Straßenkampf in Niedersachsen
Landkreis. Für den Neubau von Straßen in Niedersachsen wie Autobahnen, Land- oder Kreisstraßen, gibt es immer wieder Befürworter und Gegner. Die Einen sorgen sich um wirtschaftliche Einbußen, wenn das Straßennetz nicht erweitert wird, die Anderen befürchten Raubbau an der Natur und klimaschädliche Auswirkungen. In einem gemeinsamen Appell haben sich Befürworter des Ausbaus der Straßeninfrastruktur in Niedersachsen zu Wort gemeldet.
Appell zum Ausbau der Verkehrswege
Unter anderem appellieren die IHK Niedersachsen, der ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt e.V. und der Verein Pro A 20 e.V. gemeinsam an den Bund und die Landesregierung, die Investitionen in die Straßeninfrastruktur Niedersachsens deutlich zu erhöhen. Die aktuellen Prognosen des Bundesverkehrsministeriums zeigten einen deutlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens bis 2040. Insbesondere der Lkw-Verkehr auf norddeutschen Autobahnen werde demnach um bis zu 20 Prozent stärker zunehmen als bisher angenommen. Dies beträfe wichtige Strecken wie auch die Ku¨stenautobahn A20. Eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur sei das Rückgrat der Wirtschaft, so die Verbände. Für über 92 Prozent der niedersächsischen Unternehmen sei die Straßenverkehrsinfrastruktur ein wichtiger Standortfaktor. Neben den notwendigen Sanierungen der Bestandsinfrastruktur, wie maroder Brücken, seien auch Aus- und Neubauprojekte zwingend erforderlich. Ein besserer Verkehrsfluss und eine entzerrte Schwerverkehrsbelastung würden fu¨r die Verkehrsteilnehmer auf Niedersachsens Straßen zu einer erhöhten Verkehrssicherheit führen. Neu in der Argumentation ist der Hinweis, dass die Straßeninfrastruktur auch für die Verteidigungsfa¨higkeit und die Erfüllung von Bu¨ndnisverpflichtungen eine zentrale Rolle spielen würde. Deshalb sei eine gut ausgebaute Straßeninfrastruktur nicht nur fu¨r zivile Zwecke, sondern auch fu¨r die Sicherheitspolitik von großer Bedeutung.
Angesichts dieser Herausforderungen erwarten die Unterzeichner des Appells unter anderem ein beschleunigtes Planungs- und Genehmigungsverfahren fu¨r Infrastrukturprojekte und eine rasche Umsetzung geplanter Neu- und Ausbauprojekte wie zum Beispiel der Autobahn 20. Nur mit einer leistungsfähigen und zukunftssicheren Straßeninfrastruktur könne Niedersachsen seine Position als Wirtschaftsstandort und Logistikdrehscheibe in Norddeutschland behaupten und gleichzeitig im Hinblick auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen seinen Verpflichtungen nachkommen. Um dieses Ziel erreichen zu können, sei neben der Erhöhung der Finanzmittel auch mehr Personal in den Genehmigungsbeho¨rden erforderlich.
Das sagen die Befürworter
Die Hauptgescha¨ftsfu¨hrerin der IHK Niedersachsen, Monika Scherf, sagt: „Niedersachsen ist die Logistikdrehscheibe im Herzen Europas. Wir brauchen dringend ein leistungsfähiges Straßennetz, um die zukünftigen Verkehrsstro¨me abwickeln zu können. Eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur ist und bleibt das Rückgrat unserer Wirtschaft und ist fu¨r die niedersächsischen Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor. Dafür steht dieses neue Bündnis.“ Michael Weber, der Sprecher des Vorstandes des ADAC Niedersachsen/Sachsen- Anhalt e.V., ergänzt: „Die Verkehrsprognosen fu¨r 2040 sagen fu¨r die Zukunft einen starken Anstieg des Schwerlastverkehrs in Niedersachsen voraus. Durch Investitionen in die Straßeninfrastruktur, wie zum Beispiel Neubauten, Bru¨ckensanierungen und die Instandhaltung des Bestandes, können der Verkehr besser verteilt und belastete Streckenabschnitte entlastet werden. Diese Investitionen dienen dabei nicht nur einem geregelten Verkehrsfluss, sondern sorgen auch fu¨r die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden auf den Autobahnen und Landstraßen.“ Der Vorsitzende des Fördervereins PRO A20, Michael Blach, äußert sich zur Küstenautobahn: „Ohne Zweifel ist die A20 von herausragender Bedeutung fu¨r die Menschen und die Wirtschaft Nordwestdeutschlands. Als Bestandteil des transeuropa¨ischen Fernstraßennetzes (TEN) wird die Autobahn nicht nur die Mobilität verbessern, sondern auch die Standortattraktivita¨t und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig stärken und fu¨r eine bessere Anbindung der norddeutschen Seehäfen an das überregionale Straßennetz sorgen. Hinzu kommt die herausragende Bedeutung der A20 fu¨r das Gelingen der Energiewende und die damit verbundenen Transporte von Windkraftanlagen.“
Widerstand gegen A20 ungebrochen
Entlang der A20-Trasse haben zahlreiche Bürgerinnen und Bürger unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung rund 30 Initiativen gegründet, die den Bau der A20 ablehnen. In den Bürgerinitiativen sind auch viele Menschen aktiv, die nicht unmittelbar von der geplanten Trasse betroffen sind. Die Gegner der Küstenautobahn sind der Überzeugung, dass es gute Alternativen zur Autobahn gäbe. Bestehende Verkehrsprobleme könne man auf umweltverträglichere und klimafreundliche Weise lösen. Bislang gäbe es keine Begründung für den Bau der A20, die einem wissenschaftlich fundierten Faktencheck standgehalten hätte. Eine Bestätigung ihres Engagements sieht das Bündnis in einer von der TU Dresden Anfang März vorgelegten Studie. Die bescheinige der A20 eine „nicht robuste“ Wirtschaftlichkeit. Das Nutzenkostenverhältnis (NKV) sei bei den aktualisierten Rahmendaten unter 1 gefallen. Damit sei der volkswirtschaftliche Nutzen der A20 geringer als die durch sie verursachten Kosten. Zudem untergrabe die Priorisierung großer Prestigeprojekte wie der A20 die Effizienz und Sicherheit des bestehenden Verkehrsnetzes. Die Initiativen gegen die A20 betonen, dass Investitionen in die Erneuerung bestehender Infrastruktur unmittelbare Verbesserungen in der Region bringen würden, während die geplante A20 als Wolkenkuckucksheim weiterhin in den Sternen stünde „Trotz dieser Sachlage pocht das Land weiterhin auf den Bau der überteuerten, klima- und umweltschädlichen A20 und vernachlässigt lieber die vorhandene Infrastruktur“, kritisiert Uwe Schmidt, Sprecher der Initiativen gegen die A 20.
Öffentliche Veranstaltung zur B74neu
Direkt betroffen von einem Straßenneubauprojekt im Landkreis Osterholz sind unter anderen die Bürgerinnen und Bürger von Ritterhude und Scharmbeckstotel. Die Planungen zur Ritterhuder Ortsumfahrung, der sogenannten „B74 Neu“, schreiten voran. Auf einer öffentlichen Veranstaltung der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLSTBV) im Hamme Forum brachte deren Projektleiterin Kirsten Kentzler-Schonlau die über 200 Zuhörerinnen und Zuhörer auf den aktuell Stand der Planungen. Souverän führte Martin Busch, der bekannte Moderator von Radio Bremen 2, durch den Abend. Wirklich neue Erkenntnisse gab es nicht. Das Projekt befindet sich weiter in der sogenannten Vorplanung und die beiden „Linienführungen“ West- und Osttrasse werden nach einer großen Anzahl von Kriterien geprüft. Voraussichtlich im dritten Quartal 2025 wird auf einer Öffentlichen Informationsveranstaltung die Entscheidung über die Streckenauswahl verkündet werden. Erst dann kann der nächste Planungsabschnitt, die Entwurfsplanung, begonnen werden. Viele Bürgerinnen und Bürger sind mit dem Bau der Straße nicht einverstanden und machten ihrem Unmut auf der Veranstaltung Luft. Die Planer gaben an, nur ausführendes Organ zu sein und darüber hinaus die Verpflichtung zu haben, das Projekt voranzutreiben. Großen Applaus erhielt eine Dame aus Ritterhude mit ihrem Beitrag: „Warum wird in diesem angeblich so alternativlosen Verfahren nicht nach echten Alternativen gesucht? Und zwar bevor wir an den Punkt kommen, wo endlich gegen diesen Straßenneubau geklagt werden kann?“ Bereits zu Beginn der Veranstaltung hatte Ritterhudes Bürgermeister Jürgen Kuck betont, dass die Politik in der Gemeinde keinen Einfluss auf die Entscheidungen rund um die B74 habe und das gesamte Verfahren nur noch von einem Gericht oder dem deutschen Bundestag gestoppt werden könne.

Rassismus im Dienst der Verwertung

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