Janine Girth

10 Jahre Lilienthaler Tafel - „Tafeln bauen Brücken zwischen Überfluss und Armut“

Gerda Urbrock von der Lilienthaler Tafel und der Landesvorsitzende der Tafeln in Niedersachsen und Bremen, Manfred Jabs, würdigten mit viel Lob das ehrenamtliche Engagement.  Foto: mr

Gerda Urbrock von der Lilienthaler Tafel und der Landesvorsitzende der Tafeln in Niedersachsen und Bremen, Manfred Jabs, würdigten mit viel Lob das ehrenamtliche Engagement. Foto: mr

Lilienthal. Die Frage, weshalb es im deutschen Sozialstaat überhaupt Tafeln braucht, blieb auch am Tag der Jubiläumsfeier der Tafel Lilienthal e. V. unbeantwortet. Denn trotz allen Wohlstands und der ewigen Forderung nach Chancengleichheit sind in Deutschland zwischen 12 und 16 Millionen Menschen von Armut bedroht oder betroffen. Etwa 10 Prozent dieses Personenkreises besucht regelmäßig Tafeln in Deutschland. In Lilienthal existiert die Tafel inzwischen dank des unermüdlich ehrenamtlichen Engagements der Mitglieder bereits seit 10 Jahren.
Ja, es gibt auch in Lilienthal, Grasberg und in Worpswede Menschen, denen es täglich an den elementaren Nahrungsmitteln und Waren mangelt. Aus diesem Grund wurde vor 10 Jahren der Verein „Lilienthaler Tafel e.V.“ gegründet, der es sich seitdem zur Aufgabe macht, denjenigen Menschen unter uns zu helfen, die nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens stehen.
Dank für unverzichtbare Arbeit
Gerda Urbrock, die jetzige Vorsitzende nutzte das 10-jährige Jubiläum dafür, um sich bei allen Ehrenamtlichen zu bedanken und natürlich auch, um die vergangenen 10 Jahre Revue passieren zu lassen. Woche für Woche engagieren sich aus den drei Gemeinden Menschen für die Lilienthaler Tafel, um qualitativ einwandfreie Lebensmittel zu beschaffen, sie zu sortieren und sie letztlich an sozial- und wirtschaftlich Bedürftige zu verteilen. Gerda Urbrock ist seit Beginn an Mitglied im Verein, genauso, wie 17 weitere Jubilare, denen die Vorsitzende nochmals ganz persönlich mit einem Geschenk ihren Dank aussprach.
Zahlreiche geladene Gäste aus der Politik würdigten in ihren Reden ebenfalls mit viel Lob und Anerkennung die unermüdliche Arbeit der Ehrenamtlichen. Grasbergs Bürgermeisterin Marion Schorfmann betonte, dass es wichtig sei, dass Menschen etwas für diejenigen unter uns tun, die täglich jeden Cent umdrehen müssen. Jochen Semken, der sich stellvertretend für Worpswedes Bürgermeister auf den Weg nach Lilienthal begeben hatte, betonte, dass die Tafeln in Deutschland eindeutig das Zeichen eines gesellschaftlich Problems seien, vor dem kein Politiker die Augen verschließen dürfe.
Täglicher Einsatz
Über 940 Tafeln gibt es derzeit in Deutschland. 106 davon alleine im Bundesland Niedersachsen, erfuhren die anwesenden Jubiläumsgäste von dem Landesvorsitzenden der Tafeln in Niedersachsen und Bremen, Manfred Jabs. „550 Fahrzeuge sind täglich in Niedersachsen im Einsatz, um Lebensmittel und Waren einzusammeln“, so Jabs. Beate Kiehl, die im Landesverband für die Logistik zuständig ist und zudem die Nienburger Tafel leitet, hob hervor, dass die Tafeln „Brücken bauen zwischen Überfluss und Mangel“. Tafeln seien außerdem Orte der Begegnung, die Menschen miteinander verbinden und so auch einen Rahmen für die soziale Teilhabe Bedürftiger schaffen.
Viele positive Augenblicke
Dass es die Tafel in Lilienthal überhaupt gibt, ist vor allem der Aktivität von Heidi Kupsch und Detlef Deutsch zu verdanken. Sie beide setzten sich vor der Gründung im Mai 2009 mit viel Engagement für dieses Projekt ein. „Uns lag es am Herzen, Menschen zu unterstützen und ihnen zu helfen“, erinnert sich Detlef Deutsch, der damals das Christus Centrum Oasis e.V. in Lilienthal leitete.
Der erste Vorsitzende der Tafel wurde im Jahre 2009 Gunter Meckmann. Viereinhalb Jahre lang leitete er den Verein und übergab den Vorsitz danach an Eike Ballerstedt. Gunter Meckmann war am Jubiläumstag sichtlich bewegt, als er allen Ehrenamtlichen seinen Respekt aussprach. Rückblickend erinnerte er sich an viele positive Augenblicke während seiner Wirkungszeit.
Problem Personalmangel
Auch Eike Ballerstedt, der den Vorsitz der Tafel von 2014 bis 2018 innehatte, erinnerte sich wohlwollend aber auch kritisch. „Ein großes Problem bei der Tafel war und ist das Personalproblem“, so Ballerstedt. Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit bestehe immer das Problem, dass Mitarbeiter abspringen oder wegen Krankheit ausfallen. „Da muss schnell für Ersatz gesorgt werden, was nicht immer einfach ist“, betonte er.
„Derzeit arbeiten unsere Mitarbeiter etwa elf- bis zwölftausend Stunden ehrenamtlich im Jahr für die Tafel“, verdeutlichte der ehemalige Vorsitzende den enormen Arbeitsumfang, den außenstehende gar nicht wahrnehmen.
Eike Ballerstedt ließ auch nicht unerwähnt, dass die Mitarbeiter der Tafel in den 10 Jahren viel dazugelernt haben. Situationsbedingt musste man sich immer wieder neu an die Bedürfnisse der Menschen, die jeden Dienstag zur Tafel kommen, anpassen. Mit dem Flüchtlingsstrom im Jahre 2015 gab es auch sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden. Doch die Lilienthaler Tafel bewies auch hier ein Gespür für das richtige Maß an Einfühlungsvermögen und Organisationstalent.


UNTERNEHMEN DER REGION