Ralf G. Popppe

Szenische Lesung zum 80. Jahrestag

Spiegel-Bestsellerautor Tim Pröse erinnert am Montag, 17. März, auf der Kulturbühne im Möbelmarkt Bremervörde mit einer Lesung an die letzten Helden gegen Hitler.
Mithilfe von Zeitzeugen gibt der Autor Tim Pröse einen erschreckenden Einblick in die Vergangenheit.

Mithilfe von Zeitzeugen gibt der Autor Tim Pröse einen erschreckenden Einblick in die Vergangenheit.

Bild: Eb

Bremervörde. Auf Einladung des Bremervörder Bündnis für Demokratie und Menschenwürde kommt Tim Pröse in die Ostestadt, um die Geschichten und Schicksale aus seinem Buch „Wir Kinder des 20. Juli“ vorzustellen.

Die szenische Lesung ist ein Beitrag des Bremervörder Bündnisses zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus, die von Montag, 17. März, bis Sonntag, 30. März, bundesweit mit tausenden Veranstaltungen unter dem Motto „Menschenwürde schützen“ stattfinden. Pröse präsentiert darin Frauen und Männer, die sich gegen Hitler gestellt haben. Diese mutigen Menschen haben zusammen mit Claus Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 ein Zeichen gesetzt, das die Welt veränderte. An diesem Tag versuchte von Stauffenberg, Hitler zu töten. Es ist ein Buch über eine Vergangenheit, der wir uns jetzt stellen müssen.

 

Herr Pröse, am 17. März besuchen sie Bremervörde, die Stadt, von der man lange annahm, dass auf ihrer Ostebrücke Heinrich Himmler gefangen genommen wurde. Was macht das mit Ihnen?

Dann erinnere ich mich, wie feige sich dieser Menschenschlächter davonschleichen wollte. Er dachte, wenn er seine SS-Uniform gegen Lumpen austauscht und sich unter Kriegsgefangene mischt, dass man ihn nicht identifizieren könnte. Gott sei Dank ist er aufgeflogen. Aber selbst dann machte er sich davon, statt sich seiner Verantwortung zu stellen und biss auf eine Zyankalikapsel.

 

Bis vor kurzem gab es in Bremervörde sogar noch ein Haus, an dem ein Hakenkreuz angebracht war. Auch das ehemalige Kriegsgefangenenlager Stalag XB (heute Gedenkstätte Lager Sandbostel) ist nicht weit entfernt. Ist es in einer solchen Region wichtiger als woanders, diese Thematik aufzugreifen, und an Schicksale zu erinnern?

Ich spaziere vor jedem Auftritt durch die jeweilige Stadt und in beinahe jeder begegne ich den Wunden der Vergangenheit. Ich nenne es die Gegenwart des Gestern. Das ist mein Lebensthema und deswegen porträtiere ich Menschen, die Widerstand geleistet haben. Ich schreibe ihnen Denkmäler aus Zeilen. So wie jetzt den Nachfahren jener etwa 200 Helden, die rund um Stauffenberg für ein besseres Deutschland gekämpft hatten. Und die dafür ermordet wurden.

 

Wie sind ihre Eltern mit der Geschichte umgegangen?

Sie waren Nachkriegskinder, die mit dem Schweigen ihrer Väter aufgewachsen waren. Ich erinnere mich an das Schweigen meiner Großväter. Deswegen habe ich für meine Bücher viele neue Großväter gesucht, die mir erzählen können. Die den Schleier heben. Ich war wieder das neugierige Kind und habe Abenteuerliches hören dürfen.

 

Wie lange hat es gedauert, die Besuche, die zum Buch führten, zu realisieren und daraus letztendlich das Buch fertigzustellen?

Insgesamt habe ich die ‚Kinder des 20. Juli‘ zwei Jahre lang begleitet, das ist bei mir normal. Ich muss in den Schuhen derjenigen gehen, deren Leben ich erzählen will. Diese Menschen machten mir ein wunderbares Geschenk. Sie luden mich ein, mit an den Ort zu kommen, an dem ihre Väter gehängt wurden, nach Berlin-Plötzensee. Unter den Galgen der Väter haben sie mir dann erzählt von dem Unfassbaren.

 

Welche Gleichnisse zur aktuellen Lage sehen Sie, wenn man z. B. 1933 mit 2025 vergleicht?

Wir alle spüren, dass der Umgang der Menschen miteinander rüder wird, dass das Vertrauen in Zweifel gezogen wird, dass der Hass wächst. All das ist der Dünger für die Radikalen. Ein Mann wie Andreas von Glahn widersetzt sich diesem Trend und setzt dem ganzen Wahnsinn etwas entgegen mit seinem Tandem e. V. Die Bremervörder können sich glücklich schätzen, dass es ihn gibt. Deswegen komme ich auch immer wieder gerne hierher und am Morgen nach meinem Auftritt gehe ich an eine Schule. An bisher etwa 260 war ich bislang, um den jungen Menschen von Sophie Scholl zu erzählen oder Claus von Stauffenberg. Und deren Botschaft kommt an bei den Jugendlichen. Oder wie mein Freund Udo Lindenberg geschrieben hat über mich: ‚Die Menschen in Tims Büchern tragen die Flamme weiter.‘

 

Dankeschön.

 

Die Veranstaltung findet am Montag, 17. März, um 19.30 Uhr auf der Kulturbühne statt. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht. Anmeldungen für eine angemessene Vorbereitung und aufgrund begrenzter Platzwahl sind unter menschenwuerde@tandem-brv.de möglich.


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