Reparieren statt wegwerfen
Bügeleisen, Föhn, Toaster, Kaffeemaschine oder Lampe kaputt? Weil Reparaturen von solchen Elektrogeräten meist aufwendig und teuer sind, landen sie als Elektroschrott auf dem Müll. Etwa 20 Kilogramm produziert jede:r Deutsche davon durchschnittlich im Jahr. Und nicht einmal ein Viertel aller defekten Elektrogeräte wird aktuell repariert. Das muss sich ändern, fordert ein breites Bündnis aus 26 zivilgesellschaftlichen Organisationen und setzt sich deshalb für einen bundesweiten Reparaturbonus für Elektrogeräte ein.
Künftig solle der Staat 50 Prozent der Reparaturkosten bis zu 200 Euro erstatten. Die Organisationen übergaben in der vergangenen Woche dazu mehr als 70.000 Unterschriften an Bundesumweltministerin Steffi Lemke - die sieht allerdings im aktuellen Haushalt keinen Spielraum für einen bundesweiten Reparaturbonus. Für den hatten sich im Juli 2023 bereits die Verbraucherschutzminister:innen ausgesprochen, auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert ihn. Nach Österreich und Thüringen haben in diesem Jahr zudem weitere Bundesländer wie Bremen, Sachsen und Berlin den Bonus eingeführt oder planen eine Einführung.
„Unser Verbrauch an metallischen Rohstoffen trägt massiv zur Klimakrise bei und führt zu Menschenrechtsverletzungen im Globalen Süden. Wir haben eine globale Verantwortung, unseren viel zu hohen Rohstoffverbrauch zu senken! Das geht nur, wenn wir Metalle nachhaltig nutzen, statt sie zu verschwenden. Dafür muss es endlich einfacher und günstiger werden, Elektrogeräte zu reparieren“, erklärt Julius Neu, Referent für Rohstoffpolitik beim Verein INKOTA, der u.a. auch Zugang zu Ersatzteilen für alle Privatpersonen und Reparaturbetriebe zu einem angemessenen Preis sowie zu reparaturrelevanten Produkt-Informationen fordert. Insbesondere, weil die Mehrheit der Bevölkerung grundsätzlich defekte elektronische Geräte reparieren lassen wolle.
Erfolgreiche Repair Cafés in der Region
Das wird auch in den ehrenamtlich betriebenen Repair Cafés in der Region deutlich, die es inzwischen unter anderem in Osterholz-Scharmbeck, Lilienthal, Worpswede, Schwanewede, Bremervörde und Beverstedt gibt. Zu den regelmäßigen Terminen der Kümmerer im Gemeindehaus in Hambergen kommen stets um die 30 Menschen, die ihre defekten Computer, Lampen, Werkzeuge und Co. mit Hilfe ehrenamtlicher Tüftler:innen reparieren lassen wollen, berichtet Harald Baumgart. Der ehemalige Maschinenbautechniker leitet das 2016 eingerichtete Repair Café bereits seit 2019 und freut sich, dass etwa 70 Prozent der Geräte zu neuem Leben erweckt werden können.
Die insgesamt 16 engagierten „Reparierer:innen“ hätten alle unterschiedliche Stärken, einige seien inzwischen auch auf Computer und Smartphones spezialisiert. Auch Drucker oder Nähmaschinen könnten gegen eine Spende repariert werden. Geöffnet ist das Repair Café in Hambergen wieder am Freitag, 10. November, ab 14.30 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Viele neue Geräte sind nicht reparaturfähig
Die Einführung eines Reparaturbonus hält Baumgart grundsätzlich für eine gute Idee, weist aber auch darauf hin, dass viele neuere Geräte teilweise gar nicht reparaturfähig seien. Bei vielen hochwertigen Kaffeemaschinen sei zum Beispiel keine einzige Schraube verbaut, alles sei verklebt, oder verklemmt und an das Innenleben nur schwer heranzukommen.
Weil es auch deshalb teilweise sehr zeitaufwendig sei, elektronische Produkte zu reparieren, würden Reparaturanfragen häufig in Geschäften abgelehnt, berichtet Wolfgang Zuber vom Reparaturcafé Bremervörde-Oerel, das jeden dritten Samstag im Monat im Mehrgenerationenhaus in Oerel, Bohlenstraße 16, stattfindet. Die Einführung eines Reparaturbonus sieht der Berufsschullehrer für Elektrotechnik deshalb und auch wegen des hohen Verwaltungsaufwandes kritisch. Letztlich gehe es der Industrie ja um Umsätze, und die ließen sich vor allem mit dem Verkauf von neuen Geräten erzielen.
Gleichwohl stellt auch er fest, dass viele Verbraucher:innen defekte Geräte lieber reparieren möchten, anstatt sich etwas Neues zu kaufen. Mit der im Reparaturcafé angebotenen Hilfe zur Selbsthilfe gelinge die Reparatur in rund 75 Prozent der Fälle, erklärt Baumgart, der sich gemeinsam mit 16 anderen Ehrenamtlichen in Oerel engagiert - das jüngste Mitglied ist 16 Jahre alt.
Und Baumgart sieht in den Repair Cafés noch einen weiteren positiven Effekt. „Häufig kommen auch Menschen zu uns, die sich über den Austausch und einen Kaffee und Kuchen in Gesellschaft freuen“, sagt der Berufsschullehrer.