Die Pyramide von Sandbeck
Gut Sandbeck/Osterholz-Scharmbeck. Am vergangenen Sonntag wurde auf dem Gut Sandbeck zum 31. Mal der begehrte „Kulturpreis“ der Volksbank eG Osterholz-Bremervörde vergeben.
Den mit 2.000 Euro dotierten ersten Preis erhielt Brunhilde Mangels aus Osterholz-Scharmbeck, der mit 1.000 Euro ausgelobte zweite Preis ging an den Worpsweder Siegfried O. Stolle.
Für den 31. Kulturpreis bewarben sich zum Thema „(Welt)Kulturerbe“ 38 Künstler:innen – darunter z.B. Elli Brockmann („Glück auf“ / Aquarell u. Acryl), Heike E.M. Lauterbach („Die Mystik des Wattenmeeres“ / Foto digital“), Siegfried Krön („Wattenmeer“ / Aquarell) und Ralf G. Poppe („Fotografie „Hoffnung“) aus Bremervörde. Dabei lagen die Darstellungen und Ausdrucksweisen der Arbeiten im Auge der Betrachtenden. Im Vorjahr hatten sich 44 Kunstschaffende beworben – im Jahr vor der Corona-Pandemie waren es 37 gewesen. Vier Personen haben sich erstmals für den Kulturpreis beworben.
Publikumspreis
Für den mit 500 Euro dotierten Publikumspreis können Besuchende mit einem Stimmzettel vor Ort noch bis zum 21. Januar votieren. Er wird zum vierten Mal vergeben. Auf eine Online-Abstimmung wurde diesmal verzichtet, um wirklich allen Kunstschaffenden bestmöglich eine faire Chance zu gewähren. Bis zum 4. Februar sind die ausgestellten 37 Werke noch in der Galerie auf dem Gut Sandbeck zu sehen. Bis dahin können die Arbeiten zudem käuflich erworben werden.
Grußworte
Nachdem Katrin Schütte, die erste Vorsitzende des Kunstvereins Osterholz e.V., und Jan Mackenberg, Vorstandsmitglied der Volksbank eG Osterholz Bremervörde, die rund 160 Gäste begrüßt hatten, hielt Juror Rainer B. Schossig (freier Radiojournalist, Moderator und Kunstkritiker u.a. bei Radio Bremen sowie dem DLF) seine Laudatio. Gemeinsam mit der ebenfalls in Bremen lebenden Jurorin Cornelia Himme sowie Birgit Asmann aus dem Vorstandsstab der Volksbank eG hatte Schossig alle Arbeiten intensiv betrachtet und bewertet. Um die Spannung zu erhalten, thematisierte er zunächst das Objekt „Relikt Gral“.
„Relikt Gral“
Es entstand im Jahre 2023 und wurde von Siegfried O. Stolle (Bildhauer, Maler, Gründungsmitglied des BBK Niedersachsen, Sektion Osterholz) aus knorrigem Holz und rostigem Eisen erschaffen. Das zweiteilige Objekt besteht schlicht aus rohem, gewachsenem Holz. Die Eisenklammern, mit denen es beim Sägen und Zurichten bearbeitet wurde, stecken noch darin. Die beiden geborstenen Stämme liegen auf einer Daumen-dicken Eisenplatte. Sparsam verwendetes Goldspray erinnert dabei an die Suche nach dem Heiligen Gral durch die Ritter der Tafelrunde. Das Kunstwerk soll die „Metamorphose“, bzw. Allegorie eines Korinthischen Säulenkapitells darstellen.
„Ich verstehe das Werk als Freisetzung pflanzlicher Formen aus dem Segment eines gefällten Worpsweder Straßenbaums, der durch mein künstlerisches Tun Auferstehung feiern kann“, so Stolle in der Beschreibung seines Werkes. Nach Studien an der TU (Architektur) und an der Freien Universität Berlin (Philosophie und Kunstgeschichte) bildete sich Stolle privat in Malerei, Grafik, Plastik und Bronzeguss weiter. Er nahm u.a. an Seminaren wie der „International Academy of Arts (IAA)“ in Bremen-Nord teil und war langjähriges Mitglied der Künstlergruppe „Gallery Art 99“ in der Alten Molkerei Worpswede.
Papierobjekt „Versus“
Das siegreiche skulpturale Objekt „Versus“ ist ebenfalls im Jahre 2023 entstanden. Es besteht aus „altem“ Zeitungspapier und stammt von Brunhilde Mangels. Die Künstlerin fertigte von Hand geschnitten und dabei lose stufenweise aufeinander gelegt aus mehr als 2.000 sich nach oben hin verjüngenden, quadratischen Seiten ihrer Tageszeitung (Grundmaß 31 x 31 cm) eine Pyramide. Mangels hat als Autodidaktin begonnen und in den 1990er Jahren ihre künstlerischen Fähigkeiten durch Studien an der Uni Bremen sowie an der dortigen Hochschule vertieft. In diese Jahre fallen auch ihre ersten Ausstellungs-Beteiligungen.
Bis zum Jahr 2022 gehörte Mangels einer Reihe von Atelier-Gemeinschaften an, wie z.B. der Gruppe Kap Hoorn im Gröpelinger Hafen sowie der Ateliergemeinschaft F in Osterholz. Dort leitete die Künstlern offene Malateliers und nahm regelmäßig an Gemeinschaftsausstellungen teil. Mangels war bei den Kulturpreisen der Volksbank bereits mehrmals vertreten. 2007 hatte sie in der Flughafengalerie Bremen mit dem „Projekt Stille Post“ ihre erste Einzelausstellung.
Die Jury war von der künstlerischen Qualität ihrer Papier-Skulptur sehr stark beeindruckt. Der Kontrast zwischen den mythischen Pyramiden von Gizeh (Weltkultur-Erbstätte) sowie der so präzisen wie sparsamen Umsetzung in das „arme Material“ Papier sei sehr gelungen. Hinzu komme die angedeutete Spannung zwischen historischer Aufladung durch das Vorbild der ägyptischen Kultur und der aktuellen Bedeutung des Mediums Zeitung als einer wichtigen Säule gesellschaftlicher Informationen sowie der heutigen, demokratischen Massen-Kommunikation. Nicht zuletzt setzen sich die imaginären Kantenlinie von Mangels´ Pyramide „Versus“ -gewendet- ins Unendliche des Himmels fort.