Vorgehen bei Schweinepest
Anfang September meldeten die zuständigen Behörden den ersten bekannt gewordenen Fall von Afrikanischer Schweinepest auf deutschem Boden. Um vor allem die Jägerschaft darüber zu informieren, wie sich die Seuche inzwischen verbreitet hat und was möglicherweise auch auf den Landkreis Rotenburg zukommen kann, hatte das Veterinäramt kürzlich zu einem Vortrag zum Thema eingeladen.
60 Teilnehmer beim Online-Vortrag
Den aktuellen Corona-Maßnahmen geschuldet konnte Dr. Joachim Wiedner vom Veterinäramt seine Gäste nur online begrüßen. Doch über 60 Interessierte nutzen die Gelegenheit den aktuellen Sachstand aus erster Hand zu erfahren.
„Wir haben mehrere Hotspots in Europa“, begann Joachim Wiedner seinen Vortrag und verwies auf das hohe Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Polen, Ungarn und Rumänien.
Der erste Fall auf deutschem Boden wurde nach seinen Worten am 10. September in Brandenburg bekannt. „Man fand dort eine zweijährige Bache im Zustand fortgeschrittener Verwesung.“
Aktuell knapp 300 Fälle in Brandenburg und Sachsen
Es folgten Fälle bei Eisenhüttenstadt, im Landkreis Märkisch-Oderland und im sächsischen Landkreis Görlitz. Aktuell gebe es „248 Fälle in drei Brandenburger Landkreisen und 15 in einem sächsischen Landkreis“, so Wiedner weiter.
Die zuständigen Behörden reagierten mit der Einrichtung so genannter Restriktionszonen. „In einem Radius von 15 Kilometer um den Fundort eines infizierten Tieres sprechen wir von gefährdetem Gebiet.“ Darum angeordnet finden sich weitere Pufferzonen, so dass man im Osten Deutschlands inzwischen auf eine Fläche von rund 5.000 Quadratkilometer kommt, die durch die Afrikanische Schweinepest betroffen ist.
Parzellierung in kleine Flächen
Bei einem Auftreten der Seuche im Landkreis Rotenburg wäre das nach Worten Wiedners nicht anders. „Das entspräche der Fläche der Landkreise Rotenburg, Osterholz, Verden und Stade zusammen. Das wäre eine gewaltige Gebietskulisse.“
Der Aufbau von Zäunen in den betroffenen Gebieten mache die Parzellierung in kleinere Flächen und damit die Jagd auf Schwarzwild möglich.
Was aber würde auf die Jägerschaft im Landkreis zukommen, wenn die Afrikanische Schweinepest bei einem Wildschwein nachgewiesen werden würde? Zunächst müssten die zuständigen Ämter überlegen, wie die Restriktionsgebiete festzulegen sind. Neben einem Kerngebiet mit einem Radius von vier Kilometern um die Fundstelle sind das das so genannte gefährdete Gebiet (Radius 15 Kilometer) und eine Pufferzone mit 30 Kilometer Radius.
Jagdruhe auf alle Tierarten
Was folgen werde, sei die Anordnung der sofortigen Jagdruhe auf alle Tierarten. „Damit soll gewährleistet werden, dass die Wildschweine nicht unruhig werden und damit in andere Gebiete abwandern“, erklärte Joachim Wiedner. Das bedeute auch ein „absolutes Betretungs- und Nutzungsverbot von Wald- und landwirtschaftlichen Flächen.“
Der nächste Schritt sei ein provisorischer Zaunbau. Auf die Jägerschaft kommt dann die Suche nach so genanntem Fallwild, also verendeten Wildschweinen, zu.
„Virusbomben entschärfen“
„Fallwild muss auf jeden Fall geborgen werden. Kadaver können noch bis zu anderthalb Jahre infektiös sein“, machte Joachim Wiedner klar. „Diese Virusbombe müssen wir entschärfen.“
Mit bis zu zehnköpfigen Teams solle dann zügig eine möglichst große Fläche abgesucht werden. Von bis zu 30 Hektar pro Tag und Team gehen die Verantwortlichen je nach Geländebeschaffenheit aus. Auch Drohnentechnik könne in schwer zugänglichen Bereichen eingesetzt werden.
„Bis zum Totalabschuss“
Nach dem Zaunbau hieße es dann: Verstärkte Bejagung bis zum Totalabschuss. „Ich weiß, das hat für viele nichts mehr mit Jagd zu tun. Aber wir befinden uns auch nicht in der Jagd sondern in der Seuchenbekämpfung.“
Erlegte Wildschweine müssten zu einem Sammelpunkt gebracht und anschließend labortechnisch untersucht werden. Zur weiteren nahrungstechnischen Nutzung dürften geschossene Tiere in den meisten Fällen nicht genutzt werden. „Ich hoffe, dass uns das Ganze erspart bleiben wird“, stellte Wiedner klar.
Enorme wirtschaftliche Schäden
Dass die Afrikanische Schweinepest schon jetzt nicht ohne Folgen für die Bundesrepublik bleibt, macht eine Zahl eindrucksvoll klar: „Der bisher entstandene Schaden beträgt rund 1,3 Milliarden Euro“, sagte Joachim Wiedner. Vor allem der sofort verhängte Einfuhrstopp deutschen Schweinefleisches in Importstaaten in aller Welt verursache enorme wirtschaftliche Schäden.