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Gemeinsam Grenzen bestimmen

Osterholz-Scharmbeck/Worpswede (eb/pvio). Das SOS-Kinderdorf Worpswede schafft mit neuer Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt weitere Ressource im Bereich Kinderschutz.
Tanja Müller (Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt), Christine Exner (Gewaltschutzberatungsstelle) und Sabine Wieczorkowsky (SOS-Bereichsleitung Beratungsangebote).

Tanja Müller (Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt), Christine Exner (Gewaltschutzberatungsstelle) und Sabine Wieczorkowsky (SOS-Bereichsleitung Beratungsangebote).

In diesem Monat wurde die Gewaltschutzberatungsstelle vom SOS-Kinderdorf Worpswede mit einer Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt erweitert. Die Beratungskompetenz umfasst mit der eng verknüpften Erziehungsberatungsstelle, der Gewaltschutzberatungsstelle und der neuen Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt nun rund vier Vollzeitstellen und fünf Berater:innen im Landkreis.
Mit dem neuen Angebot wird Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unabhängig von ihrem Geschlecht Beratung und Unterstützung angeboten, wenn sie direkt oder indirekt von sexualisierter Gewalt betroffen sind. „In der Beratungsarbeit geht es in erster Linie darum, die Kinder zu stabilisieren und zu entlasten, um in einer Situation von erlebter häuslicher und sexualisierter Gewalt einen sicheren Ort anzubieten. Ebenso steht die Präventionsarbeit im Fokus, welche von größter Wichtigkeit ist, um die Selbststärkung der Kinder zu fördern. Zudem geht es darum, Angehörigen, Vertrauens-/Bezugspersonen sowie Fachkräften fachliches Handwerkszeug mitzugeben, wenn sie mit betroffenen Kindern und Jugendlichen in Kontakt stehen“, erklärt Bereichsleitung Sabine Wieczorkowsky.
 
Besorgniserregende Zahlen
 
Laut Auswertung der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wurden im Jahr 2021 um die 19.985 Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen bekannt und strafrechtlich verfolgt. Das sind 4,63% mehr als im Vorjahr. Bei der Verbreitung, dem Erwerb, dem Besitz und der Herstellung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern (sogenannter Kinderpornografie) wurde sogar ein Anstieg um 108,8 Prozent verzeichnet und die jeweilige Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Das seien sehr besorgniserregende Zahlen, die deutlich zeigten, wie wichtig Kinderschutz in unserer Gesellschaft ist, wie es seitens der Einrichtungsleitung heißt.
 
Langer Prozess
 
Auch wenn immer mehr öffentlich bekannt gewordene Fälle von sexualisierter Gewalt in den letzten Jahren massiv dazu beigetragen hätten, dass das Ziel vom Ausbau von Beratungsstellen politisch stärker verfolgt wird, sei es trotzdem ein langer Prozess gewesen, bis die neue Stelle finanziert und ins Leben gerufen werden konnte, wie Einrichtungsleiter Joachim Schuch mitteilt. Da dieses Thema dem SOS-Kinderdorf Worpswede schon lang ein wichtiges Anliegen sei, herrsche nun große Freude darüber, dass der Träger mit der neuen Fachberatungsstelle starten könne, so Schuch.
 
Die Koordinatorin für Kinderschutz
 
Ansprechpartnerin vor Ort ist die Diplom-Sozialpädagogin Tanja Müller. Sie widmet sich in vertrauensvoller und fachkundiger Atmosphäre den betroffenen Kindern und Jugendlichen, Angehörigen und Fachkräften. „Nach gut 28 Jahren Berufserfahrung in unterschiedlichen Arbeitsfeldern im Bereich Kinder- und Jugendhilfe waren sexuelle Übergriffe an Kindern und Jugendlichen immer ein Thema“, sagt sie. Dadurch sei es zu einem Herzensanliegen geworden, welchem sie auch freiberuflich schon lange nachgehe. Seit Oktober 2021 ist Tanja Müller als Koordinatorin für Kinderschutz im SOS-Kinderdorf Worpswede tätig und übernimmt nun zusätzlich als Fachkraft für Prävention und Intervention gegen sexualisierte Gewalt die neu geschaffene Beratungsstelle im Landkreis Osterholz.
 
Grenzen bestimmen
 
Dort sollen u. a. Fragen danach geklärt werden, wo sexualisierte Gewalt anfängt und wann man selbst oder jemand anderes betroffen ist. „Im Grunde da, wo die eigenen körperlichen Grenzen bzw. die eines anderen verletzt werden. Wo diese Grenze beginnt, kann nur der/die Betroffene selbst spüren“, so die Kinderschutzexpertin. Da Kinder diese Grenzen nicht immer benennen können, seien auch andere Personen gefragt, die für betroffene Kinder ihre Stimme erheben und sich mit ihren Beobachtungen an die richtigen Stellen wenden.
Das kostenlose Angebot ist ab sofort im Bildungshaus im Campus in Osterholz-Scharmbeck der vorhandenen Gewaltschutzberatungsstelle vom SOS-Kinderdorf Worpswede zu finden. Die offenen Sprechstunden finden wöchentlich montags, von 16 bis 18 Uhr und donnerstags, von 9 bis 10 Uhr statt. Zudem können telefonisch oder per E-Mail Termine vereinbart werden ( Telefon: 04791 – 96 588 19 E-Mail: tanja.mueller@sos-kinderdorf.de)


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