„Muss das nass?“: Moore und Klimaschutz
Moore haben an der Fläche Niedersachsens einen Anteil von circa. 10%, insgesamt gliedert sich diese Fläche in 73% der Hochmoore und 18% der Niedermoore ganz Deutschlands. Damit sind in Niedersachsen 38% aller bundesweiten Moorflächen. Davon werden rund 70% der niedersächsischen Hoch- und Niedermoore augenblicklich landwirtschaftlich genutzt.
Moore sind ein enormer Kohlenstoffspeicher, werden sie kultiviert und damit landwirtschaftlich genutzt, geht diese essentielle Speicherfähigkeit verloren. Bei Aufzehrung des Torfes wird weiterer gebundener Kohlenstoff freigesetzt. Die politisch gewollte Entwässerung der letzten Dekaden hatten neben Effekten wie Ernährungssicherung also im hohen Maße Emissionen verursacht. Für die im Klimaschutzgesetz ratifizierte angestrebte Klimaneutralität bis 2045 müssen auch die Emissionen der Moore gesenkt werden. Das ist gerade im 65.000 Hektar großen Landkreis Osterholz enorm wichtig, durch die Agglomeration an Mooren ist dieser deutschlandweit am höchsten betroffen.
Niedersachsen fordert großen Teil der Fördergelder
Die niedersächsische Landtagfraktion der CDU und SPD betonen in einem Antrag vom 17. Mai die Wichtigkeit von Maßnahmen, wobei im besonderen Maße auf Ausgleiche und Schutz für die Landwirtinnen und Grundbesitzer:innen eingegangen wird. Weiterhin besteht die Forderung, einen hohen Anteil der 330 Millionen Euro, die bis 2025 vom Bund für die Wiedervernässung von Moorböden ausgeschüttet werden, für Niedersachsen zu Verfügung zu stellen. Axel Miesner, Landtagsmitglied der CDU gibt zu verstehen: „Es geht darum, die intakten Moore zu schützen, ihren Beitrag für den Klimaschutz zu nutzen, aber auf der anderen Seite unserer Landwirtschaft und der damit verbundene Wertschöpfung eine Perspektive zu geben“. Nutzbargemachte Moorstandorte prägten den Landkreis Osterholz, daher habe die Politik eine große Verantwortung gegenüber betroffenen Landwirtinnen und Grundbesitzerinnen.
Landkreis soll Vorreiter werden
Bei der Podiumsdebatte „Moor – muss das nass?“ diskutierten die Grünen über die Chancen und Risiken der Transformation von Moorbewirtschaftung und die notwendige Synthese von Moor- und Klimaschutz. Anwesend waren neben der Moderatorin Dörte Gedat (Fraktionsvorsitzende der Kreistagsfraktion) Miriam Staudte (stv. Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag), Dr. Hans Gerhard Kulp (Biologische Station Osterholz), Kreislandwirt Stefan Warnken (Landvolk Osterholz) und Dezernent Dominik Vinbruck (Landkreis Osterholz). Dazu kamen in weiteren Gesprächsrunden Dr. Jutta Kemmer (Grüne Kreistagsfraktion), Thorsten Milenz (Touristikagentur Teufelsmoor) und Hans Lütjen-Wellner (Landwirt).
Alle Diskutierenden sind sich einig: Der Landkreis Osterholz sollte eine Vorreiterrolle einnehmen und als meist betroffener Landkreis Deutschlands - alleine das Teufelsmoor nimmt im Landkreis 20.000 Hektar ein und wird zum Großteil landwirtschaftlich genutzt - zu einer Modellregion für die Reduktion der Umwelt- und Klimafolgen werden.
„Das Moor ist ein riesiger CO2-Speicher, bei Kultivierung wird diese Fähigkeit eingeschränkt: Ein Hektar Grünland mit Milchvieh emittiert jährlich bis zu 30 Tonnen CO2-Äquivalente. Im Landkreis Osterholz werden aus Mooren jährlich bis zu 610.000 Tonnen CO2-Äquivalente emittiert“, gibt Hans Gerhard Kulp zu verstehen. Das sei im Landkreis die größte Emissionsquelle und ein Problem, dem man sich stellen müsse.
Vier Milliarden sind nur der Anfang
„Das ist nicht nur Naturschutz, sondern auch Klimaschutz“, sagt Dezernent Vinbruck. Klimagerechte Moorwirtschaft müsse jetzt mehr im Fokus stehen, da sie in den vergangenen bei der Kreispolitik oft auf Ablehnung getroffen sei, merkt Dörte Gedat an. Laut Miriam Staudte seien die vier Milliarden Euro des Bundes für Klimaschutz ein guter Anfang, aber längst nicht ausreichend.
Auch die anderen Teilnehmer:innen sind sich einig, dass alleine die Kosten für eine nationale Moorstrategie deutlich höher sein dürften. Einig ist sich der Großteil auch, dass es im Landkreis einer übergeordneten Institution bedürfe, die Fördermittel akquiriert und den Wandel koordiniert. „Der Wandel muss schnell folgen, da Klimabelastungen nach 2045 nach dem Verursacherprinzip und nicht mit Fördermitteln gelöst werden,“ bemerkt Kulp.
Landwirtschaft als Wirtschaftsfaktor
Landwirt Warnke sagt: „Wir sind ein Wirtschaftsfaktor für die Region. Es ist nicht nur die Landwirtschaft betroffen, das sind auch Sie als Gesellschaft!“ 7000 bis 10000 Euro Umsatz pro Region pro Hektar erziele intensive Landwirtschaft im Landkreis. Die Landwirtschaft müsse die Emissionen aber in jedem Fall stark eindämmen, denn die Industrie reduziere sie fortwährend - so erhöhe sich der Gesamtanteil der landwirtschaftlichen Emissionen prozentual fortwährend.
Über progressive Möglichkeiten für Landwirte klärt Hans Lütjen-Wellner auf. So könne Heu, das nicht verfüttert wird, zu Pellets für die Verbrennung verarbeitet werden, darüber hinaus könne es als stabiles Material in vielerlei Hinsicht oder als Dämmung dienen. So werde das gebundene CO2 in dem Material gespeichert.
Für eine nachhaltige Moornutzung sei ein ineinandergreifendes und schlüssiges Konzept notwendig. Maßnahmen wie die Eindämmung des Torfabbaus, Ackerland zu extensivem Grünland umzuwandeln und teilweise Wiedervernässung von Moorflächen werden wahrscheinlich notwendig sein. Verschiedene Maßnahmen müssten getestet und ihr Nutzen evaluiert werden, denn es sei essentiell zu handeln, um den Zielen des Pariser Klimaabkommens gerecht zu werden. Mit der Nutzung von Agrophotovoltaik, den oben genannten Möglichkeiten oder dem Ausbau des Tourismus, der nach Milenz möglich sei, gebe es in diesem Wandel auch Chancen.
Wichtig sei, dass bei der Lösung ein Gleichgewicht der Akteurinnenhergestellt wird. Weder Landwirtinne, noch Grundbesitzer:innen, Naturschützer:innen, die Forstwirtschaft oder andere Teile der Gesellschaft dürften vernachlässigt werden. So müssten die Existenz der Landwirtinnen und ihre Grundstücke und Eigenheime gesichert werden, gleichzeitig aber die Treibhausgasemissionen eingedämmt, und Artenvielfalt der Flora und Fauna gesichert werden. Dafür seien zielgerichtete und langfristig angesetzte Maßnahmen erforderlich.