75 Jahre Grundgesetz: Grund zum Feiern?
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz in Deutschland verkündet. Ein langer Weg lag hinter den Akteuren, die maßgeblich daran beteiligt waren, doch am Ende waren sich alle mehr oder weniger einig, dass das Grundgesetz ein Bestandteil Deutschlands wird. Heutzutage ist es als deutsche Verfassung nicht mehr wegzudenken, auch wenn es einst gar nicht als solche dienen sollte.
Die Einführung
Im Dezember 1947 wurde die fünfte Außenministerkonferenz der vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs abgebrochen, da die Alliierten sich nicht darauf einigen konnten, wie es mit Deutschland weitergehen sollte.
Seit dem Frühjahr 1948 wollten die Amerikaner und Briten einen Staat auf dem Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen errichten. Frankreich zeigte zunächst Bedenken, gab dem Druck der Amerikaner letztlich jedoch nach. Am 7. Juni 1948 wurden dann die sogenannten Londoner Empfehlungen veröffentlicht, die die Umrisse des deutschen Weststaates enthielten. Doch auch damit war niemand so wirklich zufrieden, auch die deutschen Sozialdemokraten und Konrad Adenauer von der CDU nicht. Die amerikanischen und britischen Militärgouverneur unterstrichen ihre Forderungen mit Nachdruck, während sie auf die Zustimmung Frankreichs warteten.
Nach vielen Diskussionen im sogenannten Parlamentarischen Rat konnte das Grundgesetz am 23. Mai 1949 verkündet werden. Dieser Tag gilt auch als Geburtsstunde der Bundesrepublik.
Das Grundgesetz sollte keine dauerhafte Verfassung sein, eher eine Übergangslösung, bis sich das gesamte „deutsche Volk“ in freier Selbstabstimmung eine neue Verfassung gibt. Doch nach der Wiedervereinigung 1990 wurde entschieden, dass die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitritt, wie es in Artikel 23 vorgesehen war.
Grundsätzlich sinnvoll
Eine Volksabstimmung über das Grundgesetz hat es somit nie gegeben. Um herauszufinden, wie die Menschen heutzutage zu unserer Verfassung stehen, sind wir auf die Straße gegangen und haben sie gefragt. Eins wurde direkt klar: Die meisten Befragten haben vorweg zugegeben, dass sie gar nicht so viel Ahnung vom Grundgesetz hätten. Insgesamt befürworten aber alle Befragten das Grundgesetz an und für sich. „Es werden einheitliche Leitlinien geschaffen, an denen wir uns orientieren und die für ein gutes Miteinander sorgen sollen“, sagt ein junger Mann, der anonym bleiben möchte. Amelie aus Osterholz-Scharmbeck hält viel vom Grundgesetz: Meinungsfreiheit und Menschenwürde seien leider keine Selbstverständlichkeit. „Umso wichtiger ist es, diese Werte zu schützen und auch immer wieder zu verteidigen“, erklärt sie.
Komplett überzeugt von dem Grundgesetz ist Rainer: „Es ist das Rückgrat unserer Gesellschaft, das uns Gleichheit, Freiheit und einen starken grundlegenden Rechtsrahmen gibt.“
Grundgesetz in Gefahr?
Auch bei der Frage, ob das Grundgesetz in Gefahr sei, teilen viele die gleiche Meinung. Kaum jemand sieht das Grundgesetz per se gefährdet. Natürlich gebe es Personen und Personengruppen, die mit den Grundgedanken nicht übereinstimmen, doch die Mehrheit profitiere und schätze das Gesetz bewusst oder unbewusst, so der junge Mann.
Eine Frau, die ihren Namen ebenfalls nicht bekannt geben möchte, sieht das Grundgesetz schon ein wenig mehr in Gefahr. Es gebe immer mehr Menschen, die es abschaffen wollen. Besonders die „Gefahr von Links und Rechts“ spiele eine wichtige Rolle. Es komme darauf an, wie sich die Politik in Zukunft entwickelt.
Rainer hingegen geht die Frage anders an. Auch er sehe, dass das Grundgesetz immer wieder vor Herausforderungen stehe, doch durch die Ewigkeitsklausel wäre eine Abschaffung im absoluten Sinne sowieso nicht möglich, erläutert er.
Kritik und Änderungen
Bei der Frage, ob und inwiefern das Grundgesetz geändert werden sollte, haben sowohl der junge Mann, als auch die Frau die Ansicht, dass es mit Sicherheit etwas gebe, das geändert werden könnte. Doch beide kennen sich nicht gut genug damit aus, um zu sagen, was das sein könne. Der Fokus sollte jedenfalls auf der Anpassung an die heutige Gesellschaft liegen.
Rainer hätte gerne eine laizistische Präambel. Er habe grundlegend nichts gegen Religion, jedoch habe sie für ihn persönlich nichts im Grundgesetz zu suchen, bis auf die ungestörte Ausübung des Glaubens.
Amelie wünsche sich wiederum, dass Kinderrechte einen Platz im Grundgesetz finden. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht zwar seit 2021, dass Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankert werden sollen, wann es soweit ist, sei allerdings fraglich.