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Erinnern an Opfer rechter Gewalt

Bis zum 23. Februar kann in den Räumen der Bremervörder Sparkasse eine Ausstellung über Todesopfer rechter Gewalt in Niedersachsen seit 1990 besichtigt werden.

Mit Schautafeln wird auf die Opfer rechter Gewalt in Niedersachsen hingewiesen. Günther Justen-Stahl und Katharina Witte (kl. Bild) eröffneten die Ausstellung.

Mit Schautafeln wird auf die Opfer rechter Gewalt in Niedersachsen hingewiesen. Günther Justen-Stahl und Katharina Witte (kl. Bild) eröffneten die Ausstellung.

Bremervörde (rgp). In einer Wanderausstellung, die seit Montag in den Räumen der Bremervörder Sparkasse läuft, werden insgesamt 15 einseitige Roll-Up-Motive sowie fünf doppelseitige Aufsteller gezeigt, die auf Grundlage von journalistischen und antifaschistischen Recherchen sehr informativ die Geschichten der Opfer und die Umstände, unter denen sie umgebracht wurden, rekonstruieren.

Mindestens zehn Menschen wurden in Niedersachsen seit 1990 aus rechten Motiven umgebracht. Staatlich anerkannt als Todesopfer rechter Gewalt sind bisher allerdings lediglich zwei von ihnen.

 

Beitrag zur aktuellen Diskussion leisten

 

Nach einleitenden Worten zur Ausstellungseröffnung von Katharina Witte, stellvertretende Regionalleiterin der Sparkasse Rotenburg Osterholz, dankte Günther Justen-Stahl, stellvertretender Vorsitzender vom Gedenkstättenverein Sandbostel, der mobilen Beratung Niedersachsen, der Betroffenenberatung Niedersachsens und Distance Ausstieg Rechts, die die Ausstellung erstellt haben, und im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie Leben durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie durch die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus für Demokratie unterstützt wurden. Träger der Wanderausstellung ist Verein WABE e.V. (Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage) aus Verden (Aller) ist – von deren Mitarbeiter:innen stammen auch die Informationen zu diesem Artikel. „Der Gedenkstättenverein möchte mit dieser Präsentation der Ausstellung in Bremervörde einen Beitrag zur aktuellen Diskussion um Rechtsextremismus, echte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit leisten. Wir hoffen, dass viele Bürger:innen und Schulklassen diese Ausstellung besuchen“, so Justen-Stahl in seiner Einladung.

 

Greifbare Gefahr

 

Bremervördes Bürgermeister Michael Hannebacher nahm den Faden auf und sprach davon, dass Rechtsradikalismus und Rassismus spalten, eine Gefahr für Demokratie und Werteordnung darstellen würden. „Man hat es vielleicht immer gewusst, aber mittlerweile ist es tatsächlich greifbar geworden, dass es eine Gefahr ist. Man hat sich für viele Jahre ausgeruht in dem Wissen, in der Annahme, Geschehnisse, die es früher gegeben hat, die werden nicht wiederkommen“, so der Bürgermeister, der auch noch einmal auf das neu gegründete Bündnis „Bremervörde wählt Menschenwürde“ hinwies (der Anzeiger berichtete).

 

Drei Ausstellungs-Abschnitte

 

Die Ausstellung „Erinnern heißt kämpfen!“ gliedert sich in drei Teile. Im Prolog werden nach einem einleitenden Abschnitt Begriffe, unterschiedliche Erfassungskriterien und die gesellschaftspolitischen Kontexte beleuchtet. Es folgt der Hauptteil mit Einzel-Portraits der Opfer sowie weiteren Fällen tödlicher Gewalt, bei denen es Hinweise auf rechte Tatmotive gibt. Denn so unterschiedlich die einzelnen Tatkontexte waren, eint es sie, dass die Täter ihre Opfer nicht wahllos aussuchten. Zum einen erfährt man die Geschichte von Kolong Jambas – seine Haut war Schwarz. Helmut Leja, Gerhard Fischhöder und Christian Sonnemann waren alkoholkrank, eine Zeit lang obdachlos bzw. sie wohnten in Sozialwohnungen. Andrea B. hat, als Frau, Hitlers „Mein Kampf“ als „Scheiß“ bezeichnet. Gustav Schneeclaus bezeichnete Hitler als „einen großen Verbrecher“. Peter Deutschmann hatte zwei Neonazi-Skins dazu aufgefordert, „den Scheiß mit dem Skinhead-Gehabe“ sein zu lassen. Alexander Selchow war Anhänger der Gothic-Kultur (eine Subkultur, die zu Beginn der 1980er Jahre aus dem Punk- und New Wave-Umfeld hervorging, und die sich aus mehreren Splitterkulturen zusammensetzt) und trug infolgedessen gern schwarze Kleidung. Matthias Knabe fiel durch seinen bunten Iro(kesen-Haarschnitt) auf. Neben diesen neun Personen wird auch an das Leben und die Umstände des Todes von Hans-Peter Zarse und Sighild B., dem Kind eines rechtsextremen Ehepaares, erinnert. Die Informations-Sammlung endet mit einem Ausblick zu Formen des Erinnerns und des Umgangs mit rechter Gewalt aus verschiedenen Blickwinkeln.

 

Öffnungszeiten

 

Die Schautafeln können zu den regulären Öffnungszeiten der Sparkasse (montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr sowie dienstags und donnerstags zusätzlich von 15 bis 18 Uhr) noch bis zum 23. Februar 2024 besichtigt werden.


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