestock

„Endlich ist Deutschland wieder normal“ - das konnte man in der „Jungen Freiheit“, dem Sprachrohr der Neuen Rechten, lesen, nachdem der Kanzlerkandidat der Union Friedrich Merz im Bundestag sein Versprechen gebrochen und die AfD zur Mehrheitsbeschafferin gemacht hatte. Noch im November wollte Merz mit allen anderen Parteien verabreden, dass bei Abstimmungen kein „einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit der AfD zustande kommt.“ 77 Tage später interessierte ihn sein Geschwätz von gestern nicht mehr. Für „sofortige, umfassende Maßnahmen zur Beendigung der illegalen Migration, zur Sicherung der deutschen Grenzen und zur konsequenten Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Personen, insbesondere von Straftätern und Gefährdern“ und eine „dauerhafte Kontrolle der deutschen Grenzen zu allen Nachbarstaaten“, um „ausnahmslos“ alle „Versuche illegaler Einreise zu verhindern“, nahm Friedrich Merz zum einen den Jubel von AfD und Rechtsradikalen und zum anderen massiven Protest auf deutschen Straßen in Kauf. Hier wird der Union sogar vorgeworfen, „Steigbügelhalter des Faschismus“ zu sein. - Darunter geht es anscheinend nicht mehr.

Merz rechtfertigt sein Manöver mit der Häufung islamistischer Messerattakten und dem Doppelmord in Aschaffenburg, wo ein Ausreisepflichtiger einen Mann und ein kleines Mädchen getötet hat. Es dürfe nicht noch ein Kind durch die Hände eines Migranten sterben, der gar nicht mehr in Deutschland hätte sein dürfen, so Merz. Und weil Grüne und SPD die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht sähen, sei er gezwungen, für seinen Antrag die Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus, würde der Antrag nicht falsch, nur weil die falschen zustimmen.

Richtig bis Rechtsbruch

Damit hat Merz natürlich recht. Der Inhalt eines Antrags wird nicht falsch oder rechtsradikal, wenn Rechtsradikale zustimmen. Auch ist die Zustimmung der AfD keine Zusammenarbeit mit der AfD. Das sieht auch die Mehrheit der Deutschen so. 52 Prozent der Teilnehmer einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov geben an, dass Merz Vorgehen richtig oder eher richtig war.

Aber: Merz „Zustromsbegrenzungsgesetz“ würde Europarecht brechen und faktisch das Asylrecht außer Kraft setzen. Das beklagen nicht nur Vertreter der SPD und Grünen, sondern auch der Kirchen, Angela Merkel und Rechtsexperten. Außerdem würde der Europäische Gerichtshof das Gesetz kassiert haben. - Law- und Orderpolitik durch Rechtsbruch scheint nicht der überzeugendste Ansatz zu sein. Ob es hieran lag, an dem Tabubruch einer Mehrheit durch die AfD, der Kritik von Merkel oder am Protest der Straße: Das Gesetz kam jedenfalls nicht durch den Bundestag, weil manche Unions- und FDP Mitglieder ihm die Stimme verwehrten.

Fest hinter Merz

In Anbetracht der geteilten Meinungen in der Union über den Kurs von Merz stellt sich die Frage, wie sich die hiesigen Bundestagskandidaten der Union, Vanessa Kim Zobel und Andreas Mattfeldt, zum Manöver ihres Kanzlerkandidaten und zur Kritik seitens der Protestierenden verhalten.

Mattfeldt stehe fest hinter seinem Kanzlerkandidaten. Wie die meisten in der Union. Das habe man auch beim Parteitag gemerkt. Die Stimmung sei großartig gewesen.

Dass einige Unionsabgeordnete gegen den Antrag stimmten und er damit scheiterte, sieht Mattfeldt nicht als Zeichen eines Richtungsstreits. In einer Volkspartei wie der CDU sei es „ganz normal und erwünscht, dass es zu Themen unterschiedliche Meinungen gibt“. Man sei ja eine demokratische Partei. Und als solche werde es nie eine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Das habe Merz auf dem Parteitag noch einmal ausdrücklich versichert. Mattfeldt betont, dass die Zustimmung der AfD keine Zusammenarbeit sei. Darüber hinaus trage der Kanzler die Verantwortung für die unklaren Mehrheitsverhältnisse. Auf die Frage, ob man Merz nach seinem Wortbruch noch trauen könne, gibt Mattfeldt keine direkte Antwort.

Der Kritik von Seiten der Protestierenden, die CDU mache den „Faschismus salonfähig“ entgegnet Mattfeldt, dass die Wählerwanderung zur AfD aus allen Parteien komme.

Die Grundlage der Abwanderung sei nicht die Union, sondern der „Scherbenhaufen einer seit 10 Jahren fehlgeleiteten Migrationspolitik. Das hat die Ränder erst entstehen und über die Jahre stärker werden lassen.“ Eine restriktivere Migrationspolitik, die sich der illegalen Zuwanderung effektiv annimmt, wirke den radikalen Rändern entgegen, so Mattfeldts Überzeugung, der einige Soziologen und Politikwissenschaftler widersprechen würden.

Auch sei der Vorwurf, man schließe die Grenzen und stelle alle Migranten unter einen rassistischen Generalverdacht eine „Falschdarstellung“. Er betone „immer, dass wir als Union die illegale Migration bekämpfen werden. Geregelte Migration hingegen ist für unser Land erforderlich. Auch in meinem Betrieb freuen wir uns über Arbeitskräfte die das bestehende Team entlasten. Wenn diese Kollegen bei uns ihren Job machen, ist es komplett egal ob sie Mohammed, Daniel, Ali oder Michael heißen.“

Auf die Frage, ob es für ihn tragbar wäre, wenn Merz oder andere CDU-Spitzenpolitiker sich in Zukunft erneut auf Stimmen der AfD stützen, antwortet Mattfeldt: „Solange die AfD in den Parlamenten sitzt, wird man nie verhindern können, dass diese Partei so oder so eine Stimme abgeben wird. Auch SPD und Grüne hatten am vergangenen Mittwoch ja überhaupt keine Schwierigkeiten damit, gemeinsam mit der AfD einen Antrag der Union abzulehnen. Damit haben Rot und Grün anscheinend gar kein Problem. Dass die AfD in manchen Fällen offensichtlich strategisch agiert, um Unruhe in die Parlamente zu bringen, ist offensichtlich. Das auszuhalten, ist auch Demokratie!“

Rückkehr zu einer vernünftigen Debatte

Auch Zobel steht hinter dem Kurs von Merz und sie kann berichten: „Nach der letzten Sitzungswoche ist ein Ruck durch die Partei gegangen. Es herrscht eine Aufbruchsstimmung unter den Mitgliedern.“ Zudem fragten immer mehr Bürger an Wahlkampfständen nach Eintrittsformularen. Der Frage, wie glaubwürdig Merz nach seinem Wortbruch ist, begegnet Zobel mit einer Gegenfrage: „War es richtig, für sichere Grenzen und konsequente Abschiebungen einzutreten? Und die Antwort ist: Ja!“ Und sie sagt weiter: „Kein Antrag wird falsch, nur weil die Falschen zustimmen.“ Vielmehr sei es falsch, dass SPD und Grüne nicht zugestimmt hätten. Und zur Wahrheit gehöre auch, dass erst „die Führungsschwäche von Olaf Scholz und das Auseinanderbrechen der Ampel diese wilden Mehrheiten überhaupt möglich gemacht haben.“

Aber auch wenn Zobel die Frage nach der Glaubwürdigkeit nicht direkt beantwortet, gibt sie ausdrücklich zu verstehen: „Eine Zusammenarbeit mit der AfD bleibt ausgeschlossen.“

Den Protesten gegen die CDU spricht sie ab, die Mehrheit der Bevölkerung zu vertreten. Zudem stellt sie deren Kampf gegen Hass und Hetze infrage: „geschichtsvergessene Vergleiche, hasserfüllte Beleidigungen, Einschüchterungen von CDU-Angehörigen bis hin zur Besetzung von Parteizentralen. Das hat mit respektvollem Meinungsstreit nichts mehr zu tun. Schlimmer noch: Diese Kampagne führt offenbar auch zu Gewalt gegen unsere Wahlkampfhelfer. Wo bleibt der Aufschrei?“

Zobel wünscht sich eine Rückkehr zu einer vernünftigen Debatte darüber, wie man solche Taten wie in Aschaffenburg und Solingen künftig verhindern kann. Und diese Frage muss die Mitte beantworten, sonst würden bald Extremisten und Populisten regieren.

Und Grenzkontrollen seien der richtige Anfang. Dabei gehe es nicht darum, Migranten unter Generalverdacht zu stellen, sondern darum, die Kontrolle über die Migration zurückzugewinnen, die das europäische Asylsystem unterminiere. Darüber hinaus gehe es auch um eine Entlastung der Kommunen: „Wir müssen die bestehenden Asylanträge zügig bearbeiten, diejenigen, die bereits hier sind, erfolgreich integrieren und gleichzeitig konsequent diejenigen ausweisen, die keine Bleibeperspektive haben.“


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