Hermann Kuhn

Essay: Israel hat das Recht, in Sicherheit leben zu können

Für Jüdinnen und Juden in Israel und weltweit bestimmt der mörderische Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 weiterhin ihr Leben - auch weil die internationale Gemeinschaft antisemitischem Terror und dessen Relativierung kaum entgegentrat.

Am 7. Oktober 2023 verschleppte die Hamas über 250 Geiseln. Heute sind noch 100 von ihnen in Geiselhaft, darunter auch der vierjährige Ariel und sein neun Monate alter Bruder Kfir.

Am 7. Oktober 2023 verschleppte die Hamas über 250 Geiseln. Heute sind noch 100 von ihnen in Geiselhaft, darunter auch der vierjährige Ariel und sein neun Monate alter Bruder Kfir.

Bild: Bringthemhomenow.net

Nach jüdischer Tradition sitzen Familie und Freunde sieben Tage Trauer im Haus von Verstorbenen. Dann geht das Leben weiter. Aber diese sieben Tage sind für Israelis nach dem 7. Oktober 2023 noch nicht vorbei. Dieser Tag bestimmt bis heute ihr Leben und ihr Handeln, er war ein tiefer Einschnitt, vergleichbar nur mit der Shoah und der Gründung des Staates.

Am Morgen des 7. Oktober haben Terroristen aus Gaza die Kibbuzim, Orte und ein Musikfestival im Süden Israels überfallen, in einem unfassbar brutalen Ausbruch von Hass und Gewalt. Sie haben die Häuser geplündert und zerstört; 1200 Menschen gefoltert, verstümmelt, vergewaltigt, verbrannt, getötet; 250 Menschen in die Terror-Tunnel Gazas verschleppt. Juden wurden getötet, nur weil sie Juden waren; und Muslime, weil sie friedlich mit Juden zusammenlebten.

 

Zukunft nur ohne Hamas

Das immer wieder erklärte Ziel der Hamas ist es, den jüdischen Staat Israel auszulöschen. Der Überfall sollte ein Fanal sein: der Beweis, dass erfolgreicher Terror gegen Juden möglich ist. Die Aufforderung zu weiteren vom Iran gesteuerten Angriffen vom Norden, Osten und Süden - aber auch ein Signal an islamistische Fanatiker hier in Europa. Deshalb haben die Terroristen ihre Mordtaten selbst gefilmt und ins Netz gestellt - Söhne meldeten ihren Eltern stolz, wie viele Juden sie mit eigener Hand getötet hatten.

Wenige Tage später ist die Hamas dann in die Pose des unschuldigen Opfers und Anklägers geschlüpft. Aber Israel hat das Recht auf Verteidigung, hat das Recht, dafür zu sorgen, dass die Hamas nie wieder ein solches Massaker verüben kann. In dieser Auseinandersetzung sind bis heute leider viele Opfer zu beklagen - aber es sind Opfer in Verantwortung der Hamas, die diesen Krieg begonnen hat. Der Hamas sind die Opfer der eigenen Bevölkerung gleichgültig, sie haben sie zynisch einkalkuliert, indem sie Waffenlager und Abschussrampen in Wohnhäusern, Schulen, Krankenhäusern installiert haben, der Bevölkerung aber Schutz in den Tunneln verwehren. Auch für die Bevölkerung in Gaza wird es eine Zukunft in Freiheit nur geben, wenn die Diktatur der Hamas beendet ist.

 

Bring Them Home Now!

Noch kämpft die Hamas mit allen Mitteln um ihr Überleben als Terrororganisation in Gaza, auch mit dem abscheulichen Verbrechen der Geiselnahme. Noch immer sind 101 Menschen, Frauen und Männer, sehr Alte und sehr Junge, in der Hand der Hamas, im Dunkel der Tunnel. Niemand weiß, wer noch am Leben ist; wenn sich israelische Soldaten nähern, gibt die Hamas den Befehl zum Mord. Die Bilder der Geiseln sind in Israel allgegenwärtig, das Ringen um den richtigen Weg, sie freizubekommen, bewegt und entzweit die israelische Gesellschaft. Aber der Ruf „Bring them home now!“ muss auch unser Ruf sein.

 

Antisemitische Hetze angestiegen

Auch die Jüdinnen und Juden in Deutschland haben die Auswirkungen des 7. Oktober zu spüren bekommen. Wir haben die bittere Erfahrung machen müssen, dass das Massaker auf unseren Straßen gefeiert werden konnte, dass es verharmlost, relativiert, beschwiegen und Ende sogar ganz geleugnet worden ist. Nicht einmal das Einfachste, Mord als Mord zu sehen und zu verurteilen, Vergewaltigung als Vergewaltigung, war noch Konsens. Stattdessen stieg bei uns die Zahl judenfeindlicher Hetze und Taten. Woche für Woche werden hier Losungen gerufen, die ein Ende des jüdischen Staates fordern. Längst hat ein großer Teil auch der deutschen Öffentlichkeit den Angegriffenen, der sich verteidigt, als Angreifer verurteilt.

Das wiederholt sich in den letzten Tagen: Ein Jahr wurde kaum über die Aggression der Hisbollah gegen Israel gesprochen, jetzt wird die entschiedene Gegenwehr Israels scharf kritisiert – auch von der internationalen Gemeinschaft, die im Libanon versagt und ihr Wort gebrochen hat.

 

Das Versagen der UN

Die Hisbollah, die „Partei Gottes“, ist der verlängerte Arm des Iran, von ihm gegründet und finanziert, hochgerüstet, die größte „Privatarmee“ der Welt; mit Irans Hilfe beherrscht die Hisbollah heute einen großen Teil des Libanon, hat weltweit Terroranschläge verübt. Sie ist die Trumpfkarte des iranischen Regimes bei dem Ziel, Israel auszulöschen und die Vorherrschaft im Mittleren Osten zu erringen.

Seit dem 8. Oktober 2023 hat die Hisbollah, ohne jeden Anlass von israelischer Seite, den Norden Israels angegriffen, einen „zweiten 7. Oktober“ angekündigt. Mit Tausenden Raketen, die Wälder und Felder in Brand gesetzt, Häuser zerstört und Menschen getroffen haben. Weit mehr als 60.000 Israelis mussten aus ihrer Heimat evakuiert werden und leben seither als Flüchtlinge im eigenen Land. Die Stadt Kiryat Shmona ist heute eine Geisterstadt.

Der Beschuss der Hisbollah kommt zum großen Teil aus dem Grenzgebiet des Libanon zu Israel. Die UN hatte dieses aber 2006 zur waffenfreien Zone erklärt und ein Mandat zur örtlichen Überwachung übernommen. Jedoch hat die UN nie etwas gegen die massive Aufrüstung der Hisbollah unternommen. Israels Angriffe - auch hier u.a. auf Abschussrampen in Privathäusern - zielen nun darauf ab, der Hisbollah jede Fähigkeit zu nehmen, ihre Aggressionen fortzusetzen. Die Bürgerinnen und Bürger Nordisraels müssen endlich wieder sicher in ihrer Heimat leben können - dafür muss die Bedrohung aus dem Grenzgebiet des Libanon endlich ein Ende haben.

Die Hamas und dann die Hisbollah haben diesen Krieg begonnen - sie müssen nun zur Beendigung gezwungen werden. Frieden mit Israel ist möglich, das sieht man an den Grenzen zu Jordanien und Ägypten, an den Abkommen mit arabischen Staaten. Es muss ein Frieden sein, der Terror in Zukunft verhindern kann; aber auch ein Frieden, der allen Menschen der Region eine Chance auf ein Leben in selbstbestimmten, demokratischen Gesellschaften eröffnet – da ist auch Israel in der Pflicht.

 

Dr. Hermann Kuhn ist Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen/Unterweser, die zu einer Mahnwache am 7. Oktober um 17 Uhr auf dem Bremer Marktplatz aufruft.


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