Heiner Wenk

Kolumne - "Fields of Gold"

Nach den hiesigen Erntefestumzügen läutet Heiner Wenk mit Kurt Tucholsky die fünfte Jahreszeit ein und lässt seine Gedanken über die Felder streifen.

Sting und Tucholsky: Alles ruht auf den „Fields of Gold“.

Sting und Tucholsky: Alles ruht auf den „Fields of Gold“.

Bild: Hnk

Als ich vor fast 30 Jahren beruflich bedingt nach Bremen umzog, erhielt ich im Spätsommer eine Einladung zum Osterholzer Erntefestumzug. Dann stand ich bei 30 Grad in der Bördestraße auf dem Fußweg und sah die vielen Festwagen vorbeifahren, die Musik machten, Bonbons warfen und Popcorn verteilten. Dort wurden auch Kontakte geknüpft; so kam ich zum Rudern beim RVOSCH und lernte viele nette Menschen kennen.

In diesem Jahr war ein Mercedes-Benz-Traktor dabei, der „MB Trac“, aus Weizenähren, Strohmehl und Körnern zusammengebaut - buchstäblich „der hellste Stern vom Acker“. Die Erbauer waren die „Weizendesigner“ aus Lübberstedt.

Der Erntefestumzug in Osterholz ist vorüber; auch die Umzüge in Ohlenstedt, Lübberstedt, Sandhausen, Lesumstotel und Werschenrege sind vorbeigezogen.

Die Felder sind weitgehend abgeerntet, bis auf den vielen Mais. Das Jahr bereitet sich auf die fünfte Jahreszeit vor, wie sie Tucholsky beschrieben hat: „Die Natur hält den Atem an; an anderen Tagen atmet sie unmerklich aus leise wogender Brust. Nun ist alles vorüber: geboren ist, gereift ist, gewachsen ist, gelegt ist, geerntet ist - nun ist es vorüber. Nun sind da noch die Blätter und die Gräser und die Sträucher, aber im Augenblick dient das zu gar nichts; wenn überhaupt in der Natur ein Zweck verborgen ist: im Augenblick steht das Räderwerk still. Es ruht. Mücken spielen im schwarz-goldenen Licht, im Licht sind wirklich schwarze Töne, tiefes Altgold liegt unter den Buchen, Pflaumenblau auf den Höhen … kein Blatt bewegt sich, es ist ganz still. Blank sind die Farben, der See liegt wie gemalt, es ist ganz still. Boot, das flussab gleitet, Aufgespartes wird dahingegeben - es ruht.“ In diese Stimmung hinein kommt mir ein Lied von Sting aus dem Jahr 1993 in den Sinn. Es ist in meinen Augen das schönste Stück dieses britischen Musikers. Es gehört allerdings zu den wenigen, deren Cover-Version das Original noch übertrifft. Sie ist quasi a capella gesungen von Eva Cassidy, einer amerikanischen Sängerin, die kurz nach Veröffentlichung ihres ersten Albums im Jahr 1996 mit nur 33 Jahren verstorben ist.

Diese Musik geht mir durch den Kopf, wenn ich nach den Erntefestumzügen durch die Felder laufe und mich an der herrlichen Natur erfreue. Diese Landschaft ist ein Gedicht. Und „Fields of Gold“ ist die Musik dazu.

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