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Patrick Viol

Andrea Kathrin Loewig singt Brel - Männlichen Chansons eine weibliche Stimme gegeben

Andreas Hartwig (Piano), Heidi Steger (Akkordeon) und Andrea Kathrin Loewig begeisterten an zwei Tag ihr Publikum mit Liedern von Jacques Brel.  Foto: ui

Andreas Hartwig (Piano), Heidi Steger (Akkordeon) und Andrea Kathrin Loewig begeisterten an zwei Tag ihr Publikum mit Liedern von Jacques Brel. Foto: ui

Lilienthal. „Ist da nicht ...“ - „Das ist doch ...“ Ja, das war Frau Dr. Globisch aus der Fernsehserie „In aller Freundschaft“. Wer die Schauspielerin Andrea Kathrin Loewig im Ort vor ihrem Auftritt in Murkens Hof begegnete, kam ein bisschen ins Grübeln. Im Lilienthaler Kulturzentrum sang die ausgebildete Sängerin, Schauspielern und studierte Balletttänzerin Lieder des belgischen Chansonniers Jacques Brel (1929 - 1978) - auf Deutsch.
Sie sei seiner Musik vor 15 Jahren begegnet, sagte Andrea Kathrin Loewig zu Beginn des wundervollen Konzertes. „Ich war immer beseelt und bewegt. Schade, es sind alles Männerlieder - und dann kam Conchita Wurst ...“ Ein Mann mit Abendkleid und Bart traue sich und singe. Für sie war das der Moment, in dem sie sich sagte: „Jetzt traue ich mich als Frau und singe Jacques Brel.“ Sie habe gewusst: „Ich will damit auf die Bühne.“
Lilienthals Kulturbeauftragte Dr. Martina Michelsen hieß die Sängerin und ihre beiden Begleiter, die Akkordeonistin Heidi Steger und den Pianisten Andreas Hartwig, im voll besetzten Schroetersaal herzlich willkommen. Sie dankte dem Organisator und Initiator Peter Schwalbe für sein Engagement. Ihm sei es zu verdanken, dass die Künstlerin bereits das zweite Mal in Murkens Hof auftrete. Sie gebe männlichen Chansons eine weibliche Stimme.
Für Peter Schwalbe war das die letzte Veranstaltung für das Kulturamt. Aus gesundheitlichen Gründen müsse er nach 45 Jahren, in denen er zahlreiche Konzerte organisierte, kürzertreten. „Aber ich bin stolz, den Höhepunkt in meiner Musikerkarriere präsentieren zu können“, kündigte er Andrea Kathrin Loewig an, mit der er eine Freundschaft verbinde. „Das ist das letzte Teilchen im Musikmosaik, das noch fehlte.“
Gefühlvolle Lieder
Im Laufe des großartigen Konzertes lernte das Publikum Jacques Brel näher kennen, nicht nur durch seine Lieder, sondern durch Geschichten, die zwischen den einzelnen Liedern aus dem Buch „Jacques Brel - Der Mann, der eine Insel war“ erzählt wurden. Auf einer Leinwand waren dann auch Bilder des Künstlers zu sehen.
Jacques Brels Lieder sind sehr gefühlvoll, und genauso interpretierte sie auch Andrea Kathrin Loewig. Sie lebte die Chansons regelrecht. Ihre Gestik drückte Liebe aus, Dramatik, Freude … Beim Walzer im Dreivierteltakt tanzte sie auf der Bühne, sie sang vom Tango der Verlierer, der Promenade, der Belohnung. „Jacques Brel hat niemals auf der Bühne gesprochen, aber als Frau plappert man.“ Und das war auch gut so, erfuhr ihr Publikum doch so viel über den belgischen Sänger, der auch Rückschläge in seiner Laufbahn hinnehmen musste. „Wenn uns nichts mehr als Liebe bleibt, gehört uns die Welt“, sang sie, bevor das Trio in die Pause ging.
Nicht mehr in Hose, Hemd, Hut und Krawatte kam die Sängerin zurück, sondern in einem schicken schwarzen Kleid. „Ich habe mich jetzt als Frau verkleidet.“ Sie habe sich gedacht, den zweiten Teil den Frauen Jacques Brels zu widmen. Er sei nicht immer der beste Ehemann gewesen … „Dann kommen wir mal zu Mathilde, Mathilde war immer da“, sang sie. Es folgte ein Lied über Marieke.
Bitte, geh nicht fort
Was für Edith Piaf „Je ne regrette rien“ war, war für Jacques Brel „Ne me quitte pas“. Dabei habe er zunächst gar nicht an den Erfolg dieses Chansons geglaubt. Andrea Kathrin Loewig übersetzte ihr Lied gefühlvoll mit „Bitte geh nicht fort“.
„Seine Lieder entspringen alle der Liebe“, sagte der berühmte Gast, der sich freute, „dass wir in diesem tollen Lilienthal sein dürfen.“ Auf dem Höhepunkt seiner Karriere habe Jacques Brel sein Abschiedskonzert gegeben. Danach spielte er in Filmen mit, wurde Musicaldarsteller, führte Regie. Dann hat er der Bühne den Rücken gekehrt. Zehn Jahre später machte er wieder Musik. Im Jahr 1978 starb er im Alter von 49 Jahren an Lungenkrebs. Und dass seine Lieder wieder aufleben, dafür sorge sie, sagte Andrea Kathrin Loewig. Das bewegende Lied „Adieu Emile … (Ich will Gesang will Spiel und Tanz, will, dass man sich wie toll vergnügt … wenn man mich unter‘n Rasen pflügt)“ widmete sie zwei verstorbenen Kollegen. Die Zuhörer waren ergriffen. Jacques Brel habe nie Zugaben gegeben, zum Glück aber die Vollblutmusiker in Murkens Hof. Gewünscht wurde „Bitte geh nicht fort“. Und als „Rausschmeißer“ sang und tanzte die Künstlerin noch einmal den Walzer.
Für die professionelle Darbietung bedankte sich das Publikum mit lang anhaltendem Applaus.


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