An Verbrechen erinnern
Etwa 14.000 Kriegsgefangene und etwa 7.000 KZ-Häftlinge befanden sich zum damaligen Zeitpunkt in Sandbostel. Von insgesamt mindestens 313.000 Kriegsgefangenen, Internierten und KZ-Häftlingen, die das Lager seit 1939 durchliefen, erlebten viele die Befreiung des Stalag X B allerdings nicht mehr oder starben kurze Zeit danach.
Als besonderer Gast nahm Janusz Pilchowski am vergangenen Wochenende mit seinen drei Söhnen Gary, Dale und Stephen aus Großbritannien teil. Janusz Pilchowski kämpfte mit gerade mal 14 Jahren unter dem Tarnnamen „Lisek“ in der Armia Krajowa in Warschau gegen die deutsche Besatzung.
Nach der Kapitulation des Warschauer Aufstands brachte ihn die Wehrmacht als Kriegsgefangener nach Sandbostel. Er war 15 Jahre alt, als er befreit wurde. Über mehrere Stationen verschlug es Pilchowski nach seiner Befreiung nach Chesterfield, wo er bis heute lebt.
Nach 77 Jahren kehrte Pilchowski zur Gedenkveranstaltung das erste Mal wieder zurück nach Sandbostel. Trotz seines hohen Alters von 92 Jahren erinnerte er sich mit erstaunlicher Genauigkeit an seine Zeit im Kriegsgefangenenlager und gab spannende Einblicke in seinen Lageralltag.
Zu den Gästen zählte auch Ivan Vasilev, der Urenkel des sowjetischen Kriegsgefangenen Grigorij Semikolennykh. In seiner sehr bewegenden Rede ging Vasilev darauf ein, welches Leid der Zweite Weltkrieg über seine Familie brachte. Von 18 Familienmitgliedern, die in den Krieg zogen, überlebten zehn nicht, was zeige, was für ein Übel Krieg ist. Umso unverständlicher sei für ihn der Krieg, den Russland aktuell gegen die Ukraine führt. Vasilev fand deutliche Worte gegen den Krieg und zeigte sich solidarisch mit den Ukrainer:innen.
„Gerade heute, wo eine stete Zunahme von Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus zu beklagen ist und zunehmend in vielen Teilen der Welt autokratische Herrschaftsformen Demokratie, Recht und die internationale Verständigung bedrohen, zeigt sich, dass die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht rückwärtsgewandt ist, sondern hochaktuell“, betonte Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann.
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