Gegen Rechtsextremismus aufstehen
Bremervörde. Der Cuxhavener Bundestagsabgeordnete Stefan Wenzel ist seit Juli 2022 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Am 5. März (ab 19 Uhr) wird er auf Einladung der Ortsgruppe der Grünen im Hotel Daub u.a über die Energiewende sprechen.
Der Anzeiger führte vorab ein Interview mit Stefan Wenzel.
Wie stellen Sie sich die Energie- und Wärmewende genau vor?
Die Bundesregierung hat in den letzten zwei Jahren einen neuen Rahmen gesetzt, um die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine zu dämpfen und die Transformation der Energieversorgung voranzutreiben. Dabei stützen wir uns auf die Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen der Verhandlungen zum Pariser Abkommen eingegangen ist. Die Ausbauziele für Fotovoltaik wurden verdreifacht, für Wind an Land verdoppelt. Auch für Offshore Wind wurden engagierte Ziele gesetzt. Außerdem wurde der flächendeckende Ausbau intelligenter Stromzähler endlich in die Wege geleitet, um den Zugang zu günstigen flexiblen Stromtarifen zu ermöglichen. Mit dem Gebäudeenergiegesetz haben wir eine Grundlage für langfristig bezahlbares Heizen geschaffen, denn in Zukunft werden sich Gas und Öl weiter verteuern. Für Deutschland bedeutet das mehr Energiesouveränität und weniger Abhängigkeit von autokratischen Staaten wie Russland bei der Energieversorgung.
Wie sehen Sie die Protestaktionen der Landwirte? Wird es in der „Dieselproblematik“ Änderungen im Gesetz geben, werden Subventionen eventuell doch nicht zurückgenommen?
Friedlicher Protest und Demonstrationen sind elementar für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung. Deshalb sehe ich die Proteste der Landwirte als legitimes Mittel, um Forderungen an die Politik zu stellen. Ich möchte aber deutlich machen, dass es klare Regeln und Grenzen gibt. Die sind dann erreicht, wenn vor Privathäusern von Politiker:innen demonstriert wird oder Symboliken wie ein Galgen, an dem eine Ampel hängt, benutzt werden. Auch Blockaden von Pressehäusern sehe ich sehr kritisch. Die Kürzungen in der Landwirtschaft wurden zum größeren Teil zurückgenommen, allerdings müssen alle Ressorts einen Teil beitragen, um den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden. Anlässlich der Proteste haben sich jedoch eine Reihe von Gesprächen ergeben, die weiter nach vorne blicken lassen und auch Probleme in den Blick nehmen, die auf die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte zurückzuführen sind und viele Betriebe zum Aufgeben gebracht haben.
Was wird für andere Berufsgruppen getan, die „am Abgrund“ stehen? Welche Möglichkeiten gibt es, hier zu unterstützen?
Ich bekomme viele individuelle Geschichten und Schicksale zugetragen, die mich persönlich betroffen und nachdenklich machen. Als Bundestagsabgeordneter ist meine Aufgabe, Politik ganzheitlich zu betrachten, verschiedene Argumente gegeneinander abzuwägen und an Gesetzgebungsverfahren mitzuwirken, aber natürlich fließen in meine Arbeit auch die vielen Gespräche ein, die ich mit Bürger:innen und Interessensvertreter:innen führe. Mit Beginn der Corona-Pandemie sind viele Herausforderungen zutage getreten und viele davon begleiten uns auch jetzt noch. Die Corona-Hilfen sind die umfangreichsten Finanzhilfen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Ich glaube, dass wir uns dieser Leistung bewusst sein sollten, wenngleich ich aus heutiger Sicht auf manche Entscheidungen, die während der akuten Pandemiephase getroffen wurden, anders blicke. Deutlich geworden ist unter anderem, dass wir, als Gesellschaft, vielen Berufen und Branchen mehr Wertschätzung entgegenbringen müssen und uns mit mehr Demut dem hinwenden sollten, was wir manchmal für selbstverständlich halten.
Wie bewerten Sie die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland?
Ich glaube, dass wir zurzeit die Folgen der Pandemie erleben, die wie ein Brennglas gewesen ist und uns auf die vielen Herausforderungen aufmerksam werden lassen hat. Ich sehe, dass viele Menschen mit den Krisen unserer Zeit zaudern und auch ich kenne diese Gefühle. Aber ich sehe auch ganz viel Hoffnung und Zuversicht in der Stimmung unseres Landes. Allein die Bilder von Tausendenden Demonstrierenden, die gegen Rechtsextremismus aufstehen, in großen und kleinen Städten und in vielen ländlichen Gemeinden, geben viel Hoffnung. Und es gibt viele weitere positive Entwicklungen und Beispiele, denen wir mehr Raum geben könnten.