Chance oder Bedrohung?
Seit Ende November 2022 kann jeder Mensch, der eine Mailadresse und eine Telefonnummer hat, den Chatbot ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) kostenlos nutzen und mit der künstlichen Intelligenz kommunizieren. Im Januar 2023 waren es bereits mehr als 100 Millionen Nutzer:innen und ChatGPT damit die bis dato am schnellsten wachsende Verbraucher-Anwendung.
Um zu verstehen, was genau ChatGPT eigentlich ist, fragt man die künstliche Intelligenz am besten selbst. „ChatGPT ist eine faszinierende neue Technologie, die auf natürlicher Sprachverarbeitung basiert und das Potenzial hat, unsere Art zu kommunizieren und zu arbeiten zu revolutionieren. Es handelt sich dabei um ein KI-Modell, das von OpenAI entwickelt wurde und in der Lage ist, menschenähnliche Konversationen zu führen und sogar Texte zu generieren. ChatGPT nutzt dabei neuronale Netze und große Datenmengen, um Texte in Echtzeit zu analysieren und darauf zu reagieren. Das Programm ist lernfähig und kann aus vergangenen Interaktionen und Gesprächen lernen, um so in der Zukunft noch bessere und menschenähnlichere Konversationen zu führen“, so die KI.
Ganz konkret kann ChatGPT also Texte aller Art, unter anderem Bewerbungen oder Kündigungen sowie Aufsätze, Gedichte, Referate und Reden schreiben und ist zudem in der Lage, große Datenmengen zu analysieren, Trends und Muster zu erkennen und als Resultat sogar medizinische Diagnosen zu stellen. Der Chatbot hört auch bei persönlichen Krisen zu und gibt auf Wunsch Tipps, wie man mit Stress oder Liebeskummer umgehen kann. Er schreibt auch gern einen Brief an den Freund, mit dem man sich gerade gestritten hat.
Auswirkungen auf Leben und Arbeit
Dass die künstliche Intelligenz unsere Art zu arbeiten und zu kommunizieren revolutionieren wird, ist auch unter Fachleuten unumstritten. So sagt der Tech-Investor Ludwig Ensthaler in einem Artikel der Zeitschrift „Horizont“ vom 26. Januar 2023, dass es in Arbeitsgebieten wie Text und Coding, aber auch in der Kreativindustrie künftig nicht mehr darum gehen werde, Lösungen zu entwickeln, sondern auszusuchen, was die KI liefere.
Michael Witzenleiter, Gründer des KI-Startups Conversion Maker, sieht einen Paradigmenwechsel im Markt der Suchmaschinen voraus. Nutzer:innen würden künftig eine direkte Antwort auf ihre Fragen erwarten und nicht mehr Tausende von möglichen Antworten, aus denen man sich die wichtigen Informationen selbst zusammensuchen müsse.
Auf mögliche Risiken, die ChatGPT berge, weist die künstliche Intelligenz auf Nachfrage selbst hin. Zum einen könne das System missbraucht werden, um bösartige Texte zu generieren, wie beispielsweise Spam-Nachrichten oder Fake News. Zum anderen könne die Entwicklung von ChatGPT auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben. Durch die Automatisierung von Textgenerierung und -analyse könnten in Zukunft viele Jobs in diesen Bereichen wegfallen. Es sei wichtig, die Technologie verantwortungsvoll und ethisch zu nutzen.
Schüler:innen nutzen ChatGPT
Dass auch Schüler:innen aus der Region ChatGPT bereits beim Erstellen der Hausaufgaben nutzen, bestätigt Ulrike Stepp, stellvertretende Schulleiterin am Gymnasium Osterholz-Scharmbeck. „Es sind wohl hauptsächlich einige ältere Schüler, die das Programm schon ausprobiert haben, wie hoch die Dunkelziffer an Nutzern ist, wissen wir aber noch nicht“, sagt Stepp.
Am Gymnasium werde gerade eine Strategie entwickelt, wie ChatGPT künftig sinnvoll in den Unterricht einbezogen werden könne und überlegt, ob sich die Anschaffung einer Software lohne, die erkennen kann, ob Texte von ChatGPT oder von einem Menschen geschrieben wurden.
ChatGPT könne durchaus eine Bereicherung sein, da man schnell an Informationen komme und dadurch Zeit spare. Diese Zeit könne dann dafür genutzt werden, noch tiefer in das jeweilige Thema einzusteigen und weiterzudenken. „ChatGPT als Ergänzung, aber nicht als Ersatz für selbstständiges Denken zu nutzen wird die größte Herausforderung der kommenden Jahre“, ist sich Stepp sicher.
Es gelte zudem zu Bedenken, dass bei der Nutzung von ChatGPT Quellennachweise verloren gingen und die Informationen generell als Fakten erscheinen. Dabei könnte es sich womöglich aber auch um Fake-News handeln.
Am Gymnasium Bremervörde ist vom Hype um ChatGPT dagegen noch nichts zu spüren. Oberstudiendirektor und Schulleiter Dr. Uwe Strohbach lässt ausrichten, dass er nichts zum Thema sagen könne.
Hintergrund
Das US-amerikanische Unternehmen OpenAI, das ChatGPT entwickelt hat und sich im Allgemeinen mit der Erforschung von künstlicher Intelligenz (KI, englisch Artificial Intelligence, AI) beschäftigt, wird unter anderem vom Unternehmer Elon Musk und Microsoft unterstützt.
Der OpenAI-Ko-Vorsitzende, Sam Altman, hält ein Übertreffen der menschlichen Intelligenz durch das auf mehrere Jahrzehnte konzipierte Projekt OpenAI für denkbar.
Zu beachten gilt, dass die Ergebnisse, die ChatGPT und alle anderen künstlichen Intelligenzen liefern, von den Daten abhängen, mit denen sie gefüttert werden. Bei ChatGPT enden diese derzeit im Jahr 2021. So weiß ChatGPT von dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 noch nichts.
Ein Interview mit ChatGPT lesen Sie hier https://www.anzeiger-verlag.de/bremervoerde/artikel/ich-bin-nur-ein-werkzeug