Ökolandbau: Teurer aber gut für die Flora
Lilienthal. Biolandwirt Tetje Meyerdierks hat seinen Striegel auf seinem Maisfeld abgestellt, denn es ist ein besonderer Tag. Interessierte verschiedener Betriebe sind gekommen, um sich den Mais anzusehen und sich über die mechanische Beikrautregulierung zu informieren. Von besonderem Interesse ist das auch für die Familie Schöne mit ihrem konventionellen Betrieb, die mit Tetje Meyerdierks gemeinsam für fünf Jahre an einem besonderen Projekt teilnimmt, dem FINKA-Projekt.
Das FINKA-Projekt
Seit nun vier Jahren sind Tetje Meyerdierks und Jürgen und Jan-Henrik Schöne Betriebspartner beim FINKA Projekt. FINKA - das steht für „Förderung von Insekten im Ackerbau“. In Niedersachsen beteiligen sich 60 Betriebe, so ergeben sich insgesamt 30 Betriebspartnerschaften. Jede Partnerschaft besteht zwischen einem konventionell und einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb aus der Region. Das Konzept ist bei allen Betrieben gleich: Auf einer Teilfläche von etwa ein bis drei Hektar, der sogenannten „FINKA-Fläche“ verzichtet der konventionelle Betrieb für die Dauer von fünf Jahren auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Insektiziden und Herbiziden. Die restliche Teilfläche des konventionellen Betriebes wird weiter wie gewohnt bewirtschaftet. Der ökologische wirtschaftende Betrieb hilft bei der mechanischen Beikrautregulierung auf der FINKA-Fläche. Tetje Meyerdierks bekämpft das Unkraut ausschließlich mechanisch mit Striegel und Hacke. Auch er bringt eine Vergleichsfläche mit ein, sodass am Ende drei Flächen miteinander verglichen werden können. Im Landkreis Osterholz sind Tetje Meyerdierks mit seinem ökologischen Betrieb und Jürgen und Jan-Henrik Schöne mit ihrem konventionellen Betrieb die einzigen Betriebe, die am Projekt teilnehmen. 2023 fand der FINKA-Feldtag bei Familie Schöne statt, nun präsentiert Tetje Meyerdierks in Lilienthal seine Ergebnisse.
Die Ziele des Projektes
Ziel des Projektes im Bundesprogramm Biologische Vielfalt ist die Förderung von Biodiversität von Insekten durch den Verzicht von chemisch-synthetischen Insektiziden und Herbiziden. Besonders von Bedeutung ist hier, wie sich dieser Verzicht auf die Ackerbegleitflora und die Insektenvielfalt auswirkt. Für die Landwirte ist vor allem interessant, wie der Verzicht Kosten und Ertrag beeinflusst.
Tipps für die mechanische Beikrautregulierung
Fester Bestandteil des Projektes ist es, dass die ökologisch arbeitenden Kollegen die konventionell arbeiteten Landwirten zur Beikrautregulierung beraten. Tetje Meyerdierks beschreibt daher genau, wie er auf seinem Maisfeld vorgegangen ist. Am 22. Mai habe er den Mais gelegt, möglichst spät, um die Gefahr gering zu halten, dass die Hackfrucht noch Kälte ausgesetzt wird. Das sei in diesem Jahr aufgrund des Kälteeinbruchs nicht ganz geglückt. Am dritten Tag habe er dann mit dem Blindstriegeln begonnen. Markus Mücke, von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für den Fachbereich Ökologischer Ackerbau, hat ebenfalls noch Tipps für die Landwirtschaft Betreibenden. Er betonte, dass die Mechanik alleine nicht den Unterschied mache, es spielen viele Faktoren wie z.B. die Blattstellung eine Rolle. Auch sei es wichtig, den Acker möglichst eben zu halten. Typische Fehler seien außerdem, dass zu lange abgewartet wird, bis mit der Beikrautregulierung begonnen wird. Man muss dem Mais einen Vorsprung verschaffen“, so Mücke.
Die Ergebnisse
Im ersten Finkajahr 2021 sind die Erträge des Winterweizen im niedersächsischen Durchschnitt auf der FINKA-Fläche um vier Prozent geringer ausgefallen als bei der konventionell bewirtschafteten Fläche. Zwei Jahre später fiel der Ertrag sogar neun Prozent geringer aus, berichtet Projektcoach Leen Vellenga, vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH. Die Kosten für die Beikrautregulierung des Weizen waren bei den konventionellen Betriebe dafür teurer. Die Erträge des Silomais waren im schlechten Maisjahr 2022 sehr unterschiedlich. Auf der Finka-Fläche fiel der Ertrag 13 Prozent geringer aus als auf der konventionell bewirtschafteten Fläche. Landwirt Jürgen Schöne, mit seinem Betrieb in Brundorf, bestätigt diesen Eindruck. Sein Maisertrag fiel ebenfalls geringer aus. 2023 betrug der Unterschied aber nur noch fünf Prozent. Die Kosten waren beim Mais auf der konventionell bewirtschafteten Fläche am geringsten, mit 69 Euro pro ha. Ein weiterer spannender Parameter ist die Ackerbegleitflora. Die allerersten Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittliche Anzahl an potenziell blühenden Individuen pro Quadratmeter bei der ökologischen und bei der herbizidfreien Anbaufläche mehr als dreifach so groß ist. Wie aussagekräftig die Ergebnisse und Auswertungen wirklich sind, sei noch unklar, so Vellenga. Die Verantwortlichen hoffen mit dem Projekt auch eine Debatte in der Landwirtschaft anzustoßen und wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.