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Können Quallen Plastik verwerten?

Folge zwei unserer Wissensrubrik: Plötzlich Wissen.

Wer schon immer mal eine naturwissenschaftliche Frage rund um das Thema Meere und Ozeane von Wissenschaftler*innen verständlich beantwortet bekommen wollte, hat in unserem neuen, monatlich erscheinenden Format: „Plötzlich Wissen“ die Gelegenheit dazu. Beantwortet werden die Fragen von den Wissenschaftler*innen Dr. Julia Schnetzer, Inga Marie Ramcke und Dr. André Lampe, die das Projekt Plötzlich Wissen 2016 starteten, indem sie Fragen in Kneipen beantworteten. Und jetzt auch im ANZEIGER.
Diese Woche beantwortet Dr. Julia Schnetzer die Frage: Ist es wahr, dass Quallen Plastik verwerten und sich dadurch mehr vermehren?
So, wie viele andere Meerestiere, fressen auch Quallen Plastik oder verheddern sich darin. Das wurde allerdings erst 2018 in einer wissenschaftlichen Studie beschrieben. Quallen haben lange Tentakeln mit denen sie ihre Nahrung, meist Zooplankton oder kleine Fische, fangen. Das ist recht unselektiv und hierbei gehen ihnen eben auch Plastikteile ins Netz. Sie können diese jedoch nicht verdauen, also nicht als Nahrungsquellen nutzen, sprich verwerten. Ob es schädlich für die Quallen ist, Plastik zu fressen, ist noch unklar. Falls sie aber das Plastik nicht ausscheiden können und es sich im Magen ansammelt, könnte es nicht nur fatal für die Qualle sein, sondern auch für die Tiere, die wiederum die Qualle, und damit auch das Plastik darin, fressen. Demzufolge vermehren sich die Quallen auch nicht stärker, weil sie Plastik fressen.
 
Quallenblüte
 
Vermehren sich Quallen überhaupt in den letzten Jahren mehr als früher? Man hört oft, dass immer häufiger sogenannte Quallenblüten (Massenvorkommen) auftreten, die zu beachtlichen Problemen führen. Sie verstopfen Kühlsysteme, sodass schon Atomkraftwerke abgeschaltet werden mussten. Sie sind eine Bedrohung für Aquakulturen, da die Quallen Fischlarven fressen und so den Fortbestand der Fische bedrohen. Sie verstopfen Fischernetze und sind ein Problem für den Tourismus, wenn Strände gesperrt oder von massenweise gestrandeten Quallen gereinigt werden müssen. Es wird vermutet, dass vor allem die Überfischung, der Eintrag von Düngemittel und die Klimaerwärmung Schuld ist an der Quallenplage. Das ist allerdings wissenschaftlich gesehen nicht bewiesen und beruht nur auf Hypothesen. Wichtig ist hier auch, anzumerken, dass nur wenige Quallenarten überhaupt Blüten bilden. Forscher*innen haben sogar (mit den wenigen Daten die es gibt, Quallen sind in der Forschung lange nicht sehr beliebt gewesen) gezeigt, dass es seit den 70er-Jahren weltweit nur einen minimalen Anstieg an Quallenblüten gab und es scheint, als ob die Quallenreproduktion oszilliert: Alle 20 Jahre gibt es ein erhöhtes Aufkommen von Quallenblüten. Hier muss also noch geforscht werden.
 
GoJelly-Projekt
 
Ich könnte mir vorstellen, dass die Frage, ob Quallen Plastik verwerten können, auf einer Assoziation mit dem GoJelly Projekt beruht. Das GoJelly Projekt ist ein Horizon 2020 gefördertes Projekt, bei dem Quallen Mucus, also der Schleim, der die Quallen überzieht, genutzt werden soll, um biologische Mikroplastikfilter für Kläranlagen zu bauen. Der Quallenschleim zieht nämlich Nanopartikel an wie ein Schwamm. In dem Schleim befinden sich Glykoproteine und Glykane und diese reagieren mit den Nanopartikeln - wahrscheinlich auf Grund von Ladungsdifferenzen der Moleküle zu den Nanopartikeln. Wie nun diese Filter genau gebaut werden sollen, konnte ich leider nicht herausfinden, aber das Projekt läuft gerade erst seit einem Jahr und ich bin gespannt, was dabei herauskommt.
Dr. Julia Schnetzer
„Plötzlich Wissen!“ wurde im Wissenschaftsjahr 2016/17 ins Leben gerufen und beschäftigt sich mit dem Thema Meere und Ozeane, das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Weitere Fragen und Antworten sind auch unter www.ploetzlichwissen.de zu finden. Haben Sie selbst eine spannende Frage an die drei Wissenschaftler*innen? Dann schicken Sie ihre Frage mit dem Stichwort „Plötzlich Wissen“ an redaktion@anzeiger-verlag.de.


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