Ralf G. Poppe

Arbeit im Verborgenen

Bremervörde. Die Küsterin der Bremervörder St.-Liborius-Kirche erklärt ihren Job, der dem einer Hausmeisterin nicht unähnlich ist.
Adeline Westphal ist an sechs Tagen in der Woche im Gotteshaus im Einsatz.

Adeline Westphal ist an sechs Tagen in der Woche im Gotteshaus im Einsatz.

„Ein Küster arbeitet gern im Verborgenen, heißt es so schön“, sagt Adeline Westphal. „Weil niemand wirklich mitbekommt, was ein Küster genau macht.“ Manche Leute würden denken, dass sie mit der Bibel unter dem Arm durch die Gegend laufe, so Adeline Westphal. Doch dem sei nicht so. Sie habe zwar ihren Glauben, aber nicht Theologie studiert und sei nicht einmal richtig bibelfest, gibt die Küsterin schmunzeln zu. Die Mitgliedschaft in der Kirchengemeinde ist allerdings die Grundvoraussetzung, um als Küsterin tätig werden zu dürfen.
 
Menschlichkeit ohne schlechte Laune
 
Genau betrachtet sei ein Küster so etwas wie ein Hausmeister, so Westphal. Sie ist seit November 2016 als Hausmeisterin im Ludwig-Harms-Haus gegenüber der Kirche, das ebenfalls von der Kirche betrieben wird, angestellt. Seit November 2020 ist sie zudem Küsterin in der St.-Liborius-Kirche zu Bremervörde. Und dort sozusagen ebenfalls Hausmeisterin und begleitet die Veranstaltungen in beiden Häusern.
„Als Küsterin sollte man eine besondere Menschlichkeit mitbringen, Empathie für die Menschen fühlen, und schlechte Laune zurückstellen können“, sagt Adeline Westphal. Ihre Arbeit mache ihr viel Spaß, habe sie doch als Küsterin viele abwechslungsreiche Aufgaben zu erfüllen. Daneben engagiert sie sich zudem in anderen Bereichen ehrenamtlich.
 
Kirchen-Veranstaltungs-Management
 
Vor jedem Gottesdienstes sorgt Westphal dafür, dass alles so ablaufen kann, wie es sich der jeweilige Pastor wünscht. Während ehrenamtliche Kräfte den Altar bereits festlich mit Blumenschmuck hergerichtet haben, hat die Küsterin vorab – wenn nicht gestreamt wird - Mikrofone aufgebaut, deren Lautstärke angepasst, und/oder Headsets bereitgelegt, setzt Letztere gar während der Predigt per Fernbedienung in Betrieb, bzw. schaltet sie in den Pausen wieder ab. Westphal hat die erbetene Zahl an Lesepulten aufgebaut, das Liturgiebuch bereitgelegt, -falls nötig- die Antependien am Altar angepasst, Liedertafeln bestückt, Kerzen besorgt und angezündet sowie in der kalten Jahreszeit die Heizung richtig programmiert.
Natürlich ist die gesamte Kirche vor dem Eintreffen der Leute sauber gesaugt, gefeudelt, alle Flächen sind gewischt. Selbst die Leuchter sind dann frisch gereinigt. „Sogar der Turm muss manchmal noch durchgewischt werden“, sagt Westphal schmunzelnd. „Ansonsten endet hinter der Orgel mein Zuständigkeitsbereich.“
Wobei auch hier Ausnahmen die Regel bestätigen. Zu Beginn der kürzlich beendeten Bauarbeiten am Glockenturm musste die Küsterin am Sicherungskasten die Turmuhr abstellen und damit gleichzeitig die Glocken außer Betrieb setzen. Denn wenn Glockengeläut eingesetzt hätte, wären die Vibrationen für die Handwerker zu stark gewesen. Daher standen Uhr und Glocken auch während der gesamten Bauzeit still.
Selbst um die Wartung der Feuerlöscher kümmert sich Adeline Westphal. Nicht umsonst ist sie an sechs Tagen in der Woche in der Kirche aktiv. Zur Weihnachtszeit sucht sie in Absprache mit dem Kirchenvorstand ebenfalls noch den Weihnachtsbaum aus und lässt ihn durch den Bauhof anliefern.
Wird ein Abendmahl gereicht, hat sie alle Kelche vorbereitet, den Wein eingekauft, die Oblaten besorgt und reinigt immer wieder alle großen und kleinen Kelche bzw. desinfiziert diese fachgerecht. Wenn Kindstaufen anstehen, rollt sie die bzw. das Taufbecken nach vorn und sorgt für geweihtes Taufwasser. Da Adeline mit ihrem Ehemann – der gern auch schon mal ehrenamtlich mithilft - in unmittelbarer Nähe zur Kirche wohnt, würde sie im „Notfall“ zudem schnell in der Kirche sein können, um zu helfen. Denn sie weiß haargenau, wo alles einsortiert ist.
 
An ihr führt kein Weg vorbei
 
Vor den Veranstaltungen schließt Adeline Westphal die Kirchentür(en) auf (und später wieder zu). Zu den Kirchengängen begrüßt sie die Besucher:innen an der Tür und unterstützt gegebenenfalls den Kirchenvorstand dabei, Gläubige zu ihren Plätzen zu geleiten, da in Pandemiezeiten exakt auf die Abstände geachtet werden muss. Ansonsten sitzt sie auf der Küsterbank – jeder Gast muss an ihr vorbei.
Wenn alle Bereiche der Kirche geöffnet sind, dürfen derzeit circa 120 Personen gleichzeitig an einem Gottesdienst teilnehmen – da alle Gäste lückenlos registriert werden müssen, um eventuell auftauchende Corona-Verdachtsmomente lückenlos aufklären zu können, hilft Westphal auch hier dem Kirchenvorstand, um den Einlass schneller abzuwickeln. „Ich muss mir alle Impfnachweise zeigen lassen“, bestätigt die Küsterin.
Überhaupt muss Westphal innerhalb wie außerhalb der Kirche stets „alles im Blick“ haben, um eventuelle Schäden sofort beheben (lassen) zu können. Im direkten Zusammenhang einer Veranstaltung hat sie nach dem Einlass den größten Teil ihrer Aufgaben erledigt. Um den Klingelbeutel (der derzeit nicht genutzt wird) kümmert sich der Kirchenvorstand. Abschließend muss Westphal nach Beendigung des Gottesdienstes alle Kissen wieder an ihren Platz legen, und ggf. Gesangsbücher wieder ins Regal stellen, bevor sie selbst die Kirche verlässt und die große Tür bis zum nächsten Einsatz hinter sich zuzieht.


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