„Nein“ zu jeder Form von Gewalt
Niedersachsen (eb). Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November beklagt der Landesbeauftragte für Opferschutz, Thomas Pfleiderer, dass nach wie vor in unserer Gesellschaft viele Mädchen und Frauen tödlicher, sexualisierter und häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Es gilt ein „Nein“ zu jedweder Form von Gewalt, die Frauen tagtäglich erleiden. „Unser klares Ziel muss die Beseitigung dieser niederträchtigen Machtausübung sein. Jede Frau, die vor einem Übergriff bewahrt wurde, ist unsere Anstrengung wert. Der beste Opferschutz ist, wenn es gar nicht erst zur Tat kommt.“, so Pfleiderer.
Doch ist Gewalt noch immer schlimme Realität für viele Frauen. Der Opferschutzbeauftragte betont deshalb die Wichtigkeit von Unterstützungsangeboten und macht auf neuere Einrichtungen aufmerksam:
Erst kürzlich konnte er sich über das Hochrisikomanagement der Polizei informieren. Am 8. November hatte Pfleiderer in Goslar zum Regionalen Netzwerktreffen der Opferunterstützung eingeladen. Zusammen mit der Polizeiinspektion Goslar stellte die Polizeidirektion Braunschweig ihre strukturierte Bearbeitung von Fällen häuslicher Gewalt vor. Ziel ist es, die Gefahr für weitere – vor allem schwerwiegende – Taten richtig einzuschätzen und diese dadurch zu verhindern.
Frauen, die möglicherweise um ihr Leben fürchten müssen oder von schwerer Gewalt bedroht sind, sollen geschützt werden. Ihnen werden dann besondere Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen angeboten. Grundlage sind Fallkonferenzen, in denen Fachleute der Polizei, aus Jugendämtern, der Opferunterstützung und Staatsanwaltschaften wirksame Maßnahmen erarbeiten. Pfleiderer ist überzeugt von diesem speziellen Ansatz und begrüßt die schrittweise Einführung durch die Polizei in ganz Niedersachsen.
Großteil der Gewalttaten kommt nicht zur Anzeige
Ein Großteil der Gewalttaten gegen Frauen kommt jedoch oft nicht zur Anzeige, sie bleiben im sogenannten Dunkelfeld. Die Gründe sind vielfältig, warum Frauen die Taten nicht oder nicht sofort anzeigen. Beispielsweise wenn eine Beziehung zum Täter besteht oder der Wunsch dominiert, das Erlebte zu vergessen. Wenn dann aber nach einiger Zeit der Entschluss entsteht, die Tat doch anzuzeigen, sind Spuren und Beweise oft nicht mehr nachweisbar. Hier setzt das Netzwerk „proBeweis“ an (www.probeweis.de). Es bietet Hilfe, indem es Beweise nach häuslicher oder sexueller Gewalt unabhängig von einer Anzeige gerichtsverwertbar dokumentiert. Die Polizei wird dabei nicht eingeschaltet. Für diese Untersuchungen hat sich ein niedersachsenweites Netzwerk von 46 Kliniken gebildet. Die Spuren werden für mindestens drei Jahre gelagert. Das gibt den verletzten Frauen Zeit, über eine Anzeigeerstattung nachzudenken.
Traumaambulanzen bieten kostenlose Soforthilfe
Neben den körperlichen Verletzungen hat Gewalt vielfach aber auch psychische Folgen. Für die Akutversorgung bieten Traumaambulanzen in Niedersachsen eine Soforthilfe zur psychischen Stabilisierung und können so schwere Traumafolgestörungen verhindern.
Mit dem neuen Sozialgesetzbuch 14 (SGB XIV) besteht ein gesetzlicher Anspruch für Betroffene von Gewalttaten auf bis zu 15 Sitzungen (für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Sitzungen). Unter Gewalttaten werden zukünftig nicht nur rein körperliche Angriffe gefasst, sondern auch psychische Gewalt wie etwa bei Stalking. Die Kosten für die Behandlung in den Traumaambulanzen trägt der Staat; zuständig ist das Niedersächsische Landesamt Soziales, Jugend und Familie.
„Bei all den verschiedenen Angeboten kann eine Beratungsstelle eine kompetente Begleitung bieten, die den Betroffenen die verschiedenen Hilfsmöglichkeiten erklärt und mit ihnen die weiteren Schritte geht.“, erklärt Pfleiderer und hebt hierbei die Beratungs- und Interventionsstellen gegen Gewalt besonders hervor. Die BISS, wie die Stellen abgekürzt werden, unterstützen Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Im Bereich jeder Polizeiinspektion in Niedersachsen befindet sich eine solche Beratungsstelle.
Gewaltspirale durchbrechen
„Wichtig ist mir, dass von Gewalt betroffene Frauen das Erlebte nicht mit sich alleine ausmachen und denken, das sei doch eine ‚Privatsache‘. Es gibt ein sehr gutes und professionelles Unterstützungsnetzwerk. Wenn der erste Kontakt hergestellt wurde, egal zu welcher Stelle, kann es von dort aus weitergehen und Gewaltspiralen durchbrochen werden“, fasst Pfleiderer zusammen.