Geothermie in Lilienthal?
Lilienthal. Der Niedersächsische Untergrund ist infolge der Suche nach Öl und Gas recht gut erkundet. Auch in Lilienthal wurde 1980 bis in 6.775 m Tiefe gebohrt und 2004 ein weiteres Mal bis 5.400 m tief. Damals wurde zwar kein wirtschaftlich förderfähiges Gas gefunden. Aber die Bohrfirmen dokumentierten ihre gewonnenen genaueren Kenntnisse über die verschiedenen Gesteins- und Mineral-Schichten – und über die konkreten Temperatur-Verhältnisse in der Tiefe. Das sind heute sehr nützliche Daten für die eventuelle Planung eines zukünftigen Geothermiekraftwerkes in Lilienthal.
Tom Becker, Geschäftsführer des Lilienthaler Unternehmens john becker ingenieure sowie Vorstand der REON AG hat sich die Bohrergebnisse der Lilienthaler Bohrungen besorgt und prüft nun die Möglichkeiten und Potenziale der Nutzung der Erdwärme für Lilienthaler Privatwohnungen sowie Gewerbebetriebe. Gemeinsam mit dem Geologen Andreas Greve stellte er beim vorweihnachtlichen Treffen des Club of Lilienthal die bisherigen Erkenntnisse vor. Mittels Schaubildern und herumgereichten Gesteinsproben konnte sich das interessierte Publikum sehr anschaulich einen guten Eindruck über Lilienthals Untergrund verschaffen.
Erste Ergebnisse stimmen optimistisch
In der lebhaften Diskussion wurde deutlich, dass zwar die Erdwärme eine unerschöpfliche, erneuerbare Energie darstellt und noch dazu rund um die Uhr und ganzjährig gleichbleibend zur Verfügung steht. Aber die technische und ökonomisch sinnvolle Verfügbarkeit hängt stark von den örtlichen Bedingungen ab. Diese gilt es vor Ort jetzt weiter abzuklären, so die Experten.
So hätte man für eine lohnende Nutzung gern eine genügend hohe Temperatur und möglichst poröses Gestein in einer Wasser leitenden Schicht, so dass ständig nachfließendes heißes Wasser den Wärmeverlust ausgleichen kann, der durch die Entnahme entsteht. Nach erster Einschätzung der beiden Fachmänner geben die Verhältnisse im Lilienthaler Untergrund Anlass zum Optimismus. Die Temperaturen bewegen sich unterhalb des Salzstocks, also bei Tiefen um die 5.000 Meter, zwischen 110°C und 180°C. Die mit Beton verschlossenen alten Bohrlöcher können allerdings nicht genutzt werden. Es wären neue Bohrlöcher erforderlich. Eine Schicht aus sogenanntem Rotsandstein lässt unter Lilienthal auf eine ausreichende Durchlässigkeit für heißes Wasser hoffen. Man könnte im besten Fall neben der Wärme für Heizzwecke sogar noch Strom produzieren und ggf. auch speichern. Mit der erwarteten Energiemenge könne ganz Lilienthal mit vergleichbar geringen Kosten für die Verbraucher versorgt werden.
Untersuchungen laufen
Doch es gibt auch noch offene Fragen. Beispielsweise, ob Minerale im Sandstein vorhanden sind. Diese könnten wie im Zement seine Poren verschließen und der Wasserdurchfluss behindern. Die REON AG hat entsprechende Untersuchungen in Auftrag gegeben und rechnet noch im ersten Quartal des Jahres mit Ergebnissen.
Eine Empfehlung für Verbraucher, bei denen ein Heizungsaustausch bevorsteht, könne zu diesem Zeitpunkt aus den Erkenntnissen noch nicht abgeleitet werden, so Tom Becker. Nach einem positiven Befund dauere es durchschnittlich noch sieben bis acht Jahre, bis die Erdwärme genutzt werden können. Die REON AG rechnet für ein Geothermiekraftwerk in Lilienthal mit Kosten von etwa 80 Millionen Euro.