

Osterholz-Scharmbeck. Schriftsteller Moritz Rinke plädiert in seinem Vortrag leidenschaftlich für die Zeitung als Bollwerk gegen Fake News, soziale Vereinzelung und die „Tyrannei des Augenblicks“ – und bringt damit einen randvollen Saal zum Zuhören, Nachdenken und Applaudieren.
Der beliebte und erfolgreiche Berliner Schriftsteller Moritz Rinke war auf Einladung des Loccumer Kreises nach Osterholz-Scharmbeck angereist und hielt im randvollen Rathaussaal der Kreisstadt einen teilweise launigen, teilweise ernsten Vortrag. Von dem riesigen Andrang der Besucher waren nicht nur der Dramaturg und Romanautor sichtlich überrascht. Auch die Organisatoren des Abends mussten improvisieren, damit möglichst viele Zuschauer einen Sitzplatz ergattern konnten.
Moritz Rinke ist 1967 in Worpswede geboren und studierte nach dem Besuch der Waldorfschule in Ottersberg in Gießen angewandte Theaterwissenschaften. Er arbeitete unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, die Zeit und die Frankfurter Allgemeine. Er schrieb Bücher wie „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“, „Unser kompliziertes Leben“ und „Titelkampf“. Letztgenannter Titel beinhaltet Fußballgeschichten der deutschen Autorennationalmannschaft, in der Rinke seit einigen Jahren mitspielt.
Ein Plädoyer für die Zeitung
Moritz Rinke schreibt nicht nur für Zeitungen, er liest sie selber nach wie vor mit großer Begeisterung und beschreibt das am Ende seines Vortrages so: „Ich setze mich jedes Wochenende mit einer Zeitung an den Frühstückstisch. Früher hat mein Vater sich sofort in die Zeitung vertieft, ich fand das manchmal schade. Heute ist es aber geradezu notwendig. Ich beobachte beim Frühstück aus den Augenwinkeln genau meine Kinder, ob sie auch wirklich registrieren, was ich da gerade mache: Zeitung lesen!“
Er begründet sein Engagement für das gedruckte Wort zum Beispiel mit den Erkenntnissen einer Studie, die in dem Buch von Alexandra Borchardt „Warum die Demokratie einen starken Journalismus braucht“ nachzulesen sind. So stelle die Untersuchung unter anderem fest, dass Bürger aus Gemeinden, die keinen Lokalreporter mehr hätten, anfälliger für Falschinformationen seien. Ein Forscher der Studie wird mit den Worten zitiert: „Wir können alle unseren eigenen Account in den sozialen Netzwerken haben. Aber wenn Lokalzeitungen ausgehöhlt oder abgeschafft werden, verlieren die Menschen eine gemeinschaftliche Stimme.“
Große Sorgen mache ihm dabei die Entwicklung in Amerika. Eine sehr schlechte Nachricht sei, dass der Präsident von Amerika keine unabhängigen Zeitungen mehr wolle. Präsident Trump halte die liberale Presse für eine „Lügenpresse“ und klage immer aggressiver gegen Medienhäuser, um sie mit hohen Anwaltskosten zu ruinieren. Insgesamt würden wir besonders in der letzten Zeit mit einem wahren Nachrichten-Sturm und Posting-Wirbel überzogen. Soziologen wie Harmut Rosa bezeichneten diesen Umstand als die „Tyrannei des Augenblicks“. Die rasende Überinformation würde uns immer rastloser und ratloser zurücklassen. Am Ende des Abends bedankten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer mit einem großen Applaus beim Redner. Rinke signierte anschließend noch einige seiner Werke, die im Eingangsbereich am Büchertisch der „schatulle“ erworben werden konnten.