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Landkreis Rotenburg (eb). Wenn die Pandemie den Job kostet: Im Zuge der Coronakrise ist die Zahl der Minijobs im Landkreis Rotenburg an der Wümme um 9 Prozent gesunken. Mitte vergangenen Jahres gab es rund 16.500 geringfügig entlohnte Arbeitsverhältnisse - ein Jahr zuvor waren es noch 18.000. Besonders stark war der Rückgang im Gastgewerbe. In der Branche gingen binnen eines Jahres 773 Minijobs verloren - ein Minus von 26 Prozent. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit und beruft sich hierbei auf neueste Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. „450-Euro-Kräfte zählen zu den Hauptverlierern der Wirtschaftskrise. Sie haben bislang keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld und sind sozial kaum abgesichert“, sagt Steffen Lübbert, Geschäftsführer der NGG-Region Lüneburg. Die Statistik spiegele eine „enorme Unwucht“ auf dem heimischen Arbeitsmarkt wider. Während dank staatlicher Hilfen wie der Kurzarbeit die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in der Region nahezu konstant geblieben sei, treffe die Pandemie prekär Beschäftigte besonders hart. Nach dem Prinzip „Hire and Fire“ (Heuern und Feuern) lebten sie in ständiger Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. „Betroffen sind gerade Frauen, die eine 450-Euro-Stelle als Kellnerin oder Küchenhilfe oft als einzige Einnahmequelle haben. Auch für viele Studierende, die sich nebenher etwas hinzuverdienen, sind die Folgen des Jobverlustes dramatisch“, betont Lübbert. Der Gewerkschafter kritisiert die Entlassungen und fordert andere Lösungen von den Unternehmern. Gerade die Krisensituation mache ein gemeinsames Handeln mit den Beschäftigten nötig, um bei einem Neustart auch als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. „Arbeitnehmer können wirksam geschützt werden, wenn alle Beschäftigungsformen am Sozialversicherungssystem beteiligt werden“, betont Lübbert. Die aktuelle Situation biete die Chance, falsche Anreize zu beenden. Es sei höchste Zeit, diese Stellen sozialversicherungspflichtig zu machen. Eine Heraufsetzung der Verdienstgrenze bei den Minijobs auf monatlich 600 Euro, wie sie derzeit Teile der Union fordern, gehe dagegen „in die völlig falsche Richtung“, so Lübbert. Damit werde eine prekäre Beschäftigungsform weiter ausgebaut, statt sie einzudämmen. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) würden durch eine Heraufsetzung bundesweit rund 470.000 Menschen mit regulären Stellen ungewollt zu Minijobbern. „Die Coronakrise hat den Blick auf viele gesellschaftliche Probleme gelenkt. Dazu gehören die Minijobs. Die Politik muss hier die arbeitsmarktpolitischen Fehler beheben“, fordert Lübbert.