Versorgung mit Einschränkungen
Landkreis. Wenn es um die auskömmliche Ausstattung und Finanzierung von Krankenhäusern geht, sprechen Politiker von „Daseinsvorsorge“. Dann fühlt man sich geborgen, und freut sich, dass es so etwas gibt: Daseinsvorsorge, die staatliche Aufgabe, Güter und Leistungen bereitzustellen, die für das menschliche Dasein notwendig sind.
Und dann erfährt man von einer schweren Verbrühung eines Kindes aus Grasberg vor zwei Jahren, das lebensgefährliche Verbrennungen erlitt und daran verstarb. Der NDR berichtete, die Mutter sei inzwischen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Es besteht aber auch eine strukturelle Fahrlässigkeit: Die Verbrühung fand an einem für das Kind denkbar ungünstigen Ort statt: Im gesamten Nordwesten Deutschlands sucht man vergeblich nach einem Verbrennungszentrum. Nordwestlich einer Linie über Dortmund (Nordrhein-Westfalen) nach Lübeck (Schleswig-Holstein) ist die Karte völlig leer.
Gute Qualität
Ansonsten ist der Landkreis Osterholz mit 2 Krankenhäusern gut aufgestellt. Das Kreiskrankenhaus Osterholz hält Kliniken für Innere Medizin, Chirurgie und Orthopädie sowie Anästhesie und Intensivmedizin, für die es gerade einen Neubau gibt, vor.
Andere Fachdisziplinen, zum Beispiel Allgemeinmedizin, Allergologie, Diabetologie, Kinderheilkunde, Neurologie und Zahnmedizin sind im Landkreis als Praxen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu finden.
In Lilienthal wurde kürzlich das Krankenhaus saniert. Der niedersächsische Gesundheitsminister (und Arzt) Dr. Andreas Philippi hat es besucht und zum Ausdruck gebracht, dass die Klinik „trotz schwerer Rahmenbedingungen eine gute Zukunftsperspektive“ habe. Philippi glaubt, dass Krankenhäuser, die sich auf „bestimmte Bereiche spezialisiert haben, dem Qualitätswettbewerb standhalten“.
Das Krankenhaus bietet Orthopädie, Chirurgie und Innere Medizin, sowie Anästhesie mit Intensivstation an. Eine kardiologische Praxis und eine Röntgenpraxis finden sich ebenso am Standort.
Scheinbare Qualität
Viele der durchgeführten Behandlungen unterliegen der Qualitätssicherung und teilweise auch sogenannten Mindestmengenregelungen. Getreu dem Grundsatz: „Übung macht den Meister“ führen hohe Fallzahlen zu besseren Ergebnissen. Wenn aber durch den Wegfall von Kliniken, die den Regelungen nicht standhalten, die flächendeckende Versorgung nur mit Einschränkungen stattfindet und deswegen Patienten im Einzelfall nicht behandelt werden, verbessern sich zwar die Qualität der Behandelten, aber die Unbehandelten fallen ganz aus der Statistik heraus. Die Qualität wird somit nur scheinbar besser.
So sieht es auch die Leiterin des Osterholzer Kreiskrankenhauses. Doris Sonström hat sich mehrfach zu den Problemen geäußert: Höhere Fallzahlen suggerierten nur bessere Qualität.
Spezialisierung mit hohen Fallzahlen
Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und dem Krankenhaustransparenzgesetz (KTG) kommen auf das Gesundheitssystem und besonders auf die Krankenhäuser also erhebliche Veränderungen zu. Vom breiten medizinischen Spektrum (Daseinsvorsorge) geht es - ökonomisch vermittelt - über zur Spezialisierung mit hohen Fallzahlen.
Inzwischen fordert die CDU für Niedersachsen eine eigene Krankenhausreform. Sie lehnt die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ab. Das Bundesgesetz greife verfassungswidrig in die Planungshoheit der Länder ein, wie das Ärzteblatt im Juni berichtete.
Unterdessen heißt es von Verteidigungsminister Pistorius, dass er sich vorstellen kann, die Eigenständigkeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zu beenden. Die Bundewehrkrankenhäuser haben einen Anteil an der Versorgung der Bevölkerung. Laut Pistorius soll nun aber der Sanitätsdienst in einem neuen Unterstützungsbereich aufgehen, zu dem auch die Logistik und ABC-Abwehr gehören werden. Den leeren Nordwesten Deutschlands wird dies beeinflussen: Eines der großen Bundeswehrkrankenäuser liegt in Westerstede - ein Ort, an dem man zum Beispiel ein Verbrennungszentrum etablieren könnte; ganz im Sinne der Daseinsfürsorge.