Amelie Nobel

Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter

95 Prozent des Weltraums sind dunkle Energie und Materie. Der ehemalige Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation, Johann-Dietrich Wörner, brachte für die Gäste der Norddeutschen Tafelrunde etwas Licht ins Dunkel.

Der Vorstand des gemeinnützigen Vereins “Norddeutsche Tafelrunde” freute sich über den Besuch von Johann-Dietrich Wörner (dritter v.l.) Links daneben: Johann G. Stehnke und Prof. Dr. Marcus Seifert. Und zu seiner Rechten: Anja Kalski, Jörg Lockfeldt und Jan Mackenberg.

Der Vorstand des gemeinnützigen Vereins “Norddeutsche Tafelrunde” freute sich über den Besuch von Johann-Dietrich Wörner (dritter v.l.) Links daneben: Johann G. Stehnke und Prof. Dr. Marcus Seifert. Und zu seiner Rechten: Anja Kalski, Jörg Lockfeldt und Jan Mackenberg.

Bild: An

Osterholz-Scharmbeck.  Bei der Norddeutschen Tafelrunde auf Gut Sandbeck in Osterholz-Scharmbeck ging es in diesem Jahr thematisch um eine für viele fremde, aber faszinierende Welt: den Weltraum. In seinem Festvortrag, der von einem Festmahl ergänzt wurde, betonte der ehemalige Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation ESA, Johann-Dietrich Wörner, wie wichtig die Luft- und Raumfahrt für die weltumspannende Zusammenarbeit und die Bewältigung der weltweiten Herausforderungen sei.

Das passte gut, denn am gleichen Tag fand die Luft- und Raumfahrtmesse in der Stadthalle statt, zu der Astronaut Alexander Gerst geladen war. Auf ihn kam Wörner auch gleich zu sprechen und machte damit deutlich, dass er selbst stark an den europäischen Gedanken glaubt. „Für mich ist Alexander Gerst nie ein deutscher, sondern immer ein europäischer Astronaut mit deutschem Pass gewesen“, so Wörner.

Zu Beginn seines Vortrages machte Wörner einen kurzen Streifzug durch die Geschichte der Raumfahrt. Es seien besonders die frühen Meilensteine der Luft- und Raumfahrt, die in Erinnerung bleiben. Das zeigte sich auch unter den Gästen. An die Mission von Alexei Leonov, dem als Erster ein Spacewalk gelang, den Mondflug 1969, die erste Fahne auf dem Mond, die tatsächlich der Schweiz gehörte oder auch an Hündin Laika erinnerten sich viele.

Heute - im sogenannten Space 4.0 - ist die Luft- und Raumfahrt immer mehr privatisiert worden und hat sich stark verändert. Es gehe stark um Digitalisierung und künstliche Intelligenz sowie Erdbeobachtungen, die für den Klimawandel eine Rolle spielen. Über 50 Prozent der Klimavariablen könnten wir nur aus dem Weltall messen, so Wörner.

 

Raumfahrt ist politisch

Eine weitere Dimension ist die Weltraumpolitik. Spätestens seit Elon Musk sei deutlich geworden wie politisch die Raumfahrt geworden sei. Raketen werden nicht mehr nur zur Erdbeobachtung oder Forschung, sondern auch zum Vergnügen benutzt. Es gehe um Prestige, und Weltraumtourismus, ein Begriff, der auf viele eine Faszination ausübt. Theoretisch ist es möglich in einer Woche zum Mond zu fliegen, zum Mars dauert es schon 2 Jahre. Vor Jahren hatte Wörner Elon Musk getroffen und seine Werkstatt besucht. Damals habe es niemand für möglich gehalten, dass er es schaffen würde eine Rakete zu bauen, so Wörner.

 

Notwendigkeit Raumfahrt?

Laut Wörner gebe es eine Diskrepanz zwischen denen, die das Gefühl haben, dem Weltraum vielleicht sogar selbst als Weltraumtouristen näherzukommen und denen, die sich fragen, wofür wir die Raumfahrt überhaupt brauchen.

Wörner betonte, dass es gerade die Raumfahrt sei, die eine herausragende Stellung in der Geopolitik habe. Was in der Serie Raumpatrouille Orion mit sechs Besatzungsmitgliedern aus ganz unterschiedlichen Nationen schon gelebt wurde, ist auch heute in der Raumfahrt von Bedeutung. Die Raumfahrt habe deshalb eine wichtige Funktion für die weltumspannende Zusammenarbeit, so Wörner. Es sind oft Bilder, die um die Welt gehen, wenn Politiker:innen Astronautinnen die Hände schütteln. Die Raumfahrt hat deshalb auch eine Botschafterfunktion. In der Medizin werden ebenfalls viele Erkenntnisse aus dem Weltraum gewonnen, in der Schwerelosigkeit lassen sich Dinge über den menschlichen Körper herausfinden, die sonst verwehrt geblieben wären. Es zeigt sich also: Obwohl der Weltraum manchmal sehr weit weg scheint, Weltraumforschung hat bereits enormen Einfluss auf unsere Welt.

 

Risiken

Wörner zeigte aber auch die Risiken und Gefahren auf, die zum Beispiel Meteoriteneinschläge und Umweltschrott verursachen können. Denn die Raumfahrt verschmutzt den Weltraum, weshalb für ihn Raketenflüge zum reinen Vergnügen bedenklich seien. Auch politische Manöver wie z.B., dass Russland - laut der Ukraine - Starlink-Internet für Angriffe nutze, hinterlasse Spuren.

Die geladenen Gäste interessierte außerdem die zunehmende Militarisierung der Raumfahrt, wie gefährlich Meteoriten sind und ob es überhaupt noch sinnvoll ist, Menschen anstatt Roboter ins All zu schicken.


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