Immer weniger Azubis
Ab 2024 hat jede/r das Recht auf einen Ausbildungsplatz und wird - wenn nötig - außerbetrieblich ausgebildet. Die IHK und Unternehmen sehen das kritisch und fordern mehr Berufsorientierung an Schulen, während die Zahl der Azubis insgesamt sinkt.
Auf der Suche nach Fachkräften von morgen müssen Betriebe inzwischen immer stärker selbst aktiv werden. Zum Beispiel, in dem sie sich bei Veranstaltungen wie der Bremervörder Ausbildungsmesse am 6. Oktober oder den Berufsorientierungstagen (BOT) am 12. und 13. Oktober in Osterholz-Scharmbeck präsentieren.
Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt
Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer spitzt sich die Ausbildungssituation zuungunsten der Betriebe nämlich immer stärker zu. Im Juni dieses Jahres gab es demnach etwa 256.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. In Niedersachsen konnte knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe nicht alle Ausbildungsplätze besetzen.
Insgesamt geht die Zahl derer, dich sich nach ihrem Schulabschluss für eine Berufsausbildung entscheiden, bereits seit drei Jahren deutschlandweit immer weiter zurück, und rund 2,9 Millionen Studierende stehen rund 1,2 Millionen Auszubildenden gegenüber. Gestiegen ist in den vergangenen zwei Jahren allerdings die Zahl der Neuabschlüsse von Ausbildungsverträge sowie der Anteil der Frauen (34,5 Prozent), die sich für eine Ausbildung entscheiden. Der beliebteste Ausbildungsberuf im Jahr 2022 war der des/der Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel.
Ausbildungsgarantie
Weil es aber auch Bewerber:innen gibt, die keinen Ausbildungsplatz finden, hat der Bundestag im Juni dieses Jahres im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Aus- und Weiterbildung die Ausbildungsgarantie beschlossen, die ab dem 1. August 2024 in Kraft treten soll. Junge Menschen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, bekommen damit ein Recht auf eine außerbetriebliche Ausbildung.
Die „außerbetriebliche Berufsausbildung“ wird von Bildungsträgern angeboten, die von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter dafür beauftragt und bezahlt werden. Der praktische Teil der Berufsausbildung wird entweder in Werkstätten des Bildungsträgers oder in einem Ausbildungsbetrieb absolviert, mit dem der Bildungsträger zusammenarbeitet. Der theoretische Teil findet in der Berufsschule statt. Die Auszubildenden erhalten eine Ausbildungsvergütung und sind sozialversichert. Ziel sei aber auch während der außerbetrieblichen Ausbildung, die Azubis in eine betriebliche Ausbildung zu vermitteln.
Während Gewerkschaften wie der DGB die Ausbildungsgarantie begrüßen, sehen die IHK und viele Unternehmen das Ganze kritisch. So würden durch die Ausbildungsgarantie kostenintensive außerbetriebliche Ausbildungsplätze geschaffen, die möglicherweise am Bedarf der Unternehmen vorbei und am Ende zu Lasten der Steuerzahler:innen gehen, so Dirk Immken, Leiter Aus- und Weiterbildung von der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Auch die Erhebungsgrundlage sei problematisch, denn es bestehe keine Verpflichtung der Unternehmen, ihre offenen Stellen bei der Agentur für Arbeit zu melden. Dies verzerre den Blick auf die Realität auf dem Ausbildungsmarkt. Statt einer Ausbildungsgarantie wäre eine Verbesserung der Berufsorientierung an den Schulen ein effektiveres Mittel, um Jugendlichen den Weg in die Ausbildung zu ebnen.
Regionale Unternehmen in Schulen bekannter machen
Der gleichen Meinung ist auch Janice Müller, HR-Managerin der FRICKE Gruppe mit Sitz in Heeslingen. „Wir stellen bei unseren Gesprächen auf Messen und in Schulen immer wieder fest, dass viele junge Menschen nicht wissen, was sie machen wollen. Deswegen ist mehr Unterstützung bei der Berufsorientierung sinnvoll und notwendig“, so Müller. Lehrende könnten die Schüler:innen zum Beispiel unterstützen, indem sie auf Firmen aus der Region und deren Ausbildungsangebote hinweisen würden.
Ähnlich sieht das auch Christoph Zeidler, Kaufmännischer Geschäftsführer der Gottfried Stehnke Bauunternehmung GmbH & Co. KG mit Sitz in Osterholz-Scharmbeck. Vor allem an Gymnasien oder Gesamtschulen sollten die Schüler:innen besser über die guten Ausbildungs- und mögliche Aufstiegschancen in handwerklichen Betrieben informiert werden. Er stelle aber fest, dass Handwerksbetriebe auf mancher schulinternen Berufsorientierungsveranstaltung nicht gern gesehen seien und viele einen falschen Eindruck von Jobs in der Branche hätten. „Dabei haben wir auch Auszubildende, die später als Bauleiter oder Polier viel Verantwortung tragen und viel Geld verdienen“, so Zeidler.
Die Stehnke Bauunternehmung, die derzeit 31 Menschen in neun Ausbildungsberufen ausbildet, wird beim BOT in Osterholz-Scharmbeck dabei sein und hofft, auch über Mitmachaktionen junge Menschen für einen Job im Baugewerbe begeistern zu können.
Auch die Die FRICKE Gruppe, die derzeit deutschlandweit 277 Auszubildende und Duale Studierende ausbildet, präsentiert sich auf der Suche nach den Fachkräften von morgen regelmäßig auf Messen und Schulveranstaltungen und veranstaltet jährlich einen eigenen Azubi-Infotag. Auch im Social Media Recruiting ist das Unternehmen aktiv und hat unter anderem auch ein „Azubis werben Azubis“-Programm ins Leben gerufen.