Ralf G. Poppe

Intelligenter Gebäudeentwurf senkt Baukosten

Bremervörde. Der Bremervörder Architekt Lothar Tabery hat es geschafft, dass die von ihm entworfene Neue Grundschule Bremervörde in das jährlich bundesweit erscheinende Baukostenkompendium 2021 aufgenommen wird. Sein Entwurf gilt als vorbildhaft
 
Der Bremervörder Architekt Lothar Tabery beim Energie-, Bildungs- und Erlebniszentrum in Aurich, das er 2015 realisierte. Foto: eb

Der Bremervörder Architekt Lothar Tabery beim Energie-, Bildungs- und Erlebniszentrum in Aurich, das er 2015 realisierte. Foto: eb

Bild: Patrick Viol

Der Bau lag mit den Herstellungskosten weit unter dem Bundesdurchschnitt und fiel zudem größer als geplant aus. Die Veröffentlichung zeigt im Vergleich mit anderen Schulbauten, dass große Summen an Ausgaben gespart werden können, ohne Anbieter und ausführende Arbeitende unter Preis arbeiten lassen zu müssen, wenn die Kosten durch einen intelligenten Gebäudeentwurf geringgehalten werden. Dazu bedarf es aber auch einer Vergabepraktik von Bauaufträgen, die nicht Generalübernehmende bevorzugt.
 
Kleine Unternehmen ins Boot hohlen
 
Generalübernehmende (GÜ) erbringen bei Gebäuden nicht nur die Bau- sondern auch die kompletten Planungsleistungen in eigener Regie. GÜ überwachen sich und die Subunternehmen selbst. Für die Koordination und Risikoabdeckung hierbei kalkuliert der GÜ aber zusätzliche Regiekosten. Hinzu kommt, dass das Qualitäts- und/oder Abrechnungsergebnis nicht immer im Sinne des Auftraggebers ausfällt, wie Erfahrungen aus der Praxis zeigten. Die umfangreichen vom GÜ zu erbringenden Gesamtleistungen mit einer hohen Gesamtkostenverantwortung schränken zudem den Bieterkreis enorm ein, da kleinere Betriebe derartig umfangreiche Gesamtaufträge aus wirtschaftlichen Gründen nicht erbringen können. Der Auftraggeber hat dann also nur die Auswahl zwischen wenigen (großen) oftmals nicht regionalansässigen Firmen.
Fazit laut Tabery: Es lohnt sich, bei der Auftragsvergabe auf einen möglichst breiten Wettbewerb zu setzen. Das heißt, Aufträge kleinteilig zu vergeben, sodass auch kleine Unternehmen sich bewerben können. Damit, so Tabery, könne z. B. eine auftragvergebende Staat viel Geld sparen.
 
Erstes ökologisches Projekt 1991
 
Tabery hat mit seinem Büro bereits vor der Neuen Grundschule in Bremervörde diverse Schulbauten realisiert, u.a. den Umbau sowie die Erweiterung des Internatsgymnasiums in Bad Bederkesa. Aber auch kleinere Baumaßnahmen, Neubauten und Sanierungen gehörten zu seinem Berufsalltag. Darüber hinaus plante und baute der Bremervörder Architekt bereits 1991 die Umweltpyramide, eines der ersten Projekte ökologischen Bauens im Elbe-Weser-Dreieck. Zur Expo 2000 entstand das regionale Expo-Projekt „Eine-Welt-Kirche“ in Schneverdingen, komplett aus heimischen Hölzern und mit der ersten Brettstapelfassade Deutschlands. Sein beruflicher Höhepunkt ist anscheinend jedoch das 2015 fertig gestellte Energie-, Bildungs- und Erlebniszentrum (EEZ) in Aurich, welches Tabery ebenfalls nach einem gewonnenen Wettbewerb realisierte. Der Komplex, bei dem sich vier sichelförmige Gebäude um einen Innenhof gruppieren, bietet neben einer öffentlichen Ausstellung zahlreiche Bildungs- und Fortbildungsangebote für Schulen und Erwachsene aus ganz Niedersachsen und darüber hinaus.
 
Baukultur
 
Neben seiner Bürotätigkeit engagierte sich Tabery 27 Jahre lang berufspolitisch in der Architektenkammer Niedersachsen, von 2013 bis 2018 gar als Vizepräsident. Im Vorstand sowie in verschiedenen Ausschüssen setzte er sich besonders für die Belange der Berufskolleg:innen und die Baukultur auf dem flachen Lande ein. Tabery gründete in der Kammer mit Unterstützung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz den Beirat für Baukultur, einen mobilen Gestaltungsbeirat, der unabhängig und neutral mit qualifizierten Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen Kommunen in ganz Niedersachsen bei ihren Planungen berät. Dies ist vor allem für kleinere Gemeinden hilfreich, da diese oftmals in ihren Verwaltungen keine ausreichenden Planungskompetenzen besitzen. Der Baukultur ist Lothar Tabery, auch nach Übergabe seines Büros an einen Nachfolger zum Jahresbeginn 2018, dennoch treu geblieben. Als Vorsitzender des Forums BauKulturLand zwischen Elbe und Weser e.V. (www.baukulturland.de) bearbeitet er in Form von Vorträgen, Beratungen und Moderation öffentlicher Workshops mit engagierten Kolleg:innen diverse baukulturelle Themen. Die Gemeinden Fischerhude, Steinkirchen, Jork und Grünendeich, aber auch Investoren für Wohnungsbauvorhaben in Schiffdorf haben diese neue Art der Unterstützung bereits in Anspruch genommen. Ziel dieser Maßnahmen ist jeweils die Verbesserung des Informationsstandes der Entscheidungsträger, aber auch der Bevölkerung allgemein.
 
Fruchtbarer Dialog
 Die Fokussierung auf nachvollziehbare fachliche Argumente soll zu einem fruchtbaren Dialog über zu treffende Entscheidungen führen. Hierdurch wird auch die Schlichtung bestehender Meinungsdifferenzen erreicht. Mit dem Forum BauKulturLand hat Lothar Tabery mit Kolleg:innen und Touristiker:innen im Rahmen des vom Ministerium für Inneres, Bau und Heimat geförderten Projekts „Baukultur und Tourismus - Kooperation in der Region“ eine Website zum Thema „Spur der Steine“ entwickelt. Hier können Interessierte bisher rund 150 besondere Back- und Feldsteinbauten aus dem Elbe-Weser-Dreieck mit interaktiven Karten kennenlernen und sich eigene Besichtigungstouren zusammenstellen. Die Website ist unter baukultur-entdecken.museen-stade.de erreichbar. Pflege und Ergänzung der Website werden auch in Zukunft Taberys Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, so dass es für ihn trotz des beruflichen Ruhestandes wohl kaum Langeweile geben wird.


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