Heiner Wenk

Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin

Heiner Wenks Gedanken zum aktuellen Film von Charly Hübner über „Element of Crime“, der seit dem 1. Oktober im Kino läuft.

„Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ ist nicht nur ein Film für Fans von Element of Crime.

„Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ ist nicht nur ein Film für Fans von Element of Crime.

Bild: Hnk

„Ich wär so gern ein Gummibär, da gibt’s die gelben und die roten, das sind alles Vollidioten“… Es passt perfekt in die Jahreszeit, und überhaupt in die Landschaft: Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin ist nicht nur ein melancholischer Song von Sven Regener auf der LP „Schafe, Monster und Mäuse“ aus dem Jahr 2018, sondern auch der Titel eines Filmes von Charly Hübner über die Band „Element of Crime“, der am 1. Oktober dieses Jahres Premiere hatte.

Der Film wurde für die Kinos als Dokumentarfilm angekündigt – aber es ist viel mehr der Film eines Regenerfans für das ganze (Fan-)Publikum von Element of Crime. Gespickt mit Anekdoten, Fachgesprächen und historischen Videomitschnitten zeigt der Film eine Woche im Leben der Band in Berlin mit insgesamt 5 Konzerten, darunter im Kreuzberger Musikclub SO36 (benannt nach dem gleichnamigen Postzustellbezirk Südost 36 in Berlin), im Admiralspalast und in der Zitadelle Spandau. Das ist die eine Zeitachse: Eine Woche im Leben der Band in Berlin im Sommer 2023.

Die andere Zeitachse führt weit in die Vergangenheit und beschreibt und bebildert die Entwicklung der Band im Berlin der 80er, als sie englisch sangen und zahlreiche Musikstile ausprobierten, die zum Teil auch gewöhnungsbedürftig wären und anstrengend sind. Zahlreiche Bilder und Filmsequenzen zeigen das Berlin zur „Wendezeit“, man sieht noch einmal den Potsdamer Platz aus der deutsch-deutschen Niemandslandbrache wiederentstehen. Dann fällt der Entschluss, nicht mehr englisch zu singen, sondern deutsch, und damit ging ein Wechsel von schrecklich-aufregender zu schöner Musik einher, zur Bedächtigkeit, zu Wortspielen, bis hin zu Balladen und Seefahrtsromantik.

Es ergibt sich ein sehenswertes Portrait der fast 40 Jahre bestehenden Band, die trotz ihrer Vielfältigkeit heute einen sehr, sehr hohen Wiedererkennungswert hat.

Im September 2018 konnten wir Sven Regener und Element of Crime in Osterholz-Scharmbeck auf einem Open-Air-Konzert erleben, über 3000 Besucher hatten sich dieses Ereignis gegönnt.

Zum Filmstart 2024 in Bremen gab es ebenfalls ausverkaufte Kinos, übrigens mit einem sympathischen Publikum: Es wurde viel gelacht, und am Ende wurde geklatscht.

Der Bremer Wahlberliner Sven Regener traf nicht nur mit seinen Büchern „Herr Lehmann“ und „Neue Vahr Süd“ mit Hintersinn, Humor und Polemik den Zeitgeist, er ist auch in der Lage, sowohl persönliche Probleme (Immer, wenn ich Pillen nahm und hinterher beim Fahrrad fahrn am Steintor in die Rillen kam), als auch den klimatischen und politischen Diskurs mit Komik zu umschreiben und uns ein Lächeln abzuringen:

„Und ich geh‘ noch einmal den Kurfürstendamm entlang

Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang.“

Für mich war dieser Kinobesuch Pflicht, gerade auch wegen der abwechslungsreichen Musikentwicklung von Punk und Rock zu Ballade und Seefahrtsliebeslied - mit ihren teilweise skurrilen Wortschöpfungen und Sentenzen: „Rot ist Curryketchup, grün ist Steuerbord“.

Natürlich gipfelte der Film bei einem nächtlichen Open Air Auftritt in „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“, und alle waren gerührt. Dabei wär ich selbst nicht ganz so gern ein Gummibär, weder ein roter, noch ein gelber – „man müsste sich nicht viel bewegen“, ist nicht meine Philosophie.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang ein Kommentar auf Youtube: „Qualität seit so vielen Jahren, seien wir froh, dass es so eine Band in unserem Lande gibt.“ In Bremen läuft der Film aktuell in der Gondel und in der Schauburg.


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